Patrick O’Brian – Kurs auf Spaniens Küste 5/18

Literatur-Vorstellung Mai 2018:

Patrick O’Brian – Kurs auf Spaniens Küste

Seit rund 25 Jahren bin ich ein regelmäßiger Leser maritimer Romane und in dieser Zeit gab es kein Buch, dass ich so oft gelesen oder als Hörbuch genossen habe wie dieses. Als es mir in den 1990er Jahren eher zufällig in die Hände fiel, hatte ich die bis dahin erschienenen Bücher der Drinkwater- und der Ramage-Reihen bereits gelesen und auch Horatio Hornblower war mir ein guter Bekannter. Aber kein Roman fesselte mich wie dieser, so dass ich ihn direkt wieder begann, nachdem ich ihn zum ersten Mal ausgelesen hatte.

Was macht Kurs auf Spaniens Küste so anders? Zunächst einmal steht nicht eine einzelne Person im Mittelpunkt, sondern zwei – Jack Aubrey, ein frischgebackener Commander und Stephen Maturin, ein auf Menorca gestrandeter Internist. Ihr Kennenlernen und das Entstehen ihrer Freundschaft drängt die reichlich vorhandenen maritimen Abenteuer zwangsläufig ein wenig in den Hintergrund, denn Patrick O’Brian ging es vordergründig darum, ein lebendiges Bild der Zeit der napoleonischen Kriege zu zeichnen, weshalb er selbst seinen Nebenfiguren ein gewisses Eigenleben über die sonst übliche Rolle als Stichwortgeber hinaus gewährte. Und diese Lebendigkeit der bis ins Detail liebevoll gezeichneten Personen und Szenen macht den großen Unterschied zu anderen marinehistorischen Romanen aus.

Trotzdem bleibt die Action nicht auf der Strecke, denn als Vorlage seines Romans nahm Patrick O’Brian eine der abenteuerlichsten Episoden jener Zeit, die Fahrten Lord Cochranes auf seiner Sloop Speedy, wobei er sich eine gewisse Zurückhaltung auferlegte, um nicht vollends unglaubwürdig zu wirken. So kann man die Abenteuer auf See im Vergleich zwischen Realität und Roman schon sehr gut nachvollziehen, doch es fällt auf, dass Jack Aubreys Erfolge immer etwas moderater ausfallen, als es bei Lord Cochrane der Fall war. Patrick O’Brian geht darauf auch selbst im Vorwort zu Kurs auf Spaniens Küsten ein.

Das Ergebnis war auf jeden Fall die gelungenste Symbiose zwischen großer Kunst und Abenteuerroman seit C.S. Forester. Wer den Roman tatsächlich noch nicht kennen sollte, hat nun keine Entschuldigung mehr, wenn er ihn nicht sofort zur Hand nimmt. Oder wie Jack Aubrey sagen würde: „There´s not a moment to lose.“

Speedy