Sean Russell Thomas – Die letzte Eskorte 1/19
Literatur-Vorstellung Januar 2019:
Sean Russell Thomas – Die letzte Eskorte
Es war nicht alles schlecht. – Das bedeutet aber weniger, dass mich ein Anfall von Ostalgie überkommen hat, sondern ich meine damit den zweiten Band der Hayden-Reihe.
Commander Hayden bekommt das Kommando über eine Sloop, die jedoch noch auf dem Weg nach Plymouth ist und bevor sie den Hafen erreicht, wird er durch den Hafenadmiral des Kommandos enthoben, um die Fregatte Themis ins Mittelmeer zu überführen. Diese hat nämlich noch keinen neuen Kommandanten und in ganz England findet sich kein Vollkapitän, der bereit wäre, das Kommando zu übernehmen…
Ja klar, wir alle erinnern uns an die gespentige Leere in den Wartezimmern der Admiralität. Kapitäne sind Goldstaub und wenn ihnen das eine oder andere Kommando nicht passst, nörgeln sie, bis ihnen das angebotene Kommando endlich genehm ist. An dieser Stelle muss ich unbedingt das Nachwort und die Danksagung am Ende des Romans erwähnen, aus denen sich das beeindruckende Wissen des Autors erklärt. Ganz ehrlich, hätte er mich um Rat gefragt und würde mich dort erwähnen, hätte er sofort die schönste Verleumdungsklage am Hals, denn ein Lob von ihm ist das Schlimmste, was einem halbwegs mit der Materie vertrauten Menschen geschehen kann.
Der Roman ist dreigeteilt und im ersten Teil eskortiert Hayden mit der Themis einen Konvoi nach Gibraltar. Der Konvoi gerät in einen Sturm und an französische Kriegsschiffe. Während sich der Befehlshaber der Eskorte mit seinem Schiff nach Gibraltar aus dem Staub macht, muss Hayden den Konvoi verteidigen und sich auch noch mit einer Krankheit herumschlagen. Trotzdem schafft er es auch nach Gibraltar, wo er sich mit einer Verleumdung konfrontiert sieht. Man bekommt prompt den Eindruck, dass Sean Russell Thomas Teile aus dem ersten Band recycelt hat, so ähnlich wie Frank Adam mit seinen Bramstengen.
Von Gibraltar geht es weiter nach Toulon, wo Hayden Lord Hood und die englische Mittelmeerflotte vermutet. Doch Toulon ist längst gefallen und nur mit sehr viel Glück kann die Themis den Franzosen entwischen. Hoods Flotte liegt vor Korsika und hier beginnt der wirklich gute Teil des Romans, wenn auch mit einem weiteren Fehler. Lord Hood stellt sich als alter Freund von Haydens Vater heraus. Er hat keinen geeigneten Kommandanten für die Themis, wahrscheinlich weil alle für eine Beförderung in Frage kommenden Leutnants sich gegen eine Beförderung streuben und so behält Hayden die Themis, ohne jedoch befördert zu werden, weil das von der Admiralität ohnehin nicht bestätigt würde. Ja, Lord Hood war halt auch nur so ein dahergelaufener Admiral, den man ohne weiteres brüskieren könnte.
Trotzdem wird es auf Korsika richtig interessant. Die Briten wollen die Insel erobern und haben dabei die volle Unterstützung der korsischen Freiheitsbewegung. Hayden ist zwar fast nur an Land unterwegs, doch die Kapitel über den Aufbau einer Geschützbatterie in den korsischen Bergen lesen sich richtig gut weg. Der Autor kann also doch schreiben, wenn er sich mal etwas Mühe gibt. Leider geht der gute Eindruck im letzten Teil des Romans völlig verloren.
Vollkommen überraschend wird die Themis zurück nach England beordert und dort gibt es die inzwischen schon im Voraus erwartete böse Überraschung für Commander Hayden. Aber wir wollen ja nicht spoilern. Die Idee ist mal wieder recht stark an den Haaren herbei gezogen. Da will ich euch die Überraschung nicht verderben.
Bliebe noch das Glossar, das einige Perlen bereit hält. So ist dort ein Commander ein Kapitän mit weniger als drei Dienstjahren, während ein Master and Commander dem entspricht, was wir ab 1794 eigentlich unter einem Commander verstanden haben. Brian Lavery und Co. sind halt Stümper gegenüber Sean Russell Thomas, dem großen Rechercheur.
Speedy