Achtung, jede Menge Spoiler! Wer das Buch nicht kennt und es noch lesen will: Raus aus diesem Posting!
Dieser Roman wird ja gern mal als Romanvorlage für DEN Film "Master and Commander" bezeichnet. Ja, das stimmt, nein, das stimmt so nicht.
Ja, das stimmt: Wie in keinem anderen der 21 Bände finden sich hier die meisten Dinge aus DEM Film wieder: Die Surprise mit Jack und Stephen an Bord verfolgen eine feindliche Fregatte, die den Auftrag hat, möglichst viele englischen Walfänger auf der Südhalbkugel aufzubringen. Es gibt die Trepanation des Schädels von Joe Plaice, der ewige Fähnrich Hollum wird als Jonas ausgemacht und überlebt das Buch nicht, wir runden Kap Hoorn, Warley fällt vom Schiff, Nagles wird ausgepeitscht. Wir essen einen Pudding, der die Galapagos-Inseln darstellt. Wir nehmen Walfänger an Bord, deren Schiff vom Feind versenkt wurde. Pullings bekommt eine Prise als Kommandant übergeben. Killick grantelt rum.
Nein, das stimmt nicht: Wir verfolgen keine französische, sondern eine amerikanische Fregatte. Es kommt zu keinem einzigen Gefecht zwischen den beiden Schiffen; das Ami-Schiff erleidet Schiffbruch. Es sind einige Frauen dabei, speziell eine ist auch für die Handlung ganz wichtig. Hollum stirbt ganz anders. Blakeney verliert keinen Arm, Calamy überlebt, Higgins nicht. Pullings bekommt eine ganz andere Prise und verpasst dadurch das halbe Buch. Mr. Allen überlebt auch. Killick grantelt rum.
Oh, ich merke grad: Killick ist eine relativ konstante Größe.
Also: An sich sollte die Surprise ja schon unterwegs nach England sein, um dort endgültig aufgelegt zu werden, aber dann gibt es neue Order: Man erfährt von einer amerikanischen Fregatte, die in die südlichen Walfangregionen geschickt wird, um dort zwischen den englischen Walfängern Beute zu machen. Jack wird mit der Surprise losgeschickt, um das zu verhindern und das US-Schiff, die Fregatte Norfolk, abzufangen, zu entern oder zu versenken - das Übliche eben. Es passiert sehr viel auf dieser Fahrt - das Einzige, was nicht passiert, ist ein Gefecht auf See. Und als sie dann endlich erstmals die Norfolk zu Gesicht bekommen, liegt sie als Wrack vor einer Insel, und an Land sind die Überlebenden der Schiffskatastrophe. Ein übler Sturm, der auch die Surprise arg mitgenommen hat, war ihr Schicksal. Die Auseinandersetzungen auf der Insel zwischen Engländern und Amerikanern sind dann auch nicht ohne, zumal wegen eines erneuten Sturmes die Surprise und mit ihr die meisten der englischen Seeleute - ohne ihren Kapitän, der mit Stephen und relativ wenigen Männern an Land ist - sehr schnell die gefährliche Küste verlassen muss. Angeblich herrscht inzwischen Frieden, aber das Problem scheint zu sein, dass sich an Bord der Norfolk ehemalige englische Meuterer der Hermione befunden haben, jenes Schiffes, welches ausgerechnet durch die Surprise aus dem zu der Zeit feindlichen spanischen Hafen Puerto Cabello zurückerobert wurde. Die Lage auf der Insel droht zu eskalieren, zumal dann am Horizont auch noch ein amerikanischer Walfänger auftaucht...
Auch wenn ganz viel anders als im Film ist, fühle ich dennoch jedesmal beim Lesen dieses Buches mittendrin in DEM Film. Es gibt nur eine Szene, mit der ich auch beim dritten Mal nicht so recht warm werde, und dass ist die, in der Stephen aus dem Fenster der Heckkabine fällt, Jack hinterher springt, sie dann ewig lange im Meer treiben und von diesen Amazonenkriegerinnen aus dem Wasser gefischt werden. Nee, das war mir dann doch ein wenig too much.
