Vorübergehende Ernennung zum Captain der Royal Navy

  • Wer den Roman "Feindliche Segel" von POB kennt, der kennt auch die Episode mit Stphen Maturins vorübergehender Ernennung zum Captain der Royal Navy. Lord Melville und Sir Joseph Blaine wollen sich damit für Stephens Dienste erkenntlich zeigen und ihm einen vollen Kapitänsanteil an der spanischen Schatzflotte sichern.
    Im Roman wird dabei auf Sir Joseph Banks verwiesen, dem diesselbe Ehre zuteil geworden sein soll. Allerdings habe ich in den Weiten des Internets keinen Hinweis darauf gefunden, dass dem wirklich so war. Hat sich POB hier eine Räuberpistole erdacht oder hat er tatsächlich Recht? Immerhin stammt von ihm ja auch eine Biografie des berühmten Naturforschers.



    Unabhängig davon gab es diese Ehre aber tatsächlich, zumindest ist mir ein konkreter Fall bekannt, in dem der "Ehrencaptain" dann aber sogar ein Schiff befehligte, was wir weder Stephen Maturin, noch einem Schiff oder dessen Mannschaft zumuten würden. Bei diesem Captain handelte es sich um keinen Geringeren als Sir Edmund Halley, den Herrn mit dem Kometen. Er unternahm drei Reisen mit HMS Paramour, einer Pinke. Während der 1. Reise war er noch Zivilist, jedoch trotzdem Kommandant des Schiffes. Das führte zu Kompetenzproblemen mit seinen Offizieren. Deshalb erhielt er für die folgenden zwei Reisen den zeitweiligen Rang eines Captains.


    Vielleicht kennt ja jemand weitere Beispiele oder Hinweise auf Sir Joseph Banks.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • In welchen Zusammenhang soll das denn gestanden haben, dass Banks ehrenhalber in diesen Rang erhoben wurde (real)? Ich dachte Banks diente nur als Kontakt zum Marinegeheimdienst (fiktional)...

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Im letzten oder vorletzten Kapitel kommt Stephen mit der Nachricht über den beabsichtigten Kriegseintritt Spaniens nach Eintreffen der Schatzflotte nach London.
    Lord Melville und Sir Joseph Blane beschließen, die Schatzflotte abzufangen und Stephen soll als Berater im Hintergrund die Verhandlungen mit dem spanischen Admiral führen.
    Als Dank für die wichtige Nachricht erhält Stephen eine zeitlich befristete Ernennung zum Captain, um ihn so am Prisengeld zu beteiligen. Stephen protestiert, doch ihm wird erklärt,
    dass es beriets früher vorgekommen sei und eine besondere Auszeichnung der Navy darstelle. Als Beispiel wird Sir Joseph Banks genannt.


    Sir Joseph Blane ist zwar in gewisser Weise an Sir Joseph Banks angelehnt, was die naturwissenschaftliche Seite betrifft, doch Banks hatte nichts mit Geheimdiensten zu tun.
    Er war damals der Star am englischen Wissenschaftshimmel.


    Im 3. Band "Duell vor Sumatra" wird das Thema gleich im 1. Kapitel nochmals behandelt. Das Direktorium tagt unter der Leitung des neuen 1. Lords und man bespricht das Prisengeld für die Eroberung der Schatzflotte. Dabei fragt er, was es denn mit der Ernennung dieses Dr. Maturin zum Captain auf sich habe (womit er Stephens Tarnung zerstört) und Sir Joseph Blane erklärt, dass es eine wenn auch seltene, aber übliche Auszeichung für verdienmte Wissenschaftler sei, wie in der Vergangenheit für Banks und Halley.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Halleys Name taucht 1763/1765 im Zusammenhang mit der Bestimmung der Longitudinale auf See und der Uhr des Mr. Harrison auf. Einigen der Wissenschaftler wurde vom Parlament eine Belohung in Höhe von insgesamt £5.000 zugesprochen (z.B. Euler £300 (Berlin) und Meyer £3.000 (Göttingen)), die auch allen an der Forschung Beteiligten zugute kommen sollte - eben auch Halley und Bradley für ihre Beobachtungen - ausgezahlt vom Treasurer of the Navy, unabhängig vom Nutzen für die RN (20.03.1765, HoC).
    Schade, dass die Admiralität kein öffentlich zugängliches Archiv hat...

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Nachtrag: Captain Halley war 1763 natürlich schon längst tot; zu Lebzeiten bezog er allerdings eine vierteljährliche Pension (Quarter's Pension) i.H.v. £ 25 (Mai 1728).
    Daneben tauchen noch zwei weitere Namen auf, die ebenfalls eine ausgewiesene Rente erhielten: Sir Stafford Fairborne (£150) und Captain Thomas Willshaw (Nine Quarters Pension, £225). 03.05.1728, JHoC.



    Bei Fairborne ist die Lage klar, er verfügte über eine lange Marinekarriere bis hin zum Admiral of the Fleet. Eckte aber wohl wegen seiner (politischen) Ansichten öfter bei seinen Kollegen an und schied 1713 aus dem Amt. Wenn ein ehemaliger hochrangiger (Flagg-) Offizier £600 Pension p.a. bezog, ist es umso erstaunlicher, wenn ein einfacher Captain £225 pro Vierteljahr bekam - wobei ich mir jetzt nicht sicher bin, was mit Nine Quarters gemeint ist; vielleicht eine seltsame Addition von mehreren Anteilen, da müsste man mal weitere Quartalsabrechnungen des Schatzamtes der Navy einsehen. Willshaw hat das/die Mildmädchen kommandiert (1666), [wurde 1696 zum Captain befördert/erhoben - hierbei handelt es sich wohl irrtümlicherweise um den Sohn mit gleichen Namen, der 1695 als Lieutenant zum Kommandeur der Yacht Horseguard ernannt wurde] . Im Kirchenbuch des Bistums Rochester (Registrum Roffensse) von 1759 findet man einen Thomas Willshaw, "one of the principal officers and commissioners of her majesty's navy, obijt the 23d of September, 1702. aged 59." 1759 waren seine Frau und fünf ihrer Kinder ebenfalls verstorben.


    In John Charnocks Biographia Navalis, Vol. 1, von 1794 findet sich folgender Eintrag (S.276f.):

    Zitat

    WILLSHAW Thomas, - brother to the foregoing gentleman, was, in 1666, successively appointed to the Milkmaid, the Abigail, and the Malaga Merchant, all three said to have been fireships. In 1071 he was made captain of the Francis, and in the following year of the Castle, both fireships also. He was soon afterwards promoted to the Reserve of forty eight-guns. He had no command from the conclusion of the second Dutch war till the rupture with France appeared probable, in the year 1678. He was, on the 30th of March, appointed, by king Charles the Second, commander of the Royal Catharine. Early in the following year he removed into the Elizabeth, and on the 21st of October into the James galley. In 1680 he commanded the Albemarle, and in 1683 the Neptune. He does not appear to have had, after this time, any appointment in this line of service; nor do we meet with any thing farther relative to him till fome time after the revolution. In the year 1690 he was appointed successor to sir Richard Beach, as commissioner of the navy resident at Portsmouth. He held this office only two years; but, in 1693, was, on the death of sir John Ashby, on the 12th of July, appointed to succeed him as comptroller of the storekeeper's accounts.
    He continued to hold this office till the time of his death, which happened in the year 1702. In 1700 he was elected master of the Trinity House, to which he bequeathed one hundred pounds. His arms are painted in one of the windows of the hall belonging to that corporation; under them is written, "captain Thomas Willshaw, one of the principal officers and commissioners of his majesty's navy, and master of the Trinity House, anno 1700."

    Mit dem König als Gönner und den entsprechenden Posten erklärt sich die üppige Pension. Der Rang des Captains erscheint wohl auch ordnungsgemäß erworben zu sein. Beförderungen ehrenhalber scheinen also die absolute Ausnahme gewesen zu sein.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.