Kenne Deine Feinde! Die Französische Marine
Kaii und ich hatten uns schon vor einigen Jahren darüber Gedanken gemacht, das man einmal beleuchten müte, wie die französische Marine zu Zeiten der Revolution und Napoleons organisiert war.
Unsere Hauptquelle dazu sollte ein Osprey Warrior Band "French Warship Crews 1789-1805" sein.
Das Projekt werde ich nun einmal beginnen.
Als weitere Quelle diente mir sonst noch Wikipedia, vorallem um Daten nachzusehen.
Desweiteren war die Übersetzer funktion von Google sehr wichtig, da ich kein Französisch kann. Bin halt Altsprachler…;-)
Französische Ausdrücke habe ich bei der Erstverwendung in Anführungszeichen und Kursiv gesetzt.
Vorweg sei gesagt, das der Zeitrahmen 1789 bis 1815 reichen muss. Der Osprey Band findet ein Ende mit Trafalgar 1805, wohl weil diese Schlacht eine Zäsur, ein Ende der grossen französischen Marineaktionen, darstellte. Meines Wissens nach gab es in der Organisation oder Reglement der Französischen Marine bis 1815 keine Änderungen zu den im Folgenden beschriebenen.
Die Flotte
Frankreich hat um 1789 ca. 60000 Seeleute (zivile wie Marine) die an zwei Küsten und auf zwei Meeren arbeiteten. Gut 3427 km Küstenlinie hat Frankreich.
Die Trennung in zwei Meere (Atlantik / Kanal und Mittelmeer) machte es der Marineführung nicht einfach Truppen im Kriegsfall zu konzentrieren (Wahrscheinlich bauten deswegen die Franzosen bereits ab 1782 Optische Telegrafenlinien. England folgte erst 1795. Aber das ist eine andere Geschichte).
Daher gab es seid dem Ancient Regime zwei Flotten:
Die “Flotte du Ponnant” (Westliche Flotte) war für den Dienst in den Überseeischen Kolonien und den Atlantik verantwortlich. Ihr Sitz war seid 1631 Brest, ab 1666 auch Rochefort.
Die “Flotte du Levant” war in Toulon ansässig und hatte das Mittelmeer als Einsatzort.
Es gab weitere Marinebasen, die aber alle wesentlich kleiner waren. Dazu später mehr.
In den Haupthäfen Brest, Rochefort und Toulon entstanden bereits unter Ludwig XIII. grosse Marine Arsenale, in denen Schiffe gebaut, ausgerüstet und bewaffnet wurden.
In Cherbourg entstand ab 1783 ein viertes Arsenal in Cherbourg, das aber bis 1813 nicht vollständig fertiggestellt wurde.
Nachdem im Januar 1793 der Bürger Capet (Louis XVI.) hingerichtet worden war erklärte Frankreich am 31.Januar England und Holland den Krieg.
Zu Beginn des ersten Koalitionskrieges hatte die französische Marine ungefähr 250 Schiffe, davon 82 Linienschiffe.
Allerdings waren viele Schiffe davon zwar gebaut, lagen aber entmastet und aufgelegt in den Arsenalen. Wodurch sehr viele Schiffe ungenutzt verrotteten.
Französchische Schiffe wurden anders eingeteilt, als die der Royal Navy.
Die Schiffe wurden als “vaisseaux” bezeichnet. Zur genaueren Einteilung wurde die Anzahl der Kanonen ergänzt (z.B. die L’Orient war ein “vaisseaux de 120”, Le Spartiate war also ein “vaisseaux de 74”).
Kleinere Einheiten wie Fregatten wurden nach der Bewaffnung eingeteilt. Nicht nach der Anzahl der Kanonen wie in der RN. Eine “frigate de 18” war mit 28 18-Pfündern (franz. Pfund = 0,4895kg) ausgestattet, eine “frigate de 12” hatte 26 12-Pfünder.
Nach Vorbild der Royal Navy wurden später die Schiffe auf der Poop und Back mit Carronaden vergleichbaren Kanonen ausgestattet.
In den ersten Revolutionsunruhen begann ein Exodus von Adligen aus Frankreich,. Ab 1793 mit der Hinrichtung des Königs begann die Zeit des grossen Terrors, der einen Kahlschlag unter den Adligen und den Eliten des Landes brachte. Dadurch fehlten der Marine die Offiziere. Beim Landheer rückten schnell Mannschaften in höchste Ränge auf, in der Marine ging dies nicht so einfach aufgrund des fehlenden Knowhows (Navigation, Schiffsführung etc.). Auch dies führte dazu, das im Verlauf der Kriege eine große Anzahl von Schiffen nicht mehr zum Einsatz gebracht werden konnten.
Wehrpflichtigen Marine
Durch den Erfolg der Koalitionstruppen gegen Frankreich im Frühjahr 1793 führten zur Einführung der allgemeinen Wehpflicht. Dies hatte keinen Einfluss auf die Marine, da die französische Marine seid 1668 bereits eine Art Wehrpflicht besass.
Die Männer der französischen Küstenregionen, mussten alle ab 18 Jahre in den sogenannten “role des gens de mer” erfasst werden. Aufgrund dieser Listen wurden die Männer bei Bedarf und bestimmten Regeln ausgewählt, um in der Marine zu dienen.
Die Listen erfassten alle Seeleute, Fischer, Fährleute, Flussschiffer und deren Söhne, wenn sie 1 Jahr auf See waren. Damit sollte sichergestellt werden, das die Mannschaften eine gewisse Grundqualifikation besassen.
Ein Mann, der 1 Jahr auf See war und über 18 Jahre alt musste sich mit seinem Vater oder zwei nahen männlichen Verwandten beim nächsten “bureau d’inscription” melden.
Die Küstenregionen waren dazu in 6 “maritime departements” eingeteilt. Die “bureau d’inscription” befanden sich in den Häfen Toulon, Bordeaux, Rochefort, Brest, Le Havre und Dunkirk und waren den Hafenkommandanturen beigeordnet.
Wer sich nicht mustern liess, oder in die Landarmee eintrat galt als Deserteur und wurde als solcher bestraft. Es war aber auch üblich stattdessen die Eltern zur Verantwortung zu ziehen.
Jedes maritime departement stand unter dem Kommando eines “commissaire de classes” und war in “quarts” Viertel eingeteilt.
Jedes quart war in “syndicats”, die wiederum in “communes” eingeteilt waren.
In jedem syndicate teilte ein commissaire die gelisteten Männer in vier Klassen (“classe de la marine”) ein.
Die erste Klasse enthielt alle Junggesellen, die zweite alle Witwer ohne Kinder. Die dritte alle verheirateten Männer ohne Kinder und schliesslich die vierte alle Verheirateten mit Kindern.
Wenn Seeleute benötigt wurden, teilte man den syndicates mit, wieviele Männer benötigt wurden, diese wurden dann eingezogen. Zuerst Klasse 1, dann 2, usw.
Freiwillige wurde bevorzugt behandelt, egal welcher Klasse sie angehörten.
Wurde man gezogen blieb einem 8 Tage Zeit, den zugewiesenen Hafen zu erreichen. Tat man es nicht, galt man als Deserteur mit den entsprechenden Konsequenzen. Hielten Kapitäne ihre Seeleute zurück und verhinderten, das sie ihren Hafen erreichen konnten, wurden sie ihres Rankes enthoben und im niedrigsten Rang auf Kriegsschiffe versetzt.
Es gab aber auch Ausnahmen. So konnten Männer über 50, Invalide, mit mehr als zwei Söhnen die auch für die Marine gelistet waren oder im Krieg gefallen waren zurückgestellt werden. Oder sie wurden zu Hafendienst (z.B. Wachdienst) herangezogen.
Dafür das die Französischen Seeleute jederzeit zum Militärdienst in der Marine gezogen werden konnte hatte auch Vorteile für sie.
So bekamen die Seeleute im gGgenzug recht grosszügige Fischereirechte, Befreiung vom Zehnten (im Ancient Regime), freie Schulbildung für die Kinder der Seeleute und es gab einen Fond für die Pensionäre und Invaliden. Während der Revolution wurde dann noch eine Leibrente für Seeleute der Marine eingeführt.
Die Rente betrug die Hälfte der letzten Heuer (entsprechend der Tabelle für Rank und Dienstjahre) plus Zulagen für Verletzungen und Verstümmelungen. Bei den Dienstjahren wurden auch die Jahre in der Handelsmarine angerrechnet. Jedes Jahr in der Marine in Friedenszeiten wurde mit 18 Monaten gerechnet, jedes Kriegsjahr wie zwei Jahre. Dienst auf Korsarenschiffen wurde auch anerkannt mit 18 Monaten.
Witwen und Waisen hatten auch Anspruch auf Zuschüsse und Hilfen.
Witwen und Waisen (über 10 Jahre) von Handwerker bekamen zusätzlich ein Viertel der Heuer als Rente. Die Renten wurden direkt am Wohnort ausgezahlt.
Das System hört sich erstmal gut und sollte der Marine auch immer ausreichend Seeleute zur Verfügung stellen, aber es funktioniert nicht.
Aber die Angst vor Tod und straffer Disziplin in der Marine, die zeitweilige Unfähigkeit der Verwaltung die Gelder pünktlich oder überhaupt auszuzahlen führten zu einer hohen Rate an Desertationen. Dies galt im Ancient Regime wie auch in den Revolutionstagen.
Damit wurde es ab den 1790’ern nahezu unmöglich die Schiffe ausreichend zu bemannen.
In einem Report des Marine Kommissars Boulay-Paty an die Regierung vom 14.März 1799 wurde des weiteren erwähnt, das ein Mangel an Matrosen auch daher rührt, das die Regierung sich ausser stande sieht gefangene Matrosen mit England auszutauschen. Die “wenigen” gefangenen englischen Seeleute in Frankreich nicht ausreichten um die Massen von französischen auszutauschen.
Die besseren Aussichten auf Erfolg, Geld, einer lockereren Disziplin und die Heimatnähe führten dazu, das Korsaren immer beliebter wurden.
Soweit der 1. Teil.
Ihr Diener