Schauen wir uns aber mal meine Lesezeichen an.
Es beginnt diesmal bereits beim Vorwort. In diesem erklärt POB ja seine bereits an anderer Stelle in diesem Unterforum diskutierten Jahre 1812a und 1812b... Und in dem Zusammenhang definiert er klar seine eigenen Grenzen dichterischer Freiheit, und ich musste unwillkürlich an einen nicht genannt sein wollenden Autor denken, der da mal eine maritim-historische Romanfigur kreiert hat, die ... Aber lest selbst und streicht die Bramstenge später :P :
Der Leser wird keinen Fabeltieren mit tödlichem Blick begegnen, keinen stammelnden Wilden ohne Religion oder Gemeinwesen, keinen überfeinerten, in allen wissenschaften glänzend bewanderten Chinesen, keinen gänzlich unbescholtenen, unbesiegbaren oder notgedrungen unsterblichen Helden; und sollten jemals Krokodile auftauchen, gelobt er, daß sie ihre Beute nicht unter Tränen verschlingen werden.
:thumbsup:
Hinein ins Buch! Und gleich können wir etwas lernen, nämlich, was so ein Schiff alles an Proviant benötigt. Hochinteressant!
Selbst ein Kriegsschiff sechster Klasse benötigte eine unglaubliche Menge an Marineausrüstung, und jeder Soldat an Bord hatte pro Woche Anspruch auf sieben Pfund Schiffszwieback, sieben Gallonen bier, vier Pfund Rindfleisch und zwei Pfund Schweinefleisch, ein Quart Erbsen, anderthalb Pint Hafermehl, sechs Unzen Zucker und dieselbe Menge Butter, zwölf Unzen Käse und ein halbes Pint Essig, ganz zu schweigen von Limonensaft, den ungeheuren, zum Wässern des Pökelfleischs benötigten Süßwassermengen und den zwei Pfund Tabak pro Mondmonat, für die allerdings ein Preis von einem Shilling sieben Pence pro Pfund bezahlt werden mußte - alles in allem eine gewaltige Menge, wenn man sie mit zweihundert multiplizierte.
Wer jetzt mal rechnen möchte: Eine Unze sind 28,35 Gramm, ein Pint 0,5683 Liter, ein Quart ca. 1 Liter/Kilo.
Das nächste Lesezeichen zeigt wieder eine kleine Szene aus DEM Film - in ähnlicher Form:
Und auf der Backbordleiter saß Hollum und zeigte einem anderen Frischling, wie man am besten eine Tasche annähte, wobei er leise vor sich hin sang.
"Was für eine herrliche Stimme dieser junge Mann hat", sagte Martin bewundernd.
"Da haben Sie recht", meinte Stephen und lauschte aufmerksamer.
So, ich habe noch jede Menge weiterer Lesezeichen, aber die folgen dann morgen - jetzt ruft die Koje.
Ach, und das noch: Ich habe ja heute meine Lesezeichen der Bände 4 bis 6 abgearbeitet. Warum denn jetzt dieser Band und nicht weiter in der numerischen Reihenfolge? Ganz einfach: Das Buch hab ich heute ausgelesen, da ist noch alles ganz frisch. Ich hab bei den Bänden, die ich vor etlichen Wochen gelesen habe, bei einigen Lesezeichen nicht mehr rausbekommen, warum ich sie gesetzt habe. ?( Sicher waren das auch manchmal welche, die ich nur zur Sicherheit eingetippt habe, weil der Reader mal wieder geladen werden musste und ich es schon erlebt habe, dass er sich danach nicht die Stelle gemerkt hat, an der ich eben war... Aber es gab auch andere Lesezeichen - na egal, hier ist jetzt noch alles frisch, und weil es eben - zumindest in gewisser Hinsicht - DER Roman zu DEM Film ist, bekommt er von mir DIE Behandlung.