Beiträge von Richard Howe

    13. Diane


    Zwischenzeitlich haben Aubrey und Maturin wieder einige Abenteuer auf ihrer geliebten Surprise erlebet, bevor wieder mal ein anderes Kommando ansteht.


    Auch der 13. Band beginnt auf der Surprise, die die Romanhelden aber bei einem Stop in Lissabon verlassen, um eine Geheimmission zu übernehmen. Und so übernimmt Aubrey in Portugal die neugebaute Fregatte Diane, die schon in Band 12 eine Rolle spielte bzw. von der Surprise aus der Hand der Franzosen gekapert wurde. (POB12, 184f.) darüber erfahren wir auch mal fast ganz genau, wann was stattfindet: „Die umkringelten Zeilen lauteten: 15ter Mai. Kapitän John Aubrey von der Kgl. Marine wird mit seinem früheren Dienstgrad und gleichem Dienstalter wieder auf die Liste gesetzt und erhält das Kommando über die Diane, zweiunddreißig Kanonen.“ (POB13, 128)


    Damit treten quasi die gleichen Probleme wie schon bei der Worcester auf; es gibt nämlich kein wirklich passendes Pendant in der Royal Navy und Franzosen bauten zu dieser Zeit auch keine derartigen Fregatten.


    Standard waren zu dieser Zeit eigentlich schon 38-44er Fregatten. „Die 38-Kanonen Fregatte, mit einer Batterie von 28 Geschützen auf dem Unterdeck, bildete zusammen mit der etwas kleineren 36er-Fregatten bis zum Ende der napoleonischen Ära das Rückgrat der britischen Fregatten-Flotte – beide Typen wurden in größeren Stückzahlen auch noch Jahre nach Ende des Krieges gebaut.“ (W2, 136; Anmerkungen zu den 18-Pfünder Fregatten ab 1793)


    Auch die erbeuteten französischen Fregatten der Jahre 1803-1815 waren standardmäßig mit 18-Pfünder Geschützen ausgerüstet, quantitativ allerdings mit 40er und dann auf britischer Seite als 38er geführt. (W2, 175)


    Trinque (Ships of Jack Aubrey) wählt für Diane als mögliches Äquivalent Fregatten der britischen Amphion-Klasse (32er, 18-Pfünder). Kann man machen, erscheint aber keine sinnvolle Lösung bzw. Vorlage für eine mögliche Diane zu sein.


    In den Listen der erbeuteten Fregatten zwischen 1793-1801 findet sich dann ein auf den ersten Blick ein vermeintlicher Volltreffer: die nach Plänen von Pierre-Joseph Pénétreau in Toulon gebaute Fregatte, die in der RN als Niobe geführt, und in der französischen Marine vorher den Namen La Diane trug…


    Die Diane wurde im August 1800 vor Malta von drei britischen Schiffen aufgebracht und nach einigen Einsätzen (z.B. Blockade von Brest) erhielt sie im März 1812 den Auftrag, nach Portugal zu segeln – passt nahezu perfekt zu den Vorkommnissen im Roman.


    Danach folgt dann allerdings der Geleitschutz für einen Konvoi nach Quebec (1813) und die Umrüstung zum Truppentransporter 1814. (W2, 164)


    Mit diesen Ergebnissen könnte man sich zufriedengeben oder weitersuchen. Und tatsächlich finden sich Fregatten, die im fraglichen Zeitraum ab 1813 in den „East Indies“ (was auch immer alles in Süd- und Südostasien darunterfallen mochte, also die heutigen Gebiete vor und um Kambodscha, Malaysia, Vietnam, Südchina, Philippinen, Borneo, Indonesien. Java, Papua-Neuguinea, … Karte East Indies (1801) (Wikipedia)) stationiert waren, z.B. die Doris, Theban und Hussar. (W2, 158, 168, 171)


    Dann gibt es aber noch die Liste der Fregatten, die von den Franzosen zwischen 1803 und 1815 erobert und in die RN aufgenommen wurden. Dabei stößt man irgendwann auf die 1804 bis 1805 in Rochefort nach Plänen der L’Armide-Klasse von Pierre Rolland (1802) gebaute La Ville de Milan bzw. La Minerve. Nicht mal ein Jahr nach Fertigstellung wurde die La Minerve vor Rochefort im September 1806 von Samuel Hood’s Geschwader erbeutet und daraufhin in Plymouth umgerüstet (28 18-Pfünder, 14 32-Pfünder Karronaden (Achterdeck) und 2 9-Pfünder Jagdkanonen sowie 2 weitere 32-Pfünder Karronaden auf der Back). Danach folgten für die nun Alceste genannte Fregatte einige heftige Einsätze im Mittelmeer. 1814 Überholung und Umrüstung zum Transportschiff, dann allerdings doch zurück in den Dienst beordert. Im Februar 1816 Befehl zum Auslaufen nach China, (Einsatz, „passage“) am Bocca Tigris [Mündung des Perlflusses, südlich Kanton; Gebiet um Macao und Hongkong]. Schiffbruch beim Auflaufen auf ein Felsriff in der Straße von Gaspar am 18. Februar 1817; in Brand gesetzt am 22. Februar 1817. (W2, 178)



    Die Straße von Gaspar trennt die vor Indonesien liegenden Inseln Bangka und Belitung. Korallenriffe sind rund um diese Inseln in jedem Schulatlas eingezeichnet. Im folgenden Band verrät uns POB mehrfach, wo er den Schiffbruch geschehen haben lassen wollte: „[…]; und selbst bei diesem günstigen Wind müßte man mit mindestens zwei Tagen nach Batavia rechnen.“ / „[…] und sie nach Batavia zu schicken, […]. ZweihundertMeilen […]?“ / „Als die Diane auf das in keiner Karte eingezeichnete Riff lief, befand sie sich auf dem Rückweg von Pulo Prabang [fiktiv] nach Batavia, […]. […], um bei vermeintlich günstigen Wetterbedingungen die restlichen zweihundert Meilen auf eigene Faust zurückzulegen.“ (POB14, 13, 39, 79) – und aus dem englischen Original bei Dean King in HHS, „[…] the Diane’s wreck on an uncharted reef occurs somewhere south of the False Natunas, »two days with a good wind in the proa« (no more than two hundred miles) from Batavia.“ (HHS, 166)


    Geht man bei den Meilen von Seemeilen [=1,852 km] und einem Etmal von hundert Seemeilen aus, entspricht das einer Strecke von 400km. Nimmt man dann das Besteck zur Hand und setzt Batavia [Jakarta] als Endpunkt, landet man immer noch weit südlich der Natuna-Inselgruppe genau in der Gaspar-Straße zwischen Bangka und Belitung – und dort gibt es reichlich kleine Inseln (-2.992571, 107.200489).


