@Threepwood Danke für deine netten Worte! Ich gebe mir weiterhin Mühe.
Ich friemele in letzter Zeit ein wenig planlos rum auf meiner Werft. Hier ein bissel, da ein bissel, dann wieder Fragen, Bücher, noch mehr Fragen. Heute hab ich beschlossen, dass man es auch übertreiben kann damit - ich komme einfach nicht wirklich voran. Das soll nun anders werden!
Es gibt da noch die eine oder andere Sache am Rumpf zu tun, aber das kommt später, zum Großteil aus Sorge, dass ich beim Auftakeln da aus Versehen was abreiße. Die Hecklaternen zum Beispiel, oder die Finkennetze - das kann alles gegen Ende erfolgen, ebenso das Anbringen der Anker - die würden nur stören, wenn ich die Fockwanten einbinden will.
Somit laufen jetzt die Vorbereitungen für den Gang in die erste Etage.
Zuerst wird der Fockmast gesetzt. Das erste Element des stehenden Gutes, welches um den Masttop gelegt wird, sind immer die Hanger. Das sind vollgekleedete Taue, in der Stärke wie die Unterwanten, die an beiden Seiten vom Masttop hängen. In die an den Enden eingespleißten Kauschen werden die Seitentakel eingehängt. Seitentakel erfüllten viele Funktionen, so wurden z.b. zum genommen, um die Anker in die Rüsten zu geben, um schwere Lasten zu bewegen oder bei schlechtem Wetter zur zusätzlichen Stützung der Untermasten. Wie diese Seitentakel hergestellt und dann angebracht werden, zeige ich später.
Heute war nun dieser Hanger für den Fockmast herzustellen. Mein neuer Freund Schrage schreibt in seinem Buch, dass Schiffe von der Größe meiner Mercury einarmige Hanger hatten. Diese wurden aus einem Ende hergestellt, und für das zum Masttop passende Auge in der Mitte der Hanger wurde ein kurzes, ebenfalls gekleedetes Taustück eingespleißt. Nun, zum spleißen im Maßstab 1:72 hatte ich keine Lust; aber wie nun so ein Teil herstellen, dass es möglichst so aussieht wie gefordert?
Hier mal eine kleine Zeichnung, wie es idealtypisch aussehen soll:
Ok, das am Modell exakt so hinzubekommen erscheint unmöglich. Aber ich wollte eben nicht einfach nur ein Tau mit einem daran festgeknüpperten kurzen weiteren Tau haben. Also hab ich mir was überlegt:
Mit meiner Kleedemaschine kleedete ich zwei kurze Stücke auf zwei längeren Tauen. Dann spannte ich die gemeinsam ein und kleedete sozusagen den Rest.
Nun, kleine Knubbel an den beiden Augenwinkeln habe ich dennoch; ich glaube, das hätte ich auch einfacher haben können. Aber immerhin, mein erster Hanger ist fertig, und ich finde, er schaut nicht mal schlecht aus. Dann band ich an beiden Enden noch Kauschen ein - die hatte ich mir gefertigt, indem ich dünnes Messingrohr (Innendurchmesser 1,6 mm) in Scheiben schnitt und diese dann, aufgefädelt auf ein Stück Draht, ins Brünierbad hängte.
Und hier ist der Hanger schon mal an seinem künftigen Platz:
Was noch an der Saling fehlt, sind Kalben. Sowas sieht Shipyard ja leider nicht vor, aber die gehören einfach dazu: Kalben sind dünne Holzleisten mit einem Viertelkreis-Profil, die da hinkommen, wo jetzt der Hanger durch die Salingkante geknickt wird.
Dann habe ich noch einen weiteren Stagkragen gebaut und ordnungsgemäß mit einer Rosenlaschung angebracht, und zwar den für das Großborgstag. Den kann man nicht einfach so an den Fockmast knüppern, sondern man muss schauen, dass der in einer ganz bestimmten Höhe seinen Platz bekommt. Warum das so ist, zeige ich (viel) später.
Nun ging es nach kurzer Pause weiter.
Viel Neues kann ich gar nicht zeigen, obwohl ich wieder einige Stunden in der Werft zugebracht habe. Zum einen habe ich das Auge des Hangers vekleinert, das war viel zu groß. Dann wurden die letzten Wanten kleedetechnisch behandelt. Insbesondere die beiden vorderen Wantenpaare bedurften der besonderen Zuwendung: Immer die ersten, also bugwärts gerichteten Wanten werden bis unten gekleedet; alle anderen nur im oberen Bereich, bis etwa zur Wurst (da ist das Querteil, an welchem die Püttingswanten angesetzt werden - kommt alles später...). Das Kleeden ist insofern eine Herausforderung, als die zu kleedende Strecke bedeutend länger ist als die Kleedemaschine. Diese lässt mit viel gutem Willen ein Stück von knapp 20 cm in einem Schwung kleeden. Will man mehr - und bei den Wanten sind es ca. 28 cm - muss man den Vorgang stoppen, das straff gespannte Tau lösen, versetzen, wieder festmachen und dabei aber möglichst die Spannung des Kleedegarns auf das Tau halten, um ein "Durchdrehen" zu verhindern. Nun, ich kann berichten, dass für den Fockmast alle Wanten soweit fertig sind.
Aber dann geht es noch immer nicht los mit dem Auftakeln. Nun müssen erst die Wantenpaare eingebunden werden; d.h., dass da, wo man es um den Masttop legt, ein Auge sein muss, groß genug, um es über den Top und die dort schon angebrachten beiden Schweibgats zu stülpen, ohne diese abzureißen. Außerdem müssen die beiden Wanten auch nach dem Zusammenbinden noch brav nebeneinander und nicht irgendwie verdreht liegen. Wenn man es einigermaßen richtig macht, sieht das so aus:
Am Mast macht sich das erste Wantenpaar schon mal gut. Man sieht auch die Kalben, die ich aus Balsaholz gefertigt, mit Sekundenleim ausgehärtet und dann schwarz gestrichen habe. Nun können die Wanten ohne Knick geführt werden - so soll es sein.
Und im letzten Bild schon mal ein Blick in die Zukunft. Man erkennt, dass auch dann, wenn die Marsplattform angebracht ist, die vielen Taue, die da um den Masttop kommen, alle genügend Platz haben werden.
Als nächstes werde ich die restlichen 7 Wantenpaare zusammenbindseln, und dann wollen wir mal sehen, wie gut es mir gelingt, die Wanten steif zu setzen...