Hab das Buch durch und bin begeistert!
Christian Hayden, unser RN-Kapitän mit französischer Mutter und englischem Vater, segelt mit seiner Fregatte Themis in die Karibik. Unterwegs wird ein Boot mit zwei schiffbrüchigen Spaniern aufgelesen, Brüder, keine Seeleute, alles etwas geheimnisvoll. Zu der Zeit war Spanien nicht im Krieg mit England. Sie erzählen, dass die Fregatte, auf der sie als Passagiere mitgefahren sind, nachts von einem anderen Schiff gerammt wurde, dann sank und sie im allgemeinen Chaos in dem kleinen Boot auf dem Meer zurückblieben. Bald schon stellt sich heraus, dass zumindest einer der Brüder nicht das ist, was er zu sein scheint.
Dann wird ein im Sturm havariertes Sklavenschiff angetroffen. Der Sklavenhandel galt damals noch als legal, auch wenn er gesellschaftlich schon sehr umstritten war. Die Themis nimmt den Sklavenhändler ins Schlepp. Die Diskussion unter den Offizieren um die moralischen Aspekte dieser Rettungsaktion und der damit verbundenen Belohnung in Höhe von 10% des Verkaufspreises der "lebenden Fracht" empfand ich als hochspannend.
Unser Held heiratet während dieser Überfahrt; diese ganze Geschichte war für mich der einzige Schwachpunkt des Buches, da mir das alles reichlich schnell und unglaubwürdig vorkam - aber für den späteren Verlauf des Romanes ist es nicht ohne Bedeutung. Auf Barbados erwirbt er Haus und Grundstück und lässt nach kurzer Zeit des Glücks seine junge Frau zurück, um wieder im Dienst von König und Vaterland die Themis zu befehligen.
In der Karibik wird die Themis Teil eines kleinen Geschwaders von 4 Fregatten, die Jagd auf Freibeuter und französische Schiffe machen sollen. Der dienstälteste Kapitän dieses Geschwaders stellt sich bald als jemand heraus, der sein Glück nur allzu gern herausfordert, sich reichlich unüberlegt in die wildesten Aktionen stürzt und dabei leichtsinnig das Leben seiner Mannschaften auf's Spiel setzt. Prompt geht eine dieser Aktionen, an der sich Christian Hayden pflichtgemäß beteiligen muss, gründlich in die Hosen. Hayden und ein Teil seiner Mannschaft werden bei dem total missglückten nächtlichen Versuch, eine Brigg aus einem feindlichen Hafen zu stehlen, fast gefangengenommen; die Flucht zurück auf die Themis misslingt. Sie müssen sich allein mit zwei Booten durchschlagen, kapern einen französischen Schoner, verlieren diesen beinahe wieder, und bei dem Versuch, flüchtige französische Royalisten vor den Jakobinern zu retten, wird die Truppe nochmals zersplittert. Das Kriegsglück wogt hin und her, ehe Hayden zumindest wieder im derzeitigen Heimathafen anlangt, allerdings noch immer von seiner Themis getrennt, die derweil von seinem Ersten Mr. Archer kommandiert wird. Zurück in seinem Heim auf Barbados muss er feststellen, dass seine Frau inzwischen von ihrem Bruder sowie einem verräterischen Franzosen, der sich als Royalist ausgegeben hatte, aber in Wahrheit ein Spion der Jakobiner ist, entführt wurde. Zwei spanische Fregatten mit einem Silberschatz spielen ebenfalls dabei eine Rolle, und Hayden begibt sich mit seinem gekaperten Schoner auf die Jagd. Die nun folgenden Ereignisse sind ein über viele Seiten äußerst spannend und auch recht glaubhaft geschilderter Showdown mit witzigen Ideen, dramatischen Kämpfen und einem dann leider etwas zu schnellen und außerdem, wie ich finde, nicht so gelungenen Ende. Aber ich ahne, dass das alles Teil eines Großen und Ganzen ist - deshalb kann ich es kaum erwarten, dass Mr. Russel uns den fünften Band seiner tollen Reihe liefert.
Was mir an diesem Buch sehr angenehm aufgefallen ist: In einer in dieser Art selten so gut und nachvollziehbaren Art wird der Einfluss von Wind und Strömungen auf die Manöver beim Age of Sail geschildert. Man fiebert total mit, wenn wieder der Wind einschläft; man leidet gemeinsam mit Christian Hayden auf seinem Achterdeck, wenn er zusehen muss, wie der Gegner plötzlich Wind in die Segel bekommt und manövrieren kann, während man selbst noch in der Flaute liegt.
Hoffen wir inständig, dass Bastei Lübbe auch weiterhin den Trendbrecher macht und sich nicht scheut, weitere Bände einer englischsprachigen maritim-historischen Reihe ordentlich übersetzt auf den deutschen Büchermarkt zu werfen.