    Das trifft das geschilderte Schicksal von Aubrey, Maturin und der Diane mal wieder ziemlich genau…


    Möchte man bei der literarischen 32er-Variante mit 18-Pfündern bleiben, aber nicht auf die französische Herkunft verzichten, fallen die Fregatten aus der von Trinque vorgeschlagene britische Amphion-Klasse ehrlicherweise auch weg.


    Viel einfacher und naheliegender ist wieder mal der Blick auf die erbeuteten französischen Fregatten nach 1803, z.B. aus der Pallas-Klasse von Jacques-Noël Sané (1805). „This Sané design amounted to the standard 40-gun French frigate design of the Napoleonic Empire period, to which some sixty-plus ships were ordered. Twelve frigates of this design were taken by and added tot he RN over the last few years of the war.“ (W2, 181)


    Alternativ die Vorgängerbaureihe von Sané, die L’Hortense-Klasse (allerdings 24-Pfünder). Annäherndes Beispiel böten die Daten der Daedalus (fr.-ital. La Corona, Venedig 1806-08): Sollstärke bei 274 Mann; bewaffnet mit 28 24-Pfündern, Achterdeck mit 14 24-Pfünder Karronaden, Back 2 6-Pfünder und 2 24-Pfünder Karronaden. 1811 in der Schlacht von Lissa erbeutet, 1812 ausgerüstet und ab Oktober 1812 unter dem Kommando von Captain Murray Maxwell. Order nach Ostindien im Januar 1813, zerstört vor Ceylon im Juli 1813. (W2, 180f.)


    Als Beispiel Linienrisse der Modeste 1814 (La Terpsichore, Pallas-Klasse, 1810-12. 28 18-Pfünder, 14 32-Pfünder Karronaden, 2 9-Pfünder Jagdgeschütze sowie 2 32-Pfünder Karronaden) (W2, 181)




    POB12 = Patrick O’Brian: Sieg der Freibeuter, 3. Aufl., Berlin 2006.
    POB13 = Patrick O’Brian: Tödliches Riff, 3. Aufl., Berlin 2004.
    POB14 = Patrick O’Brian: Anker vor Australien, Berlin 2006.

    9. HEIC Niobe


    Für das Abenteuer im Roten Meer befehligt Aubrey eine (ehemalige/angekaufte) Slup der (Honourable) East India Company, die Niobe.


    Die EIC besaß eine Vielzahl bewaffneter (Schiff-) Slups zum Geleitschutz von Konvois in ihren Reihen. Bekanntestes Schiff dürfte die in Bombay gebaute Aurora (1808/9) sein, die gleich nach ihrer Indienststellung an der gemeinsamen Operation von Royal Navy und EIC im Persischen Golf und der Straße von Hormus beteiligt war. Dabei sollten arabische Piraten, ihre Schiffe und Stützpunkte vernichtet werden, die ihrerseits immer wieder Raubzüge gegen die britischen Handelskonvois unternahmen.


    Hier könnte es sich zumindest um eine „echte“ geographische Parallele handeln… ;)


    Interessanterweise wurde die Aurora 1810 von den französischen Fregatten erobert, die vor Mauritius, La Réunion, … stationiert waren, um bei der Besetzung der Inseln der im Oktober 1810 wieder in britische Hände zurück zu fallen.


    Auch die bei Low für 1813 und 1814 erwähnten Operationen gegen indonesische Fürsten mit geheimdienstlichen Aspekten weisen mal wieder Ähnlichkeiten mit POBs Roman auf. (Wiki, HCS Aurora)


    Die Aurora war nur mit 14 Geschützen ausgerüstet, Bruce Trinque wählt auf seiner Seite The Ships of Jack Aubrey die Slup Osprey als mögliches Vorbild bzw. Alternative aus.




    Passender wäre vielleicht der ehemalige Kauffahrer Autumn, ausgerüstet mit 14 Karronaden (24- und 18-Pfünder), der von 1811 bis Ende 1814 im Mittelmeer tätig war. (W2, 269f.)

    8. Worcester


    Nach einer filmreifen Geheimflucht von Paris zurück nach England startet das nächste Abenteuer wieder von England aus. Jack Aubrey ist aus finanziellen Gründen gezwungen, „ein wenig attraktives Kommando“ zu übernehmen. (POB8, 13)


    Dieses Kommando (Toulon-Blockade) ist die Worcester. Und damit beginnen die Schwierigkeiten bei der sonst so geschickten Schiffsauswahl. Passenderweise gab es eine Worcester in der Royal Navy, auf der auch noch das Idol Jacks, Lord Nelson, während der Amerikanischen Revolution tätig war. Darüber hinaus stand die Worcester auch noch in den „1812a-b“ Jahren POB’s bis 1815 in Diensten der Royal Navy. (HHS, 113; W1, 101f.)


    Auch Dean King geht daher in HHS davon aus, dass es sich dabei um die bereits 1769 fertiggestellte 64er 3. Ranges handelt, stuft sie aber, wie POB selbst vorgibt, zu einer 74er hoch. (HHS, 113)


    Was also prinzipiell passen würde, widerspricht den Aussagen, die POB bzw. Aubrey machen:


    „[…] [D]ie Worcester, vierundsiebzig Kanonen: Sie war eines der wenigen noch im Dienst befindlichen Linienschiffe aus der berüchtigten Baureihe, die als „Vierzig Diebe“ bekannt wurde. Die Schiffe waren von privaten Auftragnehmern mit einem solchen Ausmaß an Schlamperei gebaut worden, was Planken, Kniestücke, Halterungen, ja ihre gesamte Konstruktion anging, daß eine derartige Unredlichkeit selbst in Zeiten weitverbreiteter Korruption einiges Aufsehen erregt hatte. Besonders starke Worte waren von denen gekommen, die mit diesen Schiffen in See gehen mußten.“ (POB8, 13f.)


