Die Idee entstand beim wiederholten Lesen der POB-Reihe, des Kapitäns eigene Kommandos – also die Schiffe – mal näher unter die Lupe zu nehmen. Gerade wenn man Patrick O’Brians eigene Kommentare und z.B. die Erläuterungen aus Harbors and High Seas (HHS) im Hinterkopf hat. Ich hoffe nur, dass meine Ausarbeitungen nicht zu sehr dem Inhalt aus dem gleichnamigen Buch entsprechen…
So macht POB keinen Hehl daraus, dass sein erster Band um Jack Aubrey zu großen Teilen auf der Biographie von Lord Cochrane basiert (z.B. Duell der Brigg-Slup Speedy gegen die spanische Schebecke Gamo, …). Auch wenn POB in diesem Fall im Roman den Schiffen andere Namen gibt (Sophie vs. Cacafuego), lässt er im Verlauf der Reihe immer wieder nicht-fiktionale Schiffe auftreten. Nicht nur für ferne Admiräle, sondern auch als Jacks eigene Kommandos; ebenso auf Seiten der feindlichen Franzosen.
Daraus resultierte dann die Frage, wie viel „literarische Wirklichkeit“ in den Romanen bezüglich der Schiffe steckt – oder eben auch nicht.
1. Sophie
Jack Aubreys erstes eigenes Kommando 1800/1801 ist die HMS Sophie, eine mit 14 Kanonen ausgerüstete Brigg-Slup, mit der er unermüdlich unter der feindlichen Küstenschifffahrt wütet (L’Aimable Louis, Santa Lucia, …), das Duell gegen die eigentlich übermächtige spanische Schebecken-Fregatte Cacafuego gewinnt und sich letztlich dem weit überlegenen französischen Geschwader unter Admiral Linois geschlagen geben muss. (HHS, 49f.)
Wie bereits erwähnt, basiert der erste Band größtenteils auf den Erlebnissen Lord Cochranes mit seiner Speedy.
Die HMS Speedy stammt aus der nach ihr benannten Speedy-Klasse (2-Mast Slup), die 1781 entworfen wurde, um einen schlanken und schnellen Schiffstyp nach Kutterart zu schaffen. Der Auftrag zum Bau wurde im März 1781 gegeben, die Kiellegung bei Thomas King in Dover erfolgte bereits im Juni 1781. Ausrüstung und Kupferung wurden 1782 in Deptford vorgenommen. Die Kosten beliefen sich auf £ 4.200, 7s, 3p. Die Sollstärke betrug 90 Mann, ausgerüstet war das Schiff mit 14 4-Pfündern und 12 1/2-Pfund Drehbassen.
Die Speedy wurde erstmals im Mai 1783 unter Commander Josias Rogers für den Einsatz in der Nordsee kommissioniert.
Cochrane übernahm das Kommando im März 1800. Bereits im Mai gelang die Kaperung des mit 6 Kanonen bestückten Freibeuters L’Intrépide vor Sardinien. In den folgenden Monaten gelang die Eroberung der Freibeuter Asuncion (10) vor Bastia und der La Constitution vor Capera. Größter Erfolg war die Eroberung der spanischen Schebecke Gamo im Mai 1801 vor Barcelona.
Der Tiefpunkt erfolgte Anfang Juli 1801 vor der spanischen Küste, als die französische 74er Le Desaix aus dem Geschwader Admiral Linois‘ die Speedy aufbrachte. (W1, 314f.)
Aubrey ergeht es (fast) zur selben Zeit genauso. Er bringt mit seiner Sophie u.a. die L’ Aimable Louis, Santa Lucia, … und die Schebecke Cacafuego auf; und muss schließlich vor demselben realen Geschwader, bestehend aus Formidable, Indomptable, Muiron und Desaix die Segel streichen. (HHS, 50)
HHS = King, Dean: Harbors and High Seas. An Atlas and Geographical Guide to the Complete Aubrey-Maturin Novels of Patrick O'Brian, 3. Auflage, New York 2000.
W1 = Winfield, Rif: British Warships in the Age of Sail, 1714-1792, Barnsley 2007.
W2 = Winfield, Rif: British Warships in the Age of Sail, 1793-1817, Barnsley 2005/2010.
POB2 = O'Brian, Patrick: Feindliche Segel, 5. Auflage, Berlin 2007.
POB4 = O'Brian, Patrick: Geheimauftrag Mauritius, 4. Auflage, Berlin 2006.