HMAV Bounty 1:50 von Billing Boats

  • Den Bausatz hatte ich vor Jahren geschenkt bekommen. Nachdem meine Werft damals auf unbestimmte Zeit geschlossen war, habe ich den Bau immer wieder aufgeschoben. Jetzt habe ich meinen Keller neu eingerichtet, der Arbeitstisch ist nicht mehr mit Umzugskartons und anderem Krempel zugestellt und ich kann mit dem Bau beginnen.


    Was die Qualität des Bausatzes betrifft, war – und bin –ich skeptisch.


    Gleich beim ersten Blick in den Karton musste ich schlucken: Wie? Keine lasergeschnittenen Bauteile? Nein, die Bauteile waren überhaupt nicht geschnitten, sondern nur deren Umrisse auf den Sperrholzplatten aufgemalt, zum selber aussägen. Das Holz schien mir auch nicht von allerbester Qualität zu sein, um es mal höflich auszudrücken, und die Bauanleitung ist mehr als dürftig, und auch fehlerhaft.


    Der Bausatz scheint schon etwas älter zu sein; ich glaube, dass auch bei Billing Boats die Teile mittlerweile vorausgeschnitten sind, aber genau weiß ich das nicht. Allerdings war der Bausatz auch nicht mehr ganz jungfräulich: Jemand hatte bereits einen Teil der Spanten ausgesägt.


    Durch die Lagerung waren die Sperrholzplatten ziemlich verbogen, so dass zumindest das Holz für den Bugspriet so nicht mehr verwendet werden konnte.


    Ich habe mir damals quasi auf Vorrat bei Arkowood "Ersatzteile" bestellt. Da im Billing Bausatz Sperrholz auch für solche Bauteile verwendet wird, deren Stirnseiten dann im fertigen Modell zu sehen sind, habe ich mir Platten in derselben Stärke gekauft, um diese Teile zu ersetzen.


    Außerdem habe ich mir das Buch "Anatomy of the Ship - the Armed Transport Bounty" zugelegt, um gegebenenfalls nachmessen und Änderungen im Bau vornehmen zu können. Da zeigen sich natürlich schon Unterschiede zwischen Original und Modell; gerade im Heckbereich ist ein ziemlicher Fehler, der gleich vor Beginn der Beplankung beseitigt werden muss. Andererseits stimmen Maße und Proportionen des Rumpfs in etwa. Das ist ja schon mal etwas.



    Nicht sehr vertrauenerweckend: Schon der Name ist falsch: "HMS" statt richtig "HMAV" Bounty. Außerdem war das Original gekupfert - die Bilder auf der Packung zeigen aber ein weißes Unterwasserschiff. Entsprechend sind natürlich auch keine Kupferplatten dabei.



    Die Teile zum Aussägen, rechts ist der Vordersteven und links der Achtersteven erkennbar:



    Die nächste Abbildung zeigt die Leiste, die den Kiel darstellen und die Spanten aufnehmen soll. Links im Lieferzustand, rechts der Ersatz von Arkowood (letzterer muss noch um 1 mm abgehobelt werden).



    Die beiliegenden Jungfern sind aus Plastik (die Lafetten übrigens ebenso), müssen also ersetzt werden. Wo kämen wir denn da hin? Im Hintergrund übrigens das Deck: Die Beplankung ist aufgedruckt; laut Bauanleitung ist das Beplanken des Decks fakultativ :D (Planken sind aber dabei):



    Die ausgeschnittenen Steven. Ging leichter als gedacht. Den Achtersteven kann man verwenden; den Vordersteven nicht, die Stirnseite des Sperrholzes ist im fertigen Bausatz zu sehen, und ich bin mir nicht sicher, ob die Farbe die Sperrholzstruktur überdeckt, außerdem ist er krumm durch die Lagerung. Ich habe ihn als Schablone für eine Eigenanfertigung benutzt.



    Die weiteren Bilder zeigen die Montage des Spantengerüstes. Was negativ auffällt, ist in diesem Stadium die mangelnde Steifigkeit (man sieht, dass die Spanten in sich verdreht sind, das kommt daher, dass der Kiel nur 14 mm breit ist und die Befestigung der Spanten daher wenig Überlappung hat). Allerdings kommen auf die Nuten an der Oberseite der Spanten noch zwei Leisten, die die Stabilität verbessern und die Spanten in die richtige Position bringen, auch durch das Aufkleben des Decks wird die Konstruktion noch steifer. Im Bugbereich werde ich noch ein paar Füllungen einbauen, damit man am Bug die Planken überhaupt befestigen kann. Im Bausatz ist übrigens eine einfache Beplankung vorgesehen. Mit dem großen Spantenabstand dürfte das nicht sehr leicht sein. Ich habe mich von vorneherein zu einer doppelten Beplankung entschieden, zumal die beigefügten Planken auch eher "bäh" sind, und mit knapp 2 mm Dicke auf 7 mm Breite kaum zu biegen.



    Ein erstes Fazit: Man muss eigentlich fast alles ändern, insbesondere wenn es an Ausrüstungs- und Bauteile geht, die man am fertigen Modell sieht. Der Bausatz ist also eher eine Einladung zum Selbermachen. Aber immerhin muss ich nicht komplett "Scratch" bauen. Davor habe ich gehörigen Bammel, da die Bounty überhaupt erst mein zweites Holzmodell ist, und außerdem hätte ich mir für einen Scratch-Bau ein anderes Schiff ausgesucht.

  • Hallo Mr. Oxbelly,


    zu dem Baubericht ziehe ich direkt ein Abo.


    Um den Rumpf "steifer" zu bekommen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Ich würde die Spantzwischenräume mit Pappelsperrholz oder Lindenholz füllen.
    Schau mal in den Bericht, da hatte ich die Vorgehensweise beim Bau eines Halbmodells meiner Sloop beschrieben.


    Ein weiterer Vorteil ist, dass Du den Rumpf mit Leisten und nicht mit Furnier beplanken kannst

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Ich erinnere mich noch gern an den Bericht zu Deinem Erstlingswerk. Deshalb bin ich natürlich gespannt, welche Erfahrungen Du mit der Bounty machen wirst. :lupe:

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Da scheint es sich wirklich noch um einen Bausatz aus Mondfelds Zeiten zu handeln, was was? ;)
    Wie hieß es da immer so schön: "Hände weg von Bausätzen."


    Wirklich verwunderlich, dass tragende Teile aus billigem Sperrholz gefertigt sind und einem Holzbausatz Jungfern und Lafetten aus Plastik beiliegen... was für ein Unsinn. Aber Gefahr erkannt - Gefahr gebannt. :)

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Sperrholz ist wunderbar, wo man es nicht sieht. Mir ist hauptsächlich wichtig, dass der Rumpf einigermaßen verwendbar ist und ich nicht die Spanten einzeln aus irgendwelchen Spantenrissen herausmessen und anzeichnen muss. Der Rest wird sich schon irgendwie finden. Und wenn ich kein einziges der Originalteile verwende, auch gut.


    AnobiumPunctatum: Ich werde den Rumpf sicher noch versteifen, bevor ich anfange zu beplanken. Aber vermutlich werde ich nicht alles auffüllen. Ich hoffe mir das bei einer Doppelbeplankung sparen zu können.

  • Bei der von mir vorgeschlagenen Methode reicht eine einfache Beplankung. ich halte die Methode aufgrund der großen Spantabstände für einfacher, insbesondere bei dem sehr fülligen Bug.



    Wirklich verwunderlich, dass tragende Teile aus billigem Sperrholz gefertigt sind und einem Holzbausatz Jungfern und Lafetten aus Plastik beiliegen

    Soweit ich weiß, vewendet Billing Boats auch heute noch Beschläge aus Kunststoff. nur so können sie wahrscheinlich die Bausatzpreise halten.

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • So wie du das in dem verlinkten Beitrag gemacht hast, sparst du dir natürlich die erste Beplankung. Rein theoretisch könnte ich das schon noch so machen, nur müsste ich dann dickere Leisten zum Beplanken nehmen. Der Bausatz sieht vor, direkt auf die Spanten eine Beplankungsschicht mit 1,8 mm dicken und 7 mm breiten Leisten anzubringen. Ich hatte vorgehabt, zwei Schichten zu je 1 mm zu verwenden. Mit ein bisschen Abschleifen käme ich dann auch gut auf 1,8 mm.
    Wenn ich deine Methode verwende, müsste ich entweder 1,8 mm (im Bausatz enthalten, aber von schlechter Qualität) oder 2 mm dicke Leisten zum Beplanken nehmen (die müsste ich erst kaufen) und ich glaube, dass ich da Probleme mit dem Biegen bekomme. Oder ich müsste auf die Spanten noch einen mm aufdoppeln, damit ich mit 1 mm beplanken kann. Hm.


    Die Methode hätte allerdings noch den Vorteil, dass ich endlich eine Ausrede hätte, mir eine kleine Kreissäge anzuschaffen für die Füllungen.


    Wenn ich deine Methode anwende:
    Welches Holz soll ich für die Planken verwenden, davon ausgehend, dass ich eine Schicht mit 2 mm verwende? Was lässt sich in dieser Dicke anständig biegen? Die Farbe des Holzes wäre egal, weil ich davon ausgehe, dass ich den Rumpf bemale und kupfere.


    Am Wochenende hatte ich übrigens noch ein wenig weiter gebaut.


    Der Heckbereich. Vorgesehen ist, die Beplankung direkt senkrecht hochzuführen bis an die untere Leiste, d. h. bis unter die Heckfenster. Das ist aber historisch falsch, zumindest wenn ich nach meinem Fachbuch gehe. Das muss vor dem Beplanken noch ergänzt und geändert werden. Sonst habe ich hinterher Probleme mit dem Ruderschaft.



    Unterhalb der zukünftigen Grätings habe ich nachträglich noch Ausschnitte in den Spanten gemacht und schwarz angestrichen, damit man den Spant später nicht sieht.



    Demselben Zweck dienen die beiden schwarzen Boxen. Darin verschwinden die Niedergangsleitern, die allerdings auch fast vollkommen verdeckt sind. Anmalen durfte übrigens meine Tochter.



    Das Deck. Mit formschön aufgemalten Plankenstößen. Ob ich das so lasse? ;-)



    Tante Edit(h) sagt: Billing verwendet definitiv noch Plastikbeschläge. Darum sind die Bausätze auch relativ billi(n)g. :D Die Anker sind übrigens auch aus Plastik.

  • 2x 1mm hört sich gut an. Wenn Du mich nach Holz fragst, kann ich Dir nur Birne antworten.
    Mit den zusätzlichen Infos bietet es sich wahrscheinlich an, Erstbeplankung und Füllen zu kombinieren: die starken Rundungen am Bug und Heck, zusätzlich am Kiel auffüllen. Das Auffüllen der BEreiche hat den großen Vorteil, dass sich das SPantgerüst sehr viel leichter straken lässt. Dann eine Erstbeplankung mit 1-1.2mm Du schleifst 2-3/10 mm locker ab. Dann die Sichtholzbeplankung in gleicher Stärke

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Damit ihr hier nicht denkt, es passiert nichts: Ich habe keineswegs den Krempel hingeworfen, sondern fleißig weitergebaut. Ich habe mich dazu entschlossen, Anobium Punctatums Anregung zu folgen und den Bug- und Heckbereich zu füllen. Der restliche Bereich wird zwischen den Spanten lediglich versteift.


    Aber zunächst musste ich auf mein neues Spielzeug warten. Damit lassen sich die Füllstücke wesentlich schneller und gerader zuschneiden als mit meiner ollen Dekupiersäge:



    Der gefüllte Bugbereich, hier backbord:



    und steuerbord:



    Und hier die Backbordseite nach grobem Zuschleifen mit Holzraspel und 40er Schleifpapier (Stand heute). Dazu musste ich auf die Terrasse, weil ich in meinem Keller nicht so viel Holzstaub haben möchte; außer der Werft ist in dem Kellerraum auch noch anderes Zeugs untergebracht, das nicht so sehr einstauben soll (zum Sägen habe ich eine Absaugung). So konnte ich mich heute beim Schleifen durch die ersten offiziellen Frühlingssonnenstrahlen wärmen lassen:



    Die Spanten habe ich übrigens vor dem Füllen, der Anregung unseres Holzwurms folgend, schwarz gestrichen, damit ich beim Schleifen weiß, wo ich aufhören muss. Man kann auf den Fotos übrigens sehen, dass der zweite Spant im Gegensatz zum ersten und dritten im unteren Bereich etwas konkav ausgeformt ist. Die Füllstücke folgen diesem Verlauf (noch) nicht. Wenn ich das noch ausschleife, ergibt sich eine merkwürdige Delle im Rumpf, die aber beim Original auch vorhanden zu sein scheint, zumindest nach Anatomy of the Ship. Dort ist sie in den isometrischen Rumpfansichten zu sehen, direkt von vorne oder der Seite aber nicht.

  • Interessant, interessant... die Idee mit den schwarzen Spanten ist einfach aber genial. :thumbup:

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Stammt von Anobium Punctatum. Genaueres kannst du in dem von ihm verlinkten Beitrag sehen.


    Was man übrigens auf dem letzten Bild ganz gut sehen kann ist, dass die beiden Längs(?)spanten im Bug sozusagen ab Werk zu kurz sind, also die Wölbung des Rumpfes nicht ganz wiedergeben.

  • Aye, Oxbelly,


    ich bin jetzt erst auf Deinen Baubericht gestoßen und werde ihn interessiertz verfolgen. Weiterhin gutes Gelingen.


    Cheers Angarvater

    To the optimist, the glass is half full.
    To the pessimist the glas is half empty.
    To the engineer, the glass is twice. As big as it needs to be.

  • Sieht gut aus. Da hast Du aber noch einiges zu schleifen.

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Ja, allerdings. Ich hätte natürlich auch vorher die Füllklötze etwas anpassen können. Aber ob ich das vorher mache oder nachher, kommt auf das gleiche raus...

  • Hallo Mr. Oxbelly,
    bestimmt geht es hier in der kalten Jahreszeit auch bald weiter?!? Den Baubericht werde ich sehr interessiert verfolgen, nicht zuletzt, weil ich genau diesen Baukasten von Billing Boats vor einiger Zeit auch begonnen hatte. Allerdings habe ich den Bau seinerzeit in einer frühen Bauphase eingestellt, weil in dem (gebrauchten) Baukasten doch Vieles unvollständig oder beschädigt war, sodass das Projekt einem Scratch-Bau nahegekommen wäre. Auf meinem Regal liegt jetzt nur noch ein Spantengerüst der Bounty.
    Hier stimmt dann also der Name HMS Bounty doch : His Majesty Spantengerüst.

  • Bonden

    Hat das Label Im Bau hinzugefügt.