    1813 Schiffe, die erst ab 1806 geordert worden und größtenteils noch nicht mal gebaut waren, als „alt“ zu bezeichnen, passt nicht recht zusammen. Auch die Aussage im Folgeband, dass die Worcester nach etlichen Beschädigungen zur Kranhulk umgerüstet werden soll, passt eher zur Biographie der echten Worcester als zu einer der „Vierzig Diebe“. (POB9, 123) Da sind vielleicht die Fakten etwas durcheinander geraten…


    Als „Vierzig Diebe“ [Forty Thieves] wurden die Schiffe der Armada-Klasse bekannt. Winfield schreibt dazu:


    „Nach Trafalgar initiierte Napoleon in denen von Frankreich kontrollierten Gebieten ein groß angelegtes Bauprogramm für Schlachtschiffe. Um dem entgegenzusteuern, kam die britische Admiralität zum dem Schluss, ebenfalls die eigene Flotte quantitativ aufzurüsten und dafür eine neue Einheitsklasse zu entwickeln. Sowohl Peake als auch Rule entwarfen eigene Konstruktionen, aber das Navy Board beauftragte sie, zusammen zu arbeiten, um so das Beste aus beiden Konstruktionsentwürfen zusammenzuführen. So entstand das von Peake und Rule auf Grundlage der Courageux entwickelte „Surveyor“-Design, welches allgemein wegen der angeblich völlig überhöhten Baukosten als die „Vierzig Diebe“ bekannt wurde. In der Tat schien das Design so erfolgreich wie erhofft gewesen zu sein, aber die meisten Schiffe dieser Baureihe kamen erst nach Ende der Ära der großen Flottenschlachten in den Dienst und konnten so kaum Kampfesruhm ernten.


    Mengenmäßig wurden mit Ausnahme der französischen Téméraire-Baureihe (ca. 90 Schiffe) so die meisten Schiffe auf Grundlage einer einzigen Konstruktion gebaut. Das Design wurde am 1. Oktober 1806 zugelassen, obwohl die Nachfolgereihe (Vindictive) schon achteinhalb Monate zuvor in Auftrage gegeben worden war.“ (W2, 79 „Armada-Class“)


    Die Sollstärke der 74er 3. Ranges betrug 590 Männer. Die Bewaffnung bestand aus 28 32-Pfündern, 28 18-Pfündern sowie 6 12-Pfünder und 12 32-Pfünder Karronaden. (W2, 79)



    Allein in der langen Liste der Schiffe der Armada-Klasse findet sich kein Schiff mit dem Namen Worcester. Also blieben nach dem Ausschlussverfahren nur die Schiffe übrig, die 1812-1813 im Mittelmeer, bestenfalls bei der Toulon-Blockade, stationiert waren.


    Fünf Schiffe ständen danach noch zur Auswahl: Armada, Ajax, Berwick, Edinburgh oder Rodney.


    Heißeste Kandidaten für Aubreys Kommando wären nach Durchsicht der Daten die Armada, Berwick oder Edinburgh. (W2, 79-85)


    Persönlicher Favorit wäre die bei Samuel & Daniel Brent in Rotherhithe 1807 bis 1811 gebaute und in Woolwich ausgerüstete Edinburgh. Den Kosten nach gehörte sie aber eher zum Durchschnitt als zu den außergewöhnlich teuren Vertretern ihrer Klasse. Der Bau kostete £ 57.006, die zusätzliche Ausrüstung insgesamt £ 26.022 [= £ 83.028]. (W2, 81)


    74er-Schiffe anderer Baureihen kosteten im Verhältnis nur £ 50.000 – 60.000.



    Zitat von Richard Howe

    Zu den „Vierzig Dieben“: Dazu muss aber fairerweise auch das historische Gesamtbild unter Berücksichtigung von Krieg und Wirtschaft betrachtet werden. Denn seit 1792/93 kämpfte Großbritannien in verschiedenen Koalitionen gegen das revolutionäre Frankreich (ab 1799 unter der Führung von Napoleon). 1806/7 erreichte die Europa- und Kriegspolitik Napoleons ihren Höhepunkt, nachdem auch Preußen im Vierten Koalitionskrieg zusammengebrochen war, die Kontinentalsperre gegen Großbritannien errichtet und Kontinentaleuropa in eine französische und eine russische Interessensphäre aufgeteilt worden war.
    Wenn die Admiralität im Gegenzug ihre Flotte trotz europäischer Handelssperre massiv aufstocken wollte, ist nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen klar, dass sich bei verknappenden Rohstoffen und steigender Nachfrage die Preise rasant verteuern (Nachfrageüberhang).


    Dies wird u.a. auch daran deutlich, dass von den 1806-1812 georderten Schiffen der Armada-Reihe letztlich nur 29 gebaut wurden bzw. nicht mal ein Viertel dessen bis Mitte 1815 einsatzbereit waren. (W2, 85; Anmerkungen zur Armada-Class)



    Die Edinburgh wurde im Juni 1811 erstmals unter Captain Robert Rolles kommissioniert und im Januar 1812 in das Mittelmeer beordert. Unter Kommando von Captain George Dundas ab November 1812. Einsatz im Golf von Spezia im April 1813, Boot-Attacke auf Anzio im Oktober 1813. Danach unter mehreren Kapitänen im Mittelmeer, zur Überholung und Reparatur nach Portsmouth November 1814. (W2, 81)


    An zweiter Stelle käme die Berwick, ab November 1811 ins Mittelmeer beordert, Eroberung der Schebecke La Fortune (10) im Mai 1813 unter Captain Edward Brace und bis 1816 dort stationiert (Cpt. J. Nash). (W2, 80f.)


    Nach dem Tode Captains Latham’s übernimmt im Roman Aubrey wieder die Surprise. (HHS, 118)



    POB8 = Patrick O’Brian: Die Inseln der Paschas, 3. Aufl., Berlin 2005.


    POB9 = Patrick O’Brian: Gefahr im Roten Meer, 4. Aufl., Berlin 2007.

    7. Ariel

    In Band 6 sind unsere Helden nur Zuschauer, was um sie herum geschieht. Gerade was das stundenlange Duell zwischen der Java und der USS Constitution und später der Shannon gegen die USS Chesapeake angeht.


    Zwischendurch darf Maturin geheimdienstlich tätig werden und auch seine Dauerliebe Diana rundet das Abenteuer in Boston ab.


    Das nächste Kommando, welches Aubrey übertragen wird, ist die Ariel, eine Slup mit 16 Geschützen. Eine diplomatische Mission führt durch die Nord- in die Ostsee, wo die fiktive Inseln Grimsholm besetzt werden soll.


    Nach gelungener Arbeit erhält Aubrey den Auftrag, einem riesigen Konvoi durch die Ostsee, den Kanal und die Biskaya bis nach Santander Geleitschutz zu geben. Vor der Bretagne läuft die Ariel aber auf Felsen auf und Aubrey, Maturin und Jagiello fallen in französische Hände und finden sich am Ende im Temple-Gefängnis von Paris wieder (s. Vergleich zu Wright und Smith, s.o.). (HHS, 108)


    Die Ariel gehörte zu der erneuerten Merlin-Klasse von William Rule (1795), die mit kleinen Veränderungen (feste Verkleidungen auf Vor- und Achterdeck) nach dem Friedensbruch 1803 weiterverwendet wurde und mit 16 32-Pfünder und 6 12-Pfünder Karronaden sowie 2 12-Pfünder Geschützen ausgestattet waren. (W2, 255, 257)


    Die Ariel sollte von N. Palmer in Yarmouth gebaut werden, was aber irgendwie schiefging und so der Eintrag „completed by government“ hervorbrachte. Daher verlängert sich die durchschnittliche Bauzeit von zwei auf gut vier Jahre (Order: November 1802, Kiellegung Februar 1803, Fertigstellung Juni 1806 in Chatham).


    Erste Einsatzziele waren von 1806-1814 die Nordsee und das Baltikum ohne nähere Angaben. Danach folgte noch ein längerer Einsatz an der afrikanischen Küste, bevor die Ariel Mitte Juli 1816 in Deptford für £ 1.000 verkauft wurde. (W2, 258)


    5. Leopard

    Die Leopard (50) taucht schon in Band 4 als Teil der Verstärkungen auf, die La Réunion besetzten. Bei dem Geschwaderduell vor Mauritius gegen die Victor, Minerve, Bellone und Ceylon ist sie allerdings nicht dabei.


    Nach dem zumindest finanziell erfolgreichen Abenteuer um Mauritius und der Rückkehr nach England finden sich Jack und Stephen für ihren nächsten Törn nach Australien über Sumatra auf der besagten „alten und unbeliebten“ Leopard wieder.


    Auch hier sind die Verbindungen recht eng, wenn man berücksichtigt, das die Leopard 1808 als Flaggschiff Admiral Bertie’s diente und Zieleinsatzort das Kap der Guten Hoffnung war. Jener Admiral, der im Roman dort Jack erst das Kommando über das Mauritiusgeschwader überträgt. (HHS, 81)


    Auch sonst kam die Leopard als Flaggschiff einiger Admiräle weit herum. Gerade die aufkeimenden Feindseligkeiten in Nordamerika veranlasste die Admiralität, die Einsatzzeit der 50er 4. Ranges zu verlängern bzw. für den Einsatz in den für größere Schiffe unübersichtlichen und schwer schiffbaren Küsten neue zu ordern.


    Ungewöhnlich scheint der Bau der Leopard abgelaufen zu sein. Im Oktober 1775 geordert und im Januar 1776 in Portsmouth auf Kiel gelegt, wurde der weitere Bau nach Sherness beordert. Bis 1779 wechselten die Shipwrights insgesamt dreimal, ohne dass der Bau an sich weitergegangen zu sein scheint. Der Verlauf und das Ende des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges taten wohl ihr übriges. Trotzdem wurde der Bauauftrag im Mai 1785 erneuert und bis zur letztlichen Fertigstellung im Mai 1790 gab es erneut einen dreifachen Wechsel der Bauleiter. Trotzdem blieben die Kosten mit £ 27.953 im durchschnittlichen Rahmen. (W1, 158f.)


    Die Leopard gehörte zur „erneuerten“ Portland-Klasse von 1766 aus der Feder von John Williams. Diese Schiffe galten im Gegensatz zu denen der Salisbury-Klasse von Slade nicht gerade als schneller Segler, dafür wurde ihnen aber gerade bei schlechtem Wetter bessere Eigenschaften zugesprochen (was vielleicht den Ausschlag für einen möglichen Einsatz in den nordamerikanischen Küstengewässern gegeben haben mag?). (W1, 156)


    Als Bewaffnung waren 22 24-Pfünder, 22 12-Pfünder sowie 6 6-Pfünder Geschütze vorgesehen; Sollstärke 350 Mann. So trat die Leopard erstmals im Sommer 1790 ihren Dienst an; von 1794-1796 erstmals als Flaggschiff. Im Mai 1797 war sie eines der von der Nore-Meuterei betroffenen Schiffe, danach folgten Einsätze in ostindischen Gewässern und vor Ägypten. In der Folge war die Leopard als Flaggschiff verschiedener Admiräle im Kanal, der Nordsee und in Kanada (Eroberung der USS Chesapeake 1807), dann, wie oben erwähnt, der Einsatz in Südafrika bis 1809/10.


    Ende 1810/Anfang 1811 erfolgt dann in Chatham der Umbau zum Truppentransporter mit nur noch 26 Geschützen. (W1, 158f.)



    Der Unterstützungseinsatz (als Truppentransporter) im Sommer 1810 bei der Mauritiuskampagne wäre also zeitlich und örtlich durchaus möglich gewesen.


    „Truppentransport“ trifft auf Aubreys Kommando in die (Straf-) Kolonie New South Wales im weitesten Sinne auch zu.


