Mac P. Lorne – Captain Nelson

Mac P. Lorne – Captain Nelson. Unter der Flagge des Königs

Literaturvorstellung November 2024

Mit „Captain Nelson“ wagt sich Autor Mac P. Lorne nach historischen Romanen über Francis Drake und den fiktiven Jack Bannister („Herr der Karibik“) nun in zwei Bänden an Englands größten Seehelden heran: Horatio Nelson.
Der erste Band beginnt im Frühjahr 1784 mit Nelsons Order, in der Karibik für die Durchsetzung der „Navigation Acts“ zu sorgen. Nelson drillt während der Überfahrt die Crew nach seinen Vorstellungen: weniger hierarchisch und bestrafend – dafür eher kollegial und motivierend. Ein Novum im späten 18. Jahrhundert.

Vor Ort möchte der junge und ehrgeizige Nelson die Befehle der Admiralität genauestens umsetzen. Bei seiner Mission unterstützen ihn sein alter Freund Cuthbert Collingwood und dessen jüngerer Bruder. Doch überhebliche Vorgesetzte und gewiefte Plantagenbesitzer wollen sich den einträglichen Handel mit den neuen Vereinigten Staaten nicht vermiesen lassen. So kämpft Nelson einen aussichtslosen Kampf. Dafür lernt er Frances Nisbet kennen und die beiden heiraten schließlich mit königlichem Beistand.

Danach folgen für das junge Paar karge Jahre auf Norfolks Äckern und spärlicher Unterschlupf bei Nelsons Vater. Der Friede und sein Enthusiasmus, sich bei bestimmten Vorgesetzten unbeliebt zu machen, sorgen dafür, dass er erst wieder mit Ausbruch den französischen Revolutionskriege ein Kommando bekommt. Im Mittelmeer dient er auf der liebgewonnenen HMS Agamemnon unter Hood, Hotham und später unter Jervis. Hier kann Nelson zeigen, was er kann und welchen Wert er für die Royal Navy hat. Etliche waghalsige Manöver, die ihn fast ein Auge kosten und die ersten zarten Zusammentreffen mit Emma Hamilton zeigen auf, wohin sein Weg ihn noch führen wird.

Das große Finale für Band 1 ist von der Schlacht bei St. Vincent am 14. Februar 1797 bestimmt. Durch Zufall gerät Nelson mit seiner Fregatte HMS Minerve in die spanische Flotte hinein, kann unbemerkt entkommen und seinerseits das Geschwader unter John Jervis alarmieren. Dieser lässt angreifen, wobei Nelson erneut Befehle missachtet und damit erst den fulminanten britischen Sieg über die Spanier ermöglicht.

„Das sicherste Mittel gegen Seekrankheit: sich unter einen Apfelbaum legen.“

Der Nelson-Zweiteiler ist der 3. und 4. Marinehistorische Roman von Mac P. Lorne, der bisher schon etliche historische Romane verfasst hat. Auf 370 Seiten schildert der Autor das Leben mit Höhen und Tiefen des späteren Helden der englischen Marine. Namensverzeichnis, Glossar, Zeittafel, eine kurze Bibliographie sowie das Nachwort des Autors runden den Roman ab.

Der Roman liest sich in einem freundschaftlichen Ton flüssig weg. Für mich persönlich zu leicht, es klingt und fühlt sich nicht nach 18. Jahrhundert an. Bei Diensträngen und Titeln haben sich – warum auch immer – unnötige Fehler eingeschlichen (so gab es zwar nominell den Rang des Lord High Admiral, dieser wurde im 18./19. Jahrhundert allerdings von einem Komitee mit einem Vorsitzenden – dem First Lord of Admiralty – gebildet). Wer sich bereits mit Nelsons Leben beschäftigt hat, wird von einer klassischen Biographie mehr haben. Das Korsett für die Handlung ist vorgegeben, und so bleibt für die Charakterbildung zu wenig Raum. Es gelingt Mac P. Lorne zwar gut, den Werdegang Nelsons zu beschreiben und etliche fiktive Momente bzw. Dialoge unterzubringen, aber wirklich überzeugen mag das nicht.

Insgesamt ist das Buch gut geschrieben und auf seine Art lesenswert – sofern man sich vorher noch nicht mit Nelson und seinen Zeitgenossen beschäftigt hat.

Richard Howe