Die Lederstrumpf Erzählungen - Weihnachtsvierteiler


  • Wer seine Kindheit und Jugend Ende der 1960er und während der 1970er Jahre verlebte, für den waren die Wochen vor der Weihnachtsfeiertagen immer besonders spannend, denn schon im Vorfeld fragte man sich, welchen Stoff das ZDF diesmal verfilmt hatte. Das waren solch legendäre Vierteiler wie Der Seewolf, David Balfour oder eben auch Die Lederstrumpf Erzählungen, um nur einige zu nennen. Sie erlaubten uns einen Blick auf ferne Welten und ferne Zeiten voller Abenteuer. Welcher Junge (oder welches Mädchen) wollte damals nicht ebensolche Abenteuer erleben? Wie oft versammelten wir uns am nächsten Tag auf dem Hof, um die Handlungen mit Freunden nachzuspielen. Unsere Eltern wussten in der Regel nicht, wo wir uns dabei herum trieben und welche waghalsigen Sachen wir ausprobierten, um es unseren Helden nachzutun. Heute wären wir ganz sicher ein Fall für das Jugendamt oder unsere Eltern hätten einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst, um uns zu finden. Inzwischen ist man älter geworden, doch die Erinnerungen an die Bildschirmabenteuer leben in uns weiter. Manchmal ist es sicherlich besser, diese Erinnerungen nicht anzutasten und den alten Zauber im Herzen zu behalten. Aber das Internet macht halt auch fast alles überall verfügbar und so ist die Versuchung manchmal größer. Mir ging es mit diesem Vierteiler so, der bei erneutem Anschauen etwas zwiespältige Gefühle hinterlies. Dazu muss ich noch vorausschicken, dass diverse Filme und Serien wie auch die vorliegende damals ein starkes Interesse an den Indianern Nordamerikas in mir weckten. Das genügte es mir nicht, mir eine Feder ins Haar zu stecken und mit Kriegsgeschrei über unsere fiktive Prärie zu galoppieren. Gerade in der Wendezeit konnte ich mich dann endlich mit Fachliteratur aus aller Welt eindecken. Nur leider ist es oftmals so, dass zu viel Wissen der ärgste Feind der Phantasie ist...


    Das Reich der Phantasie...genau dort ist die Serie Die Lederstrumpf Erzählungen nämlich angesiedelt, wenn auch mit freundlicher Unterstützung durch James Fenimore Cooper. Die Indianer sehen aus, wie Indianer auszusehen haben, lange Haare und Federschmuck. Und natürlich reiten Indianer mit viel Geschrei über die Prärie. Nur leider spielen die Geschichten um Nat Bumpo hauptsächlich in den endlosen Wäldern des Nordostens der heutigen USA, wo man mit Pferden eher selten unterwegs war. Und dann wird da noch mit geografischen Begriffen um sich geworfen, die man irgendwo mal aufgeschnappt hat, z.B. wenn der junge Wildtöter gen Westen über die Cumberland Berge zieht. Als halbwegs kundiger Zuschauer fragt man sich da doch ganz verwundert, wer sich denn da um hunderte von Kilometern verlaufen hat, Nat Bumpo oder der Drehbuchschreiber? Doch kommen wir zu den einzelnen Folgen.


    Teil 1 - Der Wildtöter


    Von allen Verfilmungen des Stoffs wird dieser Teil in der Regel immer am werksgetreuesten umgesetzt. Das ist auch hier der Fall. Hutters Biberburg und seine Arche sehen so aus, wie man sich das beim Lesen vorstellt.
    Auch die Handlung ist gut, wenn auch verkürzt umgesetzt. Ja und Hellmut Lange und Pierre Massimi sind ganz einfach Lederstrumpf und Chingackgook, obwohl der echte Chingackgook nur eine kleine Skalplocke auf dem Kopf hatte.


    Teil 2 - Der letzte Mohikaner


    Für eine richtig gute Verfilmung muss man eine Menge Geld in die Hand nehmen, was man für den Weihnachtsvierteiler in der Regel nicht hatte. Also hat man sich damit beholfen, die ganze Geschichte etwas verkürzt und vereinfacht darzustellen. Aus der Belagerung von Fort William Henry durch die Franzosen wird ein kleiner Hungerprotest durch Huronen und Delawaren, die das Fort mit einer List erobern.


    Teil 3 - Das Fort am Biberfluss


    Wer die Bücher kennt, wird an dieser Stelle stutzen, denn dieser Titel kommt bei Cooper nicht vor. Die Drehbuchschreiber haben Band 3 (Der Pfadfinder) und Band 4 (Die Ansiedler) zusammengefasst und dabei noch Band 4 vor Band 3 gesetzt. Und leider fielen die maritimen Abenteuer auf dem Ontariosee der ganzen Umschreibung zum Opfer. Das Ergebnis war eine vollkommen austauschbare Story, die auch als Karl May-Verfilmung durchgegangen wäre.


    Teil 4 - Die Prärie


    Die gute Nachricht gleich zu Beginn, im Gegensatz zu den Büchern lebt hier Chingachgook auch im letzten Teil. Ansonsten gilt im Grunde das, was ich bereits zum 3. Teil geschrieben habe. Die Geschichte ist austauschbar und nur entfernt an das Buch angelehnt.


    Fazit: Dort, wo man es heute mit dem "Realismus" übertreibt, übertrieb man damals die Klischees. Heute würde man die Verfilmung anders, aber nicht unbedingt besser umsetzen. Was bleibt, ist die Erinnerung an den damaligen Zauber dieser Serie. Aber noch heute faszinieren die beiden Hauptdarsteller und es ist angenehm, mal wieder Filme gesehen zu haben, in denen es ohne hektische Schnitte genügend Zeit gab, eine Geschichte in Ruhe zu erzählen. Howgh, ich habe gesprochen.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Warum leider? Natürlich hat das Werk seine Schattenseiten, die ich auch benannt habe. Aber letztendlich wurde der Mangel an Geld und Wissen durch eine Menge liebevoller Phantasie ausgeglichen.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Das kam jetzt völlig falsch rüber.


    Leider deshalb, weil ich "nur" die DVD und nicht die BluRay habe und die auch noch mehr gekostet haben dürfte.


    Sonst hätte ich sofort zugeschlagen. Allerdings hauptsächlich wegen der ersten beiden Teile. Deinem Kommentar stimme ich absolut zu.