    Auch wenn die Leopard hier von-über-auf benutzt wird, ist auch der ungewollte Abstecher in die Antarktis nicht völlig frei erfunden. Folgt man den Angaben Dean Kings in HHS (HHS, 90f.), so basiert Jacks und Stephens ungewollte eiskalte Reise auf dem Kommando von Lieutenant Edward Riou. Riou übernahm im April 1789 die Guardian (44) aus der Roebuck-Klasse, die wie die 50er als „leichte“ Zweidecker mit geringem Tiefgang für den Einsatz in amerikanischen Küstengewässern gedacht waren. (W1, 176, 182)


    Im September 1789 erhielt Riou die Order, die Botany Bay anzusteuern. Am 24. Dezember 1789 kollidierte man allerdings mit einem Eisberg (in der Nähe der Prince Edward Inseln) und „sailed to Cape Town as little more than a raft, arriving 21.2.1790 in sinking condition.“ (W1, 182)


    Ebenso wie Aubrey später im Roman erlaubte Riou seinen Besatzungsmitgliedern, das dem Untergang geweihte Schiff zu verlassen. (HHS, 90)


    Im Roman widerfährt südöstlich von Kapstadt Jack das gleiche Schicksal, nachdem er sich eine ganze Zeit lang mit der niederländischen Waakzaamheid herumschlagen musste. Auch dieses Schiff ist keine Erfindung von POB, sondern auch nur eine britische Prise, die größer dargestellt wird, als sie eigentlich war. Die Waaksaamheidt (24, 6. Rang) wurde im Oktober 1798 vor Texel erobert, 1801 in Dienst gestellt und ein Jahr später schon wieder verkauft. (W1, 235)


    Als Fluchtpunkt der im Eis eingeschlossen bzw. wieder reparierten Leopard sind aber weder die Crozet Inseln noch das als Desolation Island bekannte Kerguelen im südlichsten Indischen Ozean (beide 1772 entdeckt). Denn im 13. Band lässt POB Aubrey gegenüber einem Midi sagen, dass Kerguelen nicht „unser“ Desolation sei, denn dieses wäre kleiner und weiter südöstlich gelegen. (HHS, 91)


    Danach bleiben nur die über 300 Seemeilen südlich gelegenen Heard oder McDonald Inseln (heardisland.antarctica.gov.au) übrig, auch wenn diese offiziell erst 1853 entdeckt wurden. (HHS, 91)


    Schaut man sich McDonald (-53.0407989, 72.5981664) oder die Heard-Insel an, so schauen diese aus dem Weltall perfekt als Strandungsort (vor allem McDonald) aus.

    Zu 1: Sophie


    Aubrey darf an Bord der Sophie die Erlebnisse Cochranes mit der Speedy nacherleben, aber POB suchte sich für seinen Helden doch ein anderes Schiff, pardon, eine andere Brigg-Slup als Vobild aus. Schaut man sich die Daten bzw. Anmerkungen und die sich daraus ergebenden Verbindungen dazu an, fällt es einem fast wie Schuppen von den Augen, wer und was alles POB als Grundlage für seine Romane gedient haben könnte.


    Als die Briten Port Mahon bzw. Menorca eroberten (1798), fielen ihnen nicht nur einige Schiffe in die Hände, sondern auch die auf den Werften aufbewahrten Pläne. Passend zu den Plänen der Eric (?) eroberte man 1799 ein Schiff, was ebenfalls nach diesem Plan gebaut wurde: die Vincejo (Vensejo?; El Vencejo = span. Für Mauersegler). (NMM, ZAZ4275)


    Dabei handelte es sich um eine, ebenfalls wie die Speedy, zweimastige Brigg-Slup. Im Gegensatz zur Speedy war die Vincejo allerdings mit 16 18-Pfünder Karronaden und und 2 6-Pfünder Geschützen ausgerüstet, Sollstärke betrug 100 Mann. Sie wurde im März 1799 im Mittelmeer von der Cormorant erobert.


    Die weiteren Stationen in der Royal Navy und die damit verbundenen Ereignisse und Anekdoten sind genug Indiz dafür, warum POB sie möglicherweise verwendete…


    So wurde z.B. unter ihrem ersten Kommandanten im April 1800 der Freibeuter La Surprise erobert. Im November 1803 übernahm ein gewisser Commander John Wright das Kommando über die Vincejo. Im Mai 1804 wurde die Brigg schließlich von 17 (!) französischen Kanonenbooten in der Bucht von Quiberon aufgebracht, an Bord starben 2 Mann, weitere 12 wurden verwundet.


    Im November 1810 wurde die nun als Freibeuter La Comte de Reginaud bekannte Vincejo erneut von den Briten erobert, aber nicht mehr in deren Dienst übernommen. (W2, 288f.)




    Einer der gefangengenommenen Briten saß daraufhin im Bergfried (Gefängnis) des Temple in Paris ein – der Ort, an dem später auch Jack, Stephen und Jagiello etwas Zeit verbringen (POB, Band 7) … ;)


    Auch die Anmerkungen, die Rif Winfield zu dieser auf den ersten Blick unbedeutenden Prise macht, führen uns auf die die Spuren POB’s. So heißt es als Bildunterschrift zu der Kampfdarstellung in der Quiberon-Bucht:


    „Die Vincejo war eine spanische Prise mit denen für eine Brigg untypischen Merkmalen eines Achter- sowie eines Vorderdecks (Back). Es war vielleicht diese Besonderheit (welche das Schiff eher wie einen Kauffahrer aussehen ließ), die es ihr erst ermöglichten, küstennahe Spionage und andere „geheimnisumwitterte“ [cloak and dagger] Dienste ausführen zu können.


    Unter dem Kommando von John Wesley Wright, einem Geheimdienstspezialisten und engen Bekannten von Sir Sidney Smith, wurde die Brigg eventuell im Mai 1804 nach einer epischen Schlacht gegen eine Übermacht französischer Kanonenboote u.a. kleinerer Schiffe gekapert. Wright wurde im Temple-Gefängnis in Paris inhaftiert, wo er unter äußerst mysteriösen Umständen im Oktober 1805 verstarb.“ (W2, 288)


    Schaut man sich die biographischen Daten der beiden genannten Offiziere einmal an, können die Parallelen zu Jack Aubrey und Stephen Maturin nicht nur zufällig sein – aber das wäre Material für ein weiteres, eigenes, Thema… ;)

    Vielen Dank für das positive Feedback! :danke:


    @Jethro Tyrell: Werde ich mir anschauen. Ich glaub von der Seite hatte ich mir vor Jahren mal die Pläne für die Bücher im Scheckkartenformat ausgedruckt. ;)


    Ich hatte jetzt bewusst nicht im Netz nach irgendwelchen Infos gesucht und mich erstmal nur auf die Angaben von POB selbst und denen in Harbors & High Seas bzw. den offiziellen Akten gestützt.
    Eines wird dabei aber schnell deutlich, nämlich dass POB im Vorfeld ordentlich nachgeforscht hat und nicht völlig erfundene Stories anbietet.

