Richard Bolitho - Band 8 - Bruderkampf

  • Diesmal wird Bolitho Kommandant der 32-Kanonen-Fregatte Phalarope. Das Buch beginnt 1782, und im Text heißt es, die Phalarope sei keine 6 Jahre alt. Insofern habe ich mir beim Lesen immer vorgestellt, dass sie ein Schwesterschiff meiner auf der Karton-Helling liegenden HMS Mercury (Baujahr 1779, 32 Kanonen) ist. Und gleich war dieses Buch noch ein wenig spannender und interessanter für mich. :)


    Es passiert jede Menge in der Karibik; eingebettet in historische Ereignisse muss sich Bolitho u.a. mit einer Meuterei herumschlagen, verliert seinen ersten Bootssteurer und gewinnt dafür den treuen allday, von dem wir wissen, dass er ihn bis zum bitteren Ende begleiten wird. Spannung ist reichlich vorhanden, aber so ganz allmählich, hier noch sehr, sehr leise schleichen sich die ersten Vorboten der depressiven Grundstimmung späterer Romane zwischen die Zeilen.
    In diesem Band läuft mal wieder das Blut in Strömen aus den Speigatten, es sieht wieder aus, als ob - naja, ihr wisst schon. :/ Und das alles wird diesmal noch getoppt:


    Zitat von Alexander Kent

    Das Deck des Franzosen sah aus, als habe ein Irrer ganze Fässer voller Blut ausgegossen.

    Liegt wahrscheinlich daran, dass bei den ja bekanntermaßen etwas liederlichen Franzmännern die Speigatten so verdreckt waren, dass das Blut nicht ordnungsgemäß abfließen konnte... :P


    Alles in allem gebe ich dem Buch dennoch die volle Kent-Punktzahl. Die Darstellung der aufkeimenden Meuterei hat mir am besten gefallen; Kent gelingt es hier meisterhaft aufzuzeigen, wie einige wenige, geschickt agierende Seeleute andere aufstacheln und die verständlicherweise existierenden Unzufriedenheiten in eine agressive, gewaltbereite Stimmung zu kanalisieren. Der Konflikt mit seinem abtrünnigen Bruder hingegen kommt dagegen für mich viel zu flach daher, ist aber zum Glück, auch wenn der deutsche Buchtitel anderes suggeriert, nicht der Hauptpunkt des Buches.

  • Wenn man die später geschriebene Teile gelesen hat, in denen Stockdale eine Rolle spielte, empfindet man seinen Abgang in Bruderkampf als ziemlich lapidar und der Figur nicht angemessen. Stockdale war als treuer Gefährte für Richard Bolitho wichtig udn sein Tod erscheint zu beiläufig.

  • Ich habe die Reihe (bis zu einem gewissen Punkt, wo ich einfach nicht mehr konnte) vor nicht all zu langer Zeit mal wieder gelesen und bemerke an mir selbst, dass mir dieser Bolitho mit der Zeit immer unsympatischer wird und ich immer weniger nachvollziehen kann, warum er bei seinen Leuten eigentlich so ungemein beliebt ist. Im Grunde dreht sich doch in seinem Universum alles nur um IHN selbst. Es geht immer nur darum, wie toll ER ist. Selbst wenn er ein Schiff von A nach B steuern lässt, ist das Erreichnen des Ziels einzig und allein SEIN Verdienst. Alle fragen sich ständig, wie ER das alles nur aushält und wenn ein Feind angreift, ist das in dem Moment IHM gegenüber ja so furchtbar ungerecht. Kein Wunder, dass es da um seine Kritikfähigkeit nicht besonders gut bestellt ist und jegliche Kritik eines Freundes, ja bereits das Ausbleiben einer dringens erwarteten Huldigung als schwerster Verrat angesehen wird. Gut, einige der von mir angesprochenen Punkte treten erst in späteren Bänden zutage, doch der Umgang mit dem Tod Stockdales passt genau in diese Kategorie. OK, er rettet mir zwar das Leben, doch durch seinen Tod steht er mir nicht mehr zur Verfügung. Also weg mit ihm.


    Ich gebe zu, dass ich das alles ein wenig überspitzt formuliert habe, aber schaut mal bei Bolitho etwas genauer hin und fragt euch, ob ihr mit ihm hättet befreundet sein wollen.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Das war ja früher (vor einigen Jahrzehnten^^) einer meiner Favoriten aus der Reihe. Mit einigen Bolitho-Romanen hatte ich auch meinen Einstieg in das Genre.

    Letzte Woche habe ich den nach langer Zeit wieder gelesen und hatte persönlich jede Menge Kritikpunkte. Jetzt musste ich mich doch passagenweise schon mal etwas durchmühen und dachte mir sehr oft, dass ich diese Szene gerne ausführlicher hätte, und auf jene dort die unmittelbare Reaktion der Figuren darauf, und ich überhaupt tiefer in die Hauptfigur reinschauen möchte, und das hier und dort glatter hätte geschrieben werden können.