Beiträge von Richard Howe

    Am Samstag, den 10. September, findet die berühmte Last Night of the Proms statt. Nach zwei Jahren diesmal wohl wieder vor vollen Plätzen in der Royal Albert Hall.


    Bei uns ist das Konzert ab 20 Uhr (bis Mitternacht) im Radio bzw. Audiostream im Rahmen des ARD-Radiofestivals zu hören, s. z.B. Mediathek MDR.

    Der NDR hat in den vergangenen Jahren ab 22 Uhr stets den zweiten Teil des Konzertes im Fernsehen übertragen - momentan steht für diese Zeit noch zweimal derselbe Tatort im Programm - hoffentlich nur ein Platzhalter.

    Ansonsten steht bisher nur die Aufzeichnung bei 3Sat für den 17. September im Programm.


    Es wäre wirklich bedauernswert, wenn diese traditionsreiche Live-Übertragung entfallen würde. Bleibt nur noch der Umweg über VPN-Verbindungen, sofern verfügbar.

    Not a moment to lose


    Als eifriger Leser von Patrick O‘Brian kennt man Kapitän Jack Aubreys Ausruf: „There‘s not a moment to lose“ bzw. „Wir haben keine Minute zu verlieren“ nur zu gut. Seinem Freund Stephen Maturin ist dieser Satz ein Graus im Ohr, bleibt doch kaum Zeit für ornithologische Erkundungen auf ihren Reisen.

    Was auf den ersten Blick wie ein gut inszenierter zeitgenössischer Runnig-Gag aussieht, hat aber durchaus historische Relevanz. Bei Recherchen für ein anderes Thema bin ich zufällig über diesen Ausdruck in einer Quellensammlung gestoßen. Und siehe da: es handelte sich nicht nur um einen Zufallsfund. Hier ein paar Beispiele:


    21.04.1778

    LORDS COMMISSIONERS OF THE ADMIRALTY TO CAPTAIN ROBERT PALLISER COOPER, R.N.

    „Whereas we have received Intelligence [...]. You are hereby required & directed, notwithstanding former Orders, to proceed in the Ship you command without a moments loss of time into the Irish Channel calling off Dublin for a Pilot for the said Channel & for Intelligence, and if you get any that can be depended upon of a later date than that herewith sent relative to the Cruizers therein mention’d, or any others belonging to the Rebellious Colonies of No. America being in those Seas, you are to proceed in pursuit of them according to such Intelligence & use your best endeavours to take or destroy them or drive them away but if you meet with no later intelligence you are to proceed to Ramsey Bay in the Isle of Man & sending on shore for intelligence there, [...].“ (1)


    22.04.1178

    LORDS COMMISSIONERS OF THE ADMIRALTY TO CAPTAIN JOHN MACBRIDE, R.N.

    „You are hereby required and directed to proceed without a moments loss of time, off Brest and take the first opportunity of wind & weather to look into that Port and to endeavour to discover what Fleet is in Brest Water and to speak with some Vessels coming out of the said Port in order to gain the best intelligence you can respecting the Fleet there or whether any Ships of War have sailed from thence or arrived there from other Ports. [...]“ (2)


    Nicht nur die Lords der Admiralität (Sandwich, Palliser, Buller, etc. ...) benutzten diese Redewendung, sondern auch Ihre Majestät, George III., bemächtigte sich ihrer:


    29.04.1778

    GEORGE III TO EARL OF SANDWICH

    „Lord Sandwich— By some intercepted letters which have just been communicated unto me by the secretaries’ office, I have not the smallest doubt that d’Estaing’s fleet is gone with Deane and Gérard to attack either Philadelphia or New York. I think this so very material that without loss of time I transmit this intelligence unto you. [...]“ (3)


    Wunderbare Beispiele für die Akkuratesse, mit der Patrick O‘Brian zu Werke gegangen ist und es sich dabei nicht um schriftstellerische Freiheit/Kreativität gehandelt hat.


    (1), (2), (3): Crawford, Michael J. (Hrsg.)/Conrad, Dennis M. (Hrsg.): Naval Documents of the American Revolution, Volume 12, Washington D.C. 2013, S. 587, 588, 617f.

    Beim erneuten Lesen des Bandes ist mir eine Kleinigkeit aufgefallen, die ich erst als "falschen" Übersetzungsfehler einstufen wollte, sich aber nach kurzer Recherche wohl doch als gängie Praxis erwies.

    Kurz vor dem letzten Gefecht legt Vetter Philip Jack ein Aufforderungsschreiben an den amerikanischen Kapitän vor, welches mit Kdt. HBM Schiff Shannon unterzeichnet ist. Mir war bisher nur die Abkürzung HMS (His/Her Majesty's Ship) bekannt. HBM bzw. HBMS habe ich bisher noch nirgends sonst gelesen. Dabei soll es sich um den Vorgänger aus dem 17./18. Jahrhundert handeln, der His Britannic Majesty's Ship bedeutet und angeblich bis in die Zeiten des Unabhängigkeitskrieges benutzt worden sein soll.

    Auf Medaillen für die Schlachten von St. Vincent (1797) oder Trafalgar (1805) ist dann allerdings schon H.M.S. eingeprägt. Erstaunlich, dass gerade für so eine Nebensächlichkeit eine 1813 überholte Tradition (ja, ich weiß ... es ist ein althergebrachter Brauch in der Marine, dass ...) hervorgekramt wird. Da Broke nur unwesentlich älter als Jack sein kann, dürfte er diesen Brauch gar nicht mehr kennengelernt haben.

    Nun ja, das Verhalten von Menschen und deren Taten von vor hunderten Jahren nach heutigen Maßstäben zu be- und zu verurteilen ist eine müßige Angelegenheit. Da kommt es dann immer auf die Perspektive an.

    Und wir alle wissen, dass mit dem ersten Schuss sowieso alle frommen Statuen perdu sind - egal ob 331 v. Chr oder 2022.

    Peter_H : Nicht ganz; es war nur ein Gedanke für eine mögliche Rahmenhandlung. ;)

    Ich hatte allerdings nicht die geringste Ahnung, dass es sich tatsächlich so abgespielt haben könnte. Seit dem Eintritt Frankreichs in den Krieg im Frühjahr 1778 war in der Irischen See eine Menge los... mehr verrate ich an dieser Stelle aber noch nicht.

    Genau, wir wissen ja (noch) gar nicht, wo und wann sich diese Hafenszene abspielt. Es muss nicht Chatham 1754 sein - es könnte auch die stürmische walisische Küste im Oktober 1778 sein...


    P.S.: Das Rumfass sollte besser bewacht werden. :pf::D