    @Speedy: Danke für das Lob und die Info zu der Surprise. Da werde ich gleich mal schauen, ob es entsprechendes Material gibt und ergänzen.


    Ohne die Anmerkungen zu "entlehnten" bzw. "kopierten" Designs (Industriespionage war also auch schon im 18. Jahrhundert ein brummendes Geschäft...) in den Büchern von Winfield wäre es sehr schwer geworden, entsprechende Konstruktionszeichnungen zu finden.


    Farblich werde ich die schon verwendeten Risse nochmals bearbeiten, da das bloße "Zusammenstauchen" der Tonwerte zwar die verblasste Tinte wieder hervorhebt, alle anderen Farben aber regelrecht absaufen lässt.


    4. Boadicea und Raisonable (Raisonnable)


    Bis auf eine weitere Ausnahme bleibt sich POB treu, indem er sich die Biographie der Schiffe für seine Geschichten ausleiht und je nach Bedarf natürlich etwas an seine Erfordernisse anpasst.


    So erhält Jack Aubrey das Kommando über die Boadicea, eine 38er Fregatte, mit der er über das Kap der Guten Hoffnung in den Indischen Ozean vordringen soll; an Bord befindet sich der designierte Gouverneur für Mauritius, der nach erfolgreicher Eroberung der Insel durch vereinte britische Kräfte dort sofort sein Amt aufnehmen soll. (HHS, 79)


    Warum unternimmt Aubrey diese Fahrt nicht auf der Surprise? Ganz einfach: gute Recherche durch POB – denn die Boadicea erfüllt diese Aufgabe vor den realen und fiktiven Elementen des Romans perfekt.


    Die Boadicea war quasi ein Nachbau auf Grundlage des Designs der erbeuteten französischen Fregatte Imperieuse. Diese entstammte den Entwürfen der La Junon-Klasse aus der Feder von Joseph-Marie-Blaise Coulomb, aus der auch die beiden berühmten La Minerve-Fregatten (I und II) hervorgingen. Da Konstruktion und Bau die meisten Standards bei weitem übertrafen, kopierte man das Design für eigene Neubauten und auch die meisten der erbeuteten Fregatten waren länger im Dienst als viele andere Schiffe. (W2, 150, 159f.)


    Von der Kiellegung bis zur Fertigstellung im September 1797 vergingen knapp zweieinhalb Jahre. Die Gesamtkosten der bei B. & E. Adams in Bucklers Hard gebauten Fregatte beliefen sich auf £ 30.669. Sollstärke betrug 284 bzw. später 315 Mann. Die Bewaffnung bestand aus 28 18-Pfündern, 16 32-Pfünder Karronaden und 2 9-Pfündern. (W2, 150)


    Während ihres Dienstes zwischen 1797 und 1807 war die Boadicea an einer Reihe von Eroberungen französischer und spanischer Schiffe beteiligt.


    Im Juni 1808 erhält Captain John Hatley das Kommando über das Schiff und Anfang 1809 den Auftrag, mit ihr zum Kap der Guten Hoffnung aufzubrechen.





    Während Jack Aubrey im Roman ungefähr auf Höhe der Kanaren die Wiedererbeutung zweier ehemaliger britischer Schiffe (Hébe/Hyaena und Intrepid Fox) gelingt, findet sich im Original diese Szene im Herbst 1810 im Indischen Ozean bzw. vor Réunion wieder: Rückerbeutung der L‘ Africaine (38), Kaperung der La Vénus (40) und Rückeroberung der Ceylon (32). (HHS 79f.; W2, 150)


    Am Kap der Guten Hoffnung angelangt, wird Aubrey zum Commodore ernannt, sein Flaggschiff wird die Raisonable (64er, 3. Rang), auf der auch schon sein Idol, Horatio Nelson, als junger Midi unter seinem Onkel Maurice Suckling diente (Nov. 1770 – Mai 1771). (HHS, 81; W1, 100)


    Die Raisonable (auch Raisonnable) ist z.B. im Gegensatz zur Surprise ein wirklich altes Schiff, auch wenn sie als 64er 3. Ranges immer noch zu den Linienschiffen (Ship of the Line) zählte.


    Das Design für die Raisonable entwarf Thomas Slade (Ardent-Klasse), der dies direkt von der bereits 1747 erbeuteten Fougeux kopierte. Zwischen Bauauftrag (Dez. 1762) und Kiellegung (Nov. 1765) vergingen fast drei Jahre – hier kam der Ende des French & Indian War bzw. des Siebenjährigen Krieges dazwischen. Fertiggestellt wurde das Schiff allerdings erst im Winter 1770. Die Gesamtkosten betrugen £ 35.321.


    Nachdem der Streit um die Falkland Inseln diplomatisch beigelegt werden konnte, wurde die Raisonable nach nur fünf Monaten schon wieder außer Dienst gestellt. Bis zur Amerikanischen Revolution wurde sie meist als Bewachungs- bzw. Schutzschiff eingesetzt. Während des Unabhängigkeitskrieges war sie meist in den Geschwadern von Lord Howe zu finden (z.B. bei dem Schlagabtausch mit d’Estaing 1778, Belagerung von Gibraltar 1782). Nach verschiedensten Einsätzen in der Karibik und der Irischen See war sie auch (kampflos) an der Schlacht von Kopenhagen beteiligt. Unter Captain Josias Rowley wurde die Raisonable 1806 zum Kap der Guten Hoffnung und danach auf die südamerikanische Station (bis 1810) befohlen. (W1, 100f.)




    Hier kreuzen sich also theoretisch die (non-) fiktionalen Wege der beiden Schiffe, die POB für seine Geschichte verwendet.


    So scheint es denn auch kaum ein Zufall zu sein, wenn man in den Aufzeichnungen über die Boadicea erfährt, dass diese an der Besetzung von St. Paul auf Réunion (Nachbarinsel von Mauritius) im Juli 1810 beteiligt war. (W2, 150)


    Und so erklärt uns der Autor höchst selbst in einer Vorbemerkung, dass in diesem Falle die Basis der Erzählung, ein fast vergessenes Unternehmen im Indischen Ozean, auf Tatsachen beruhe. „Bei Geographie, Manövern, erbeuteten, gebrandschatzten, versenkten oder sonstwie vernichteten Schiffen, bei Gefechten, Schlachten, Siegen und Niederlagen [habe POB sich] eng an zeitgenössische Berichte, Logbücher und an die Depeschen der beteiligten Offiziere gehalten, ebenso an die Akten der britischen Admiralität.“ (POB4, 7)


    3. Surprise


    Das Kommando über die Suprise erlangt Aubrey nur dank des Einflusses seines Freundes Stephen Maturin beim britischen Marinegeheimdienst, der ihn damit auch vor weiterer Schuldhaft rettet. (HHS, 74). Die meisten Abenteuer erleben Jack und Stephen in den kommenden Jahren bis 1815 (inklusive der Jahre 1812a, b, …) an Bord der Surprise.


    Wenn die Fregatte als „alt“ bezeichnet wird, dann kann sich das eigentlich nur auf die Größe und die Art der Bewaffnung beziehen, womit die Surprise einer älteren Epoche der Seekriegsführung angehört.


    Schaut man sich die echte Surprise an, passt sie zumindest von ihrer Vita her sehr gut zu „Lucky“ Jack Aubrey. ;)


    Die „echte“ Surprise wurde ursprünglich 1793-1794 als französische L‘ Unité der gleichnamigen Klasse in Le Havre als Korvette nach den Plänen von Pierre-Alexander Forfait gebaut. Im April 1796 wurde sie im Mittelmeer bei Bône von der Inconstant aufgebracht und bereit im Juni desselben Jahres von der Royal Navy angekauft und als Fregatte 6. Ranges mit 28 Geschützen klassifiziert. Schwesterschiff war die (La) Tourterelle (ex La Fidèle), die bereits ein Jahr zuvor in die Hände der Briten gefallen war.


    Die offizielle Bewaffnung bestand aus 24 9-Pfündern, 10 4-Pfünder Jagdgeschützen sowie 6 12-Pfünder Karronaden. Allein im Vergleich mit der Lively entsprach diese Bewaffnung nicht mehr dem Stand der Technik.



    Berühmt und bekannt geworden ist die Surprise und ihre Mannschaft durch die Wiedereroberung der Hermione im Oktober 1799 aus dem schwer bewachten spanischen Kolonialhafen von Puerto Cabello (Venezuela). Von Juni 1796 bis Oktober 1799 operierte die Surprise in der Karibik unter Commander/Captain Edward Hamilton. Während dieser Zeit gelang auch noch die Kaperung kleinerer Schiffe wie der La Lanvette, La Petite Francaise und La Lionne. Offiziell wurde sie im Februar 1802 in Deptford verkauft. (W2, 225f.)


    Beste Voraussetzung, um auch zukünftig abseits des offiziellen Kriegsgeschehens im Auftrag des Geheimdienstes bzw. der Admiralität tätig sein zu können


    2. Polychrest und Lively


    Nachdem der Friede von Amiens 1803 wieder gebrochen wurde, erhält Aubrey, der für das Gefecht mit der überlegenen Cacafuego aus irgendeinem lächerlichen Grund nicht befördert werden konnte, das Kommando über „Experimentalschiff“ Polychrest, welches bei POB „Zimmermanns Irrtum“ genannt wird. Die lässt sich u.a. darauf zurückführen, dass das Schiff „double-ended“ konstruiert wurde, also weder Heck noch Bug hat, sondern mit Rudern an beiden Enden ausgerüstet ist. (HHS, 58-60)


    Bewaffnet wird das Schiff mit 24 32-Pfünder Karronaden. (POB2, 219)


    Und tatsächlich gab es ein solches „Fahrzeug“, wie POB es beschreibt. In den Archiven der Admiralität taucht ein von William Congreve entworfenes Mörserschiff mit dem passenden Namen Project auf, welches wie die Polychrest über 3 Masten verfügte und zusätzlich mit 32 Rudern vorangetrieben werden konnte. In der Originalversion war das Schiff ausschließlich mit zwei 10-Inch Mörsern bewaffnet.


    Einen Monat nach Auftrag erfolgte die Kiellegung im August 1805 im Woolwich Dockyard. Im Frühjahr 1806 erfolgte die Fertigstellung und im Juli die Indienststellung der Project unter Lieutenant Thomas Pipwell. Bereits nach seinem zweiten Einsatz wurde das Schiff im September 1807 wieder ausgemustert… (W2, 376)



    Danach übernimmt Aubrey interimsweise das Kommando der Lively (und führt es im Folgeband auch weiter). Hier „borgt“ sich POB erstmals 1:1 die Vita eines Schiffes für seine Geschichten aus. Lediglich im Roman bekommt die Lively noch ein Vorleben verpasst, wenn es heißt, sie wäre zuvor in Ostindien stationiert gewesen und z.B. auch mit Manila-Tauwerk ausgerüstet.


    Über ein mögliches Einsatzziel ist nicht bekannt, außer das ein Rendezvous mit den britischen Schiffen Indefatigable, Medusa und Amphion bevorsteht. Geheimziel ist das Abfangen der aus Südamerika zurückkehrenden spanischen Schatzflotte. (HHS, 62)


    Die „echte“ Lively wurde als Fregatte 5. Ranges mit 38 Geschützen bei der Royal Navy eingestuft. Als Prototyp erwies sich die Konstruktion von Sir William Rule als so erfolgreich, dass nach ihrem Vorbild noch weitere 15 Schiffe gebaut wurden. 284 Männer sollten an Bord ihren Dienst versehen. Die Lively wurde mit 28 18-Pfündern, 4 9-Pfünder (Jagd-) Geschützen und 14 32-Pfünder Karronaden ausgerüstet.


    Zwischen Auftrag und Kiellegung im Woolwich Dockyard (Nov. 1801) vergingen zwei Jahre. Kosten sind nicht angegeben, dürften aber zwischen £ 30.000-35.000 gelegen haben.


    Für Aubreys Zusammenkunft mit den anderen Fregatten wird Herbst 1804 angegeben (HHS, 62). Die Lively wurde im Juli 1804 unter Captain Graham Hamond kommissioniert und der erste Einsatz führte an die spanische Küste, wo sie zusammen mit der Idefatigable, Medusa und Amphion tatsächlich im Oktober 1804 gegen vier spanische Fregatten der Schatzflotte operierten. Danach erfolgten mehrere (Konvoi-) Einsätze im Mittelmeer bis 1810. (W2, 157)


    Die Idee entstand beim wiederholten Lesen der POB-Reihe, des Kapitäns eigene Kommandos – also die Schiffe – mal näher unter die Lupe zu nehmen. Gerade wenn man Patrick O’Brians eigene Kommentare und z.B. die Erläuterungen aus Harbors and High Seas (HHS) im Hinterkopf hat. Ich hoffe nur, dass meine Ausarbeitungen nicht zu sehr dem Inhalt aus dem gleichnamigen Buch entsprechen…


    So macht POB keinen Hehl daraus, dass sein erster Band um Jack Aubrey zu großen Teilen auf der Biographie von Lord Cochrane basiert (z.B. Duell der Brigg-Slup Speedy gegen die spanische Schebecke Gamo, …). Auch wenn POB in diesem Fall im Roman den Schiffen andere Namen gibt (Sophie vs. Cacafuego), lässt er im Verlauf der Reihe immer wieder nicht-fiktionale Schiffe auftreten. Nicht nur für ferne Admiräle, sondern auch als Jacks eigene Kommandos; ebenso auf Seiten der feindlichen Franzosen.


    Daraus resultierte dann die Frage, wie viel „literarische Wirklichkeit“ in den Romanen bezüglich der Schiffe steckt – oder eben auch nicht.



    1. Sophie


    Jack Aubreys erstes eigenes Kommando 1800/1801 ist die HMS Sophie, eine mit 14 Kanonen ausgerüstete Brigg-Slup, mit der er unermüdlich unter der feindlichen Küstenschifffahrt wütet (L’Aimable Louis, Santa Lucia, …), das Duell gegen die eigentlich übermächtige spanische Schebecken-Fregatte Cacafuego gewinnt und sich letztlich dem weit überlegenen französischen Geschwader unter Admiral Linois geschlagen geben muss. (HHS, 49f.)


    Wie bereits erwähnt, basiert der erste Band größtenteils auf den Erlebnissen Lord Cochranes mit seiner Speedy.


    Die HMS Speedy stammt aus der nach ihr benannten Speedy-Klasse (2-Mast Slup), die 1781 entworfen wurde, um einen schlanken und schnellen Schiffstyp nach Kutterart zu schaffen. Der Auftrag zum Bau wurde im März 1781 gegeben, die Kiellegung bei Thomas King in Dover erfolgte bereits im Juni 1781. Ausrüstung und Kupferung wurden 1782 in Deptford vorgenommen. Die Kosten beliefen sich auf £ 4.200, 7s, 3p. Die Sollstärke betrug 90 Mann, ausgerüstet war das Schiff mit 14 4-Pfündern und 12 1/2-Pfund Drehbassen.


    Die Speedy wurde erstmals im Mai 1783 unter Commander Josias Rogers für den Einsatz in der Nordsee kommissioniert.


    Cochrane übernahm das Kommando im März 1800. Bereits im Mai gelang die Kaperung des mit 6 Kanonen bestückten Freibeuters L’Intrépide vor Sardinien. In den folgenden Monaten gelang die Eroberung der Freibeuter Asuncion (10) vor Bastia und der La Constitution vor Capera. Größter Erfolg war die Eroberung der spanischen Schebecke Gamo im Mai 1801 vor Barcelona.


    Der Tiefpunkt erfolgte Anfang Juli 1801 vor der spanischen Küste, als die französische 74er Le Desaix aus dem Geschwader Admiral Linois‘ die Speedy aufbrachte. (W1, 314f.)





    Aubrey ergeht es (fast) zur selben Zeit genauso. Er bringt mit seiner Sophie u.a. die L’ Aimable Louis, Santa Lucia, … und die Schebecke Cacafuego auf; und muss schließlich vor demselben realen Geschwader, bestehend aus Formidable, Indomptable, Muiron und Desaix die Segel streichen. (HHS, 50)


    HHS = King, Dean: Harbors and High Seas. An Atlas and Geographical Guide to the Complete Aubrey-Maturin Novels of Patrick O'Brian, 3. Auflage, New York 2000.
    W1 = Winfield, Rif: British Warships in the Age of Sail, 1714-1792, Barnsley 2007.
    W2 = Winfield, Rif: British Warships in the Age of Sail, 1793-1817, Barnsley 2005/2010.
    POB2 = O'Brian, Patrick: Feindliche Segel, 5. Auflage, Berlin 2007.
    POB4 = O'Brian, Patrick: Geheimauftrag Mauritius, 4. Auflage, Berlin 2006.

    Unlackiert wirken die Fensterstreben noch filigraner, als sie eh schon sind. das wird für wahr ein rechtes Schmuckstück! :D:thumbup:



    Hach, ist das wieder schön! Irgendwann muss es mal klappen, dann muss ich mal zur Werftinspektion bei dir aufschlagen - das Schmuckstück will ich unbedingt mal live sehen! :thumbup:

    Wir sollten mal wieder ein (vorweihnachtliches) (Mini-) Forentreffen in Hannover anberaumen...

    Die Sendung aus Hannover habe ich nicht gesehen...


    Ja, mit Crackers, IPA, Ginger Beer, Gin & Tonic sowie Bendicks Minzplätzchen war der Abend mit dem peruanischen Inka-Tenor sehr schön.

    War keine "tolle" Stimme für die Übertragung... da hätte man ja auch auf Peter Urban zurückgreifen können. Ich finde es sowieso merkwürdig/schade, dass der NDR nicht gleich die ganze BBC-Fassung mit Teil 1 und 2 übernimmt und live ausstrahlt. Die Gesamtwiederholung irgendwann in der Nacht vergesse ich jedes mal aufzuzeichnen, bzw. schaut man sich meist auch gar nicht mehr an.

    Es ist wieder soweit: morgen abend um 22.00 Uhr überträgt der NDR das Finale der 122. Saison der Promenadenkonzerte live aus der Royal Albert Hall - das erste Mal ohne Rolf Seelmann-Eggebert als Kommentator.


    Last Night of the Proms 2016


    Die Originalübertragung der BBC gibt es leider erst wieder in der Montagnacht von 2.30-5.30 Uhr.

    Wirklich toll, dass man das Schiff bzw. den Rumpf auch von unten her begutachten kann, wo sonst nur Wasser ist. Schöne Eindrücke!
    Zu Zeiten eines schwachen Pfudnes müsste man das glatt nochmal für den ein oder anderen Ausflug ausnutzen. :)