In Sachen HOWE
Bei Planungen für unser Treffen in Hannover kommt man selbstverständlich nicht an dem Faktum vorbei, dass es sich um die Heimatstadt von Georg Ludwig, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, handelt. Dieser wurde gemäß dem Act of Settlement von 1701 zum späteren König George I. von England; und blieb ebenfalls Kurfürst des Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg.
Es gibt die Anekdote des späteren George III., dass dieser nur dann ruhig geschlafen haben soll, wenn Richard Howe das Kommando über die englische Kanalflotte inne hatte.
Es gibt allerdings eine noch viel innigere Verbindung zwischen diesen beiden Familien.
Väterlicherseits besteht eine klare Linie. Großvater des Admirals war Scrope Howe (*1663, †1709), lang gedientes Parlamentsmitglied für Nottinghamshire und außerordentlicher Gesandter bzw. Botschafter in Hannover von 1705 bis 1709. Von William III. wurde er zum „groom of the bedchamber“ (Kammerjunker) ernannt und zum Viscount Howe des Königreichs Irland erhoben. Das Familiengut in Langar, Langar Hall, existiert bis heute und wird zur Zeit als Hotel genutzt. Aus der Ehe mit Ruperta, Tochter des Ruprecht von der Pfalz (1st. Duke of Cumberland) gingen drei Söhne und zwei Töchter hervor.
Emanuel Scrope Howe (*1700 †1735), 2nd Viscount Howe (Parlamentsmitglied, späterer Gouverneur von Barbados), heiratete im April 1719 Mary Sophia Charlotte von Kielmansegg (*1703 †1782). Die Familie von Kielmansegg war im Gefolge Georg I. mit nach England gekommen. Der Baron diente dem neuen König als Master of the Horse. Aus dieser Ehe gingen die bekannten Söhne George Augustus (*1724 †1758, Schlacht von Ticonderoga), Richard (*1726 †1799) und William (*1729 †1814). Weiterhin Thomas (*1731 †1771), Caroline (*17xx †1814) und Juliana (*17xx †1796).
Auf Seiten des Vaters also „alter“ englischer Landadel. Auf Seiten der Mutter hingegen wird es bei genauerer Betrachtung jedoch umso interessanter. Charlotte war die Tochter von Gräfin Sophia Charlotte von Platen-Hallermund (*1675 †1725, später Baronin von Kielmansegg und Countess of Leinster and Darlington) und Johann Adolph von Kielmansegg (*1668 † 1717). Diese wiederum war die Tochter von Gräfin Clara Elisabeth von Platen (*1648 †1700). Vater war aber nicht deren Ehemann Franz Ernst von Platen-Hallermund (*1631 †1709), sondern niemand Geringeres als der Kurfürst Ernst August von Hannover (*1629 †1698) - Vater von Georg Ludwig, dem späteren König George I.
Sophia Charlotte soll ein inniges Verhältnis zu ihrem Halbruder George I. gehabt haben. Da sie im engen Gefolge zusammen mit der Mätresse des Königs (Melusine von der Schulenburg) an den englischen Hof kam, wurde sie dort (fälschlicherweise?) ebenfalls als Geliebte des Königs angesehen.
Aufgrund des innigen Verhältnisses zu George I. tauchte das Gerücht auf, dass Mary Sophia Charlotte von Kielmansegg eventuell die uneheliche Tochter des Königs und Sophia Charlotte von Platen-Hallermund sein könnte. Wäre dem so, dann wären Richard Howe und seine Geschwister Enkel von König George I. gewesen.
Gesichert ist jedenfalls, dass Mary Sophia Charlotte seit der Heirat mit Emanuel Scrope Howe jährliche Bezüge i.H.v. £ 750 erhielt, die später auf £ 1.250 erhöht und auch Richard Howes Schwester Juliana zugestanden wurden. Sie war Begleiterin der Mätressen von George II. und gehörte ebenfalls dem Haushalt George III. an. Juliana oder Caroline Howe wurde am Hofe als Cousine behandelt und Prinzessin Amelia (Tochter George II.) schenkte einer der Schwestern einen Ring mit Portrait von George I., dessen Krone aus Diamanten bestanden haben soll.
George IV. erinnerte sich ebenfalls, dass es „a sort of connection of the family“ mit den Howes gegeben habe...
Ob diese „Verbindung“ unmittelbarer oder mittelbarer Natur war, lässt sich nicht mit Gewissheit klären, unmöglich erscheint sie jedoch nicht. Biograph John Barrow (The Life of Richard Earl Howe, London 1838, S. 2) ging davon aus, dass die enge Verbindung der beiden Familien bereits seit der Zeit des Großvaters Scrope Howe als Gesandter am Hof in Hannover existierte.
Ich habe die Angaben mal zu einen Ahnentafel zusammengefügt, sonst verliert man bei den fast identischen Namen schnell den Überblick.
Eventuell suche ich mir mal die Manuskripte und Aufzeichnungen der Familie Kielmansegg für weitere Informationen heraus.
Quellen:
Gruber, Ira D.: The Howe Brothers and the American Revolution, 2. Auflage, Chapel Hill 1974, S.45ff. mit weiteren Nachweisen.
Syrett, David: Admiral Lord Howe, Annapolis 2006, S. 1.