HMS Mercury - Fregatte der Enterprize-Klasse; Shipyard-Kartonmodell, 1:72

  • Ich bin einmal mehr zutiefst beeindruckt, lieber @Bonden. Deine Mercury wirkt auf mich immer weniger wie ein normales Modell, sondern vielmehr wie eine voll funktionsfähige Fregatte.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Alles ship- shape!
    Viel beeindruckender als das Modell finde ich die kreative Art der Problemlösung. :thumbup:
    Modellbau macht erfinderisch oder wie es heißt...

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Finde ich gut die Lösung sieht ja fast so aus, als es so sein muss.
    Schön das es weitergeht.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • @all: Vielen Dank für eure netten Worte!


    sieht ja fast so aus, als es so sein muss

    Wieso nur fast? Wo sieht's denn nicht so aus, als ob es so sein muss? :hmm::D


    Deine Mercury wirkt auf mich immer weniger wie ein normales Modell, sondern vielmehr wie eine voll funktionsfähige Fregatte.

    Nun, ich versuche auf jeden Fall, sowohl beim stehenden als auch beim laufenden Gut sehr dicht am Original zu sein; will sagen, die Taue laufen bei mir durch die Blöcke, das stehende Gut hole ich mit Taljereeps dicht, die Rahen später bringe ich so an, dass ich sie fieren und heißen und brassen kann, wenn ich die entsprechenden Taue löse und daran ziehe. Und ich will mittlerweile bei jedem Takelteil wissen, wozu es da ist und wie es funktioniert.


    Und wegen den Geschützen fällt mir auch noch was ein... :evil:8)



    Modellbau macht erfinderisch oder wie es heißt...

    Das unterschreibe ich so! ^^

  • Weiter vorn in diesem Baubericht habe ich ja erzählt, dass ich meine Reeperbahn motorisiert habe.


    Der erste Motor hatte eine zu niedrige Drehzahl, da dauerte es fast 10 Minuten, ehe ein Tau von einem knappen Meter Länge geschlagen war. Jetzt habe ich einen ansonsten baugleichen, aber wesentlich höher dimensionierten Motor, und der flitzt nur so! Das reine Schlagen eines Tauert dauert jetzt keine 40 Sekunden mehr; nimmt man die anderen Arbeiten dazu (Befestigen der drei Garnstücke, Verdrillen der Adern durch Handkurbeln, Herausschneiden des fertigen Taus, durchs Bienenwachs ziehen, um letzte Fusseln wegzubekommen), brauche ich je Tau keine 4 Minuten. Und da ich nach der Mercury ja auch weiterhin historische Segelschiffe bauen werde, war das allemal eine lohnende Investition.


    So, hier weitere Neuigkeiten von meiner Werft:
    Ich stecke noch immer in Vorbereitungsarbeiten für das Auftakeln. Nach nochmaligem intensivem Blick in die Fachliteratur sowie nach Rücksprache mit einigen Modellbaugöttern auf diesem Gebiet steht für mich fest, dass meine Mercury keine Bovenblinde fährt. Das ist die kleine, vordere Rah unter dem Klüverbaum. Das führt dann dazu, dass die Nock des Klüverbaums neu gestaltet werden musste - außerdem war ich mit dem derzeitigen Stand eh nicht so richtig zufrieden.
    Bisher sah es bekanntlich so aus:


    Ich hatte weiter vorn gezeigt, wie ich diese Stropps hergestellt habe und wozu sie dienen. Der mit den zwei Augen (oder auch Buchten) wird für die bewusste Bovenblinde gebraucht - also kann der bei meinem Modell ab, ebenso der einzelne Block, der nach unten hängt.
    Außerdem habe ich mich in einer Sache grundlegend anders entschieden. Weiter vorn schrieb ich:


    So, als nächstes soll dann ein Dreier-Stropp auf die Nock kommen. Ihr seht hier im Bild das Gebilde mit den drei Tau-Ösen, die nennt man Buchten. (Wenn ich euch jetzt erzähle, dass da im Original Kauschen reingehören... nee, ich lass es. )


    Kauschen, genau. Runde Metallringe, durch die dann Taue laufen. Da kann man nicht einfach nur eine Schlaufe in das Tau machen, die Reibung würde im Nu diese Schlaufe zersägen; außerdem - und das ist auch hier für das Modell wichtig - bewirken die Zugkräfte, dass aus dem schönen runden Auge eine hässliche langgezogene Träne wird. Also habe ich mir Messingrohre mit verschiedenen Innendurchmessern gekauft und so lange das Abschneiden von dünnen Scheibchen geübt, bis es einigermaßen geklappt hat. Diese werden dann auf einen dünnen Draht gefädelt, ins Brüniermittel getaucht und einige Zeit später hübsch geschwärzt wieder rausgeholt.
    Dann das entsprechende Tau darum anbringen (Ponal Turbo mit spitzen Zahnstocher auf die Außenseite, Tau festdrücken) und mit dünnem Garn abbinden.
    Und ich weiß mittlerweile, dass es unglaublich viele Ecken an so einem Schiff gibt, wo richtigerweise eben keine Blöcke, sondern Kauschen zum Einsatz kommen.


    Ach ja - den Stropp mit den drei Augen brauche ich auch nicht; im Schrage fand sich der Hinweis, dass bei Schiffen von der Größe meiner Mercury das Vorbramstag durch einen Leitblock geschoren wird. Also einen neuen Stropp mit zwei Kauschen gefertigt, den Leitblock für das Stag angebracht - und nun ist's so, wie es sein soll:


    So, weiter ging es; wir sind noch immer ganz vorn am Schiff. Am Bugspriet sind ja bereits einige Stage befestigt, die Wasserstage und die Bugstage, beide gehen ja nach unten zum Rumpf. Nun widmen wir uns mal den Stagen, die nach oben führen.
    Die Fertigung des Stagkragens für das Großstag habe ich bereits gezeigt. Heute nun die Vorbereitung für zwei weitere Stage, und zwar das Fockstag und das Fockborgstag.
    Wie beim Großstag auch benötigen wir auch hier Stagkragen, also gewissermaßen die Gegenstücke zum Stag. Beide Kragen werden am Bugspriet befestigt.
    Die Bauanleitung von Shipyard meint, hier normale Herzkauschen zu nehmen. In Wahrheit wurden aber "offene Herzen" verwendet. Und bevor ich das jetzt umständlich erkläre, hier ein Bild eines Modells der HMS Pandora, gewissermaßen ein Schwesterschiff meiner Mercury: Klick hier!Und nochmal: Klick hier!
    Also brauchte ich zwei offene Herzkauschen.Da auf diesen Teilen später enorme Zugkräfte wirken, wollte ich sie lieber nicht aus Karton fertigen und wagte mich also an die Holzbearbeitung. Zuerst mal wurde das Profil eines Rundstab in die richtige Form gefeilt; dann wurde eine Nut gefräst. Wobei fräsen nicht wirklich stimmt; ich habe das mit der Kante einer Schlüsselfeile sowie der Knickkante von Sandpapier getan...


    Dann wurde mit der Laubsäge eine Scheibe abgeschnitten - und da lag er dann, der Rohling für meine offene Herzkausche:


    Nun in den Schraubstock einspannen und versuchen, mit einem dünnen Bohrer die U-förmige Öffnung herauszuarbeiten.
    Und Knack - war der Ärger da:


    Also nochmal von vorn...
    Diesmal hat es dann geklappt:


    Da war dann noch viel Schleifarbeit nötig - das Ergebnis zeige ich im nächsten Posting.

  • Beide Stagkragen werden jeweils aus einem durchweg gekleedeten Tau gefertigt. Dieses wird dabei doppelt genommen, das heißt, das Tau wird so um das Herz gelegt, dass zwei gleichlange Schenkel entstehen, die man dann an den beiden Seiten der Herzen festbändselte. Hmm, so ein Tau hat bekanntlich einen Anfang und ein Ende. Im Original wurden die miteinander verspleißt, ich musste eine andere Lösung finden. Also klebte ich zuerst ein Ende des gekleedeten Taus genau an die Stelle, an der später die Bändselung hinkommt.


    Genau auf Stoß klebte ich dann das andere Ende des Taus dagegen - auch hierfür wurde wieder Ponal Turbo verwendet. Danach ist der Rest relativ schnell getan; Tau so formen und festkleben, dass es passt, dann die beiden Bändselungen anbringen, und fertig sind die zwei Stagkragen - und man sieht nicht mehr, wo das Tau seinen Anfang und sein Ende hat.




    Ach ja - auch die Fertigung des zweiten Herzes ging nicht ohne Fehlproduktionen ab...



    Im Bild noch eine geschlossene Herzkausche, die dann am Stagende das Gegenstück bildet.


    Einmal Probesitzen, um zu zeigen, wie es später mal ungefähr aussehen wird:

  • Was haben wir heute gelernt? Richtig, wir wissen jetzt, was eine Herzkausche ist und wie man sie herstellt.
    Mensch, @Bonden, mir wird schon angst und bange, wenn ich daran denke, eines fernen Tages meine Ringle takeln zu müssen. :eek:


    Aber Du hast es wirklich so anschaulich erklärt und gezeigt, dass man tatsächlich nachvollziehen kann, was und wie Du es getan hast. :bravo:

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Hallo Bonden,
    es lohnt sich tatsächlich, deinen Baubericht zu lesen. Es ist beeindruckend, mit welcher Liebe zum Detail du hier ein wahres Kunstwerk aus Papier erstellst. Ein Meisterstück sowohl hinsichtlich Recherche und historischer Genauigkeit als auch hinsichtlich der handwerklichen Umsetzung. Unfassbar, was man aus Karton alles zaubern kann. Bislang muss ich mich noch mit den Vorschaubildchen begnügen, aber ich freue mich darauf, die Mercury bald in voller Auflösung bestaunen zu können.

  • @Threepwood Danke für deine netten Worte! Ich gebe mir weiterhin Mühe. ;)




    Ich friemele in letzter Zeit ein wenig planlos rum auf meiner Werft. Hier ein bissel, da ein bissel, dann wieder Fragen, Bücher, noch mehr Fragen. Heute hab ich beschlossen, dass man es auch übertreiben kann damit - ich komme einfach nicht wirklich voran. Das soll nun anders werden!
    Es gibt da noch die eine oder andere Sache am Rumpf zu tun, aber das kommt später, zum Großteil aus Sorge, dass ich beim Auftakeln da aus Versehen was abreiße. Die Hecklaternen zum Beispiel, oder die Finkennetze - das kann alles gegen Ende erfolgen, ebenso das Anbringen der Anker - die würden nur stören, wenn ich die Fockwanten einbinden will.
    Somit laufen jetzt die Vorbereitungen für den Gang in die erste Etage.
    Zuerst wird der Fockmast gesetzt. Das erste Element des stehenden Gutes, welches um den Masttop gelegt wird, sind immer die Hanger. Das sind vollgekleedete Taue, in der Stärke wie die Unterwanten, die an beiden Seiten vom Masttop hängen. In die an den Enden eingespleißten Kauschen werden die Seitentakel eingehängt. Seitentakel erfüllten viele Funktionen, so wurden z.b. zum genommen, um die Anker in die Rüsten zu geben, um schwere Lasten zu bewegen oder bei schlechtem Wetter zur zusätzlichen Stützung der Untermasten. Wie diese Seitentakel hergestellt und dann angebracht werden, zeige ich später.
    Heute war nun dieser Hanger für den Fockmast herzustellen. Mein neuer Freund Schrage schreibt in seinem Buch, dass Schiffe von der Größe meiner Mercury einarmige Hanger hatten. Diese wurden aus einem Ende hergestellt, und für das zum Masttop passende Auge in der Mitte der Hanger wurde ein kurzes, ebenfalls gekleedetes Taustück eingespleißt. Nun, zum spleißen im Maßstab 1:72 hatte ich keine Lust; aber wie nun so ein Teil herstellen, dass es möglichst so aussieht wie gefordert?
    Hier mal eine kleine Zeichnung, wie es idealtypisch aussehen soll:

    Ok, das am Modell exakt so hinzubekommen erscheint unmöglich. Aber ich wollte eben nicht einfach nur ein Tau mit einem daran festgeknüpperten kurzen weiteren Tau haben. Also hab ich mir was überlegt:


    Mit meiner Kleedemaschine kleedete ich zwei kurze Stücke auf zwei längeren Tauen. Dann spannte ich die gemeinsam ein und kleedete sozusagen den Rest.

    Nun, kleine Knubbel an den beiden Augenwinkeln habe ich dennoch; ich glaube, das hätte ich auch einfacher haben können. Aber immerhin, mein erster Hanger ist fertig, und ich finde, er schaut nicht mal schlecht aus. Dann band ich an beiden Enden noch Kauschen ein - die hatte ich mir gefertigt, indem ich dünnes Messingrohr (Innendurchmesser 1,6 mm) in Scheiben schnitt und diese dann, aufgefädelt auf ein Stück Draht, ins Brünierbad hängte.


    Und hier ist der Hanger schon mal an seinem künftigen Platz:

    Was noch an der Saling fehlt, sind Kalben. Sowas sieht Shipyard ja leider nicht vor, aber die gehören einfach dazu: Kalben sind dünne Holzleisten mit einem Viertelkreis-Profil, die da hinkommen, wo jetzt der Hanger durch die Salingkante geknickt wird.


    Dann habe ich noch einen weiteren Stagkragen gebaut und ordnungsgemäß mit einer Rosenlaschung angebracht, und zwar den für das Großborgstag. Den kann man nicht einfach so an den Fockmast knüppern, sondern man muss schauen, dass der in einer ganz bestimmten Höhe seinen Platz bekommt. Warum das so ist, zeige ich (viel) später.


    Nun ging es nach kurzer Pause weiter.
    Viel Neues kann ich gar nicht zeigen, obwohl ich wieder einige Stunden in der Werft zugebracht habe. Zum einen habe ich das Auge des Hangers vekleinert, das war viel zu groß. Dann wurden die letzten Wanten kleedetechnisch behandelt. Insbesondere die beiden vorderen Wantenpaare bedurften der besonderen Zuwendung: Immer die ersten, also bugwärts gerichteten Wanten werden bis unten gekleedet; alle anderen nur im oberen Bereich, bis etwa zur Wurst (da ist das Querteil, an welchem die Püttingswanten angesetzt werden - kommt alles später...). Das Kleeden ist insofern eine Herausforderung, als die zu kleedende Strecke bedeutend länger ist als die Kleedemaschine. Diese lässt mit viel gutem Willen ein Stück von knapp 20 cm in einem Schwung kleeden. Will man mehr - und bei den Wanten sind es ca. 28 cm - muss man den Vorgang stoppen, das straff gespannte Tau lösen, versetzen, wieder festmachen und dabei aber möglichst die Spannung des Kleedegarns auf das Tau halten, um ein "Durchdrehen" zu verhindern. Nun, ich kann berichten, dass für den Fockmast alle Wanten soweit fertig sind.
    Aber dann geht es noch immer nicht los mit dem Auftakeln. Nun müssen erst die Wantenpaare eingebunden werden; d.h., dass da, wo man es um den Masttop legt, ein Auge sein muss, groß genug, um es über den Top und die dort schon angebrachten beiden Schweibgats zu stülpen, ohne diese abzureißen. Außerdem müssen die beiden Wanten auch nach dem Zusammenbinden noch brav nebeneinander und nicht irgendwie verdreht liegen. Wenn man es einigermaßen richtig macht, sieht das so aus:


    Am Mast macht sich das erste Wantenpaar schon mal gut. Man sieht auch die Kalben, die ich aus Balsaholz gefertigt, mit Sekundenleim ausgehärtet und dann schwarz gestrichen habe. Nun können die Wanten ohne Knick geführt werden - so soll es sein.
    Und im letzten Bild schon mal ein Blick in die Zukunft. Man erkennt, dass auch dann, wenn die Marsplattform angebracht ist, die vielen Taue, die da um den Masttop kommen, alle genügend Platz haben werden.



    Als nächstes werde ich die restlichen 7 Wantenpaare zusammenbindseln, und dann wollen wir mal sehen, wie gut es mir gelingt, die Wanten steif zu setzen...

  • Es ist jedes Mal eine Augenweide Deine Fortschritte zu sehen.

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Nur mal so zwischendurch:


    Also wenn es noch eines Argumentes bedurfte für die Anschaffung einer Kleedemaschine - hier ist es:


    Ich habe jetzt alle Wantenpaare für den Fockmast ordnungsgemäß eingebunden und dann immer abwechselnd, beginnend an Steuerbord, um den Masttop gelegt. Ich finde, das ist ein richtig schöner Anblick; bin
    wie'n bissel stolz darauf. :)


    Der Fockmast braucht noch zwei Kragen mit Leitblöcken, und dann geht's ans Wanten festmachen...

  • @Threepwood Vielen Dank! Aber wie du gleich sehen wirst, ist großartig relativ... :D



    Alles wartet darauf, dass die erste Want steif gesetzt wird - ich am allermeisten. Aber ganz so schnelle geht's nun doch nicht. Gründlichkeit vor Schnelligkeit ist mein Motto beim Modellbau. Also guckte ich mir die Arbeit von gestern nochmal genau an und fand, dass das erste Teil, welches über den Masttop gelegt wurde, auch das hässlichste ist. Auf den Bildern kommt das gar nicht so deutlich rüber, aber ich hatte ja berichtet, wie ich mich angestellt habe, den Hanger herzustellen. Als ich die beiden Enden jetzt so neben den stolzen Wanten sah, fand ich das recht erbärmlich und nicht gut gelungen. Also alles wieder runter, denn der Hangar war ja erster... Macht nix, war ja noch nichts festgemacht.

    Die beiden Hangar-Arme waren auch zu kurz, wie ich nach nochmaligem Schauen ins Buch und in andere Bauberichte von fregattenbauenden Holzwürmern feststellen musste. So, und damit ich, wenn ich dann irgendwann mal die Hanger für den Großmast und den Besanmast herstelle, noch weiß, wie ich das beim Fockmast getan habe, schreibe ich es hier auf. (Der Baubericht ist ja nicht nur für euch, sondern auch für mich. Man wird ja leicht vergesslich mit zunehmendem Alter, da hilft es ungemein, zu wissen, wo man nochmal nachschauen kann. )
    Zuerst mal nahm ich ein geschlagenes Tau, welches ich bereits mittig gekleedet hatte, da ich es als Wantpaar nutzen wollte. Die Kleedung war mir da aber zu lang geraten - gut, das man so Fehlproduktionen nicht gleich wegschmeißt! Weil, das hatte genau die richtige Länge für meinen Hanger. Zuerst wurde da, wo die Kleedung aufhört, eine Kausche eingeklebt, und zwar so, dass noch knapp ein halber Zentimeter Platz bis zum Beginn der Kleedung ist.

    Dann habe ich mit dem Kleedegarn freihändig ganz eng von der Kausche ausgehend das Tau umwickelt; das lange Ende, welches nicht mehr gebraucht wurde, habe ich exakt in Höhe des Beginns der Kleedung gekappt. Dadurch ist die "Wickelbeule" wohltuend klein geblieben.



    Jetzt habe ich ein kurzes Stück gekleedetes Tau genommen, um das Auge zu formen, mit dem der Hanger über den Masttop gelegt wird. An den Stellen, an denen sozusagen die Augenwinkel sitzen, habe ich mit Sekundenleim getränkt. Nun wurde ein Stück neben diesen Klebestellen Schnipp-Schnapp gemacht. Es passierte das, was passieren sollte: Die alte Kleedung wickelte sich auf. Aber eben nur bis zur Leimstelle.




    Alte Kleedung runter, das darunter befindliche Tau aufdröseln und nur eine Ader stehen lassen, diese dann durch Umwickeln mit frischem Kleedegarn an den Hanger bindseln - fertig!




    Hier der alt-neu-Vergleich:




    Und da hängt er nun, der neue Hanger, und wartet auf seine beiden Seitentakel. Und jetzt, lieber @Threepwood , finde ich es auch großartig. :D




    Die beiden Leitkragen mit den Blöcken, von denen ich gestern schrieb, sind nun auch dran. Der Einfachblock oben ist für das Großstenge-Borgstag, der Doppelblock unten für die Groß-Bulien. Auch hier folgt die Erklärung später.




    Jetzt kann es aber wirklich bald losgehen - sobald die Seitentakel dran sind. :)

  • Ja, der Schrage... Das Wichtigste an diesem Buch ist, dass man es auch lesen kann. Sollte man auch tun! Weil, wenn man das gründlich tut, findet man schnell heraus, wie lang so ein Hanger zu sein hat. Mein gestern so schön neu gebauter war jedenfalls zu lang...


    Also nochmal neu gemacht. Zum Glück brauchte ich nur die Kauschen ein Stück höher neu einbinden; der Trick mit dem Sekundenleim und dem Aufdröseln der Kleedung bis zum Leimpunkt hat auch hier funktioniert. Und jetzt nochmal der Vergleich alt - neu:


    Na so ein Zufall auch - sind sie beide gleich lang! :DWer hat da eben was von "Chaot" genuschelt? Bootsmann, aufschreiben den Mann!
    Trotzdem: Der neue ist viel schöner, so! :P


    So, und was ist das? Sieht erstmal nach einem ziemlichen Kuddel-Muddel aus.


    Aber kaum hat man die nicht benötigten Fadenenden abgeschnitten, bekommt das Gebilde Struktur. Das nämlich, liebe Freunde und Freundinnen, ist mein erstes Seitentakel.


    Und so schaut es angebaut aus.



    Das Festmachen des einen Endes an den Timber-Heads ist nur ein Provisorium; da muss später sicher noch ein wenig nachgespannt werden, und dann wird es so vertäut wie vorgesehen.


    Das Seitentakel für die Backbordseite ist in Arbeit; das wird aber bestimmt heute nicht mehr fertig. Und ab morgen heißt's erst mal wieder: Abreise zur Stärkung des Bruttosozialproduktes - die Hauptstadt ruft!
    Mal sehen, was dann ab Donnerstag noch vor den Feiertagen geht.

  • Du legst ja wieder ein ganz schönes Tempo vor und das in dieser Qualität. Hut ab kann ich da nur sagen. :hi:
    Und das Thema Seitentakel war bisher überhaupt kein Thema für mich, also wurde ich nicht nur gut unterhalten, sondern habe auch wieder was gelernt.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Aye Bonden,
    Ich habe den Eindruck, daß um die Seitentakel zu viel Gewese gemacht wird. Es handelt sich doch um Hilfstakel, keine Konstruktionselemente. Will sagen, daß man auch auf See so ein Ende,wenn für entsprechende Arbeiten nötig, takeln könnte. Die Länge würde demnach von der Verwendung abhängen, und da dürfte der Bordusus,der vom Skipper geprägt wurde, eine große Rolle gespielt haben.
    Cheers Angarvater

    To the optimist, the glass is half full.
    To the pessimist the glas is half empty.
    To the engineer, the glass is twice. As big as it needs to be.

  • Na ja, aber du weißt ja, wenn man sich erst einmal auf eine Diskussion mit den Göttern eingelassen hat... :D Aber nun bin ich mit dem Thema auch durch, so wie hier am Fockmast baue ich sie später auch für Groß und Besan.
    Habe gestern erstmal alle bei Chuck gekauften Blöcke gebeizt, sie sind zwar totschick, aber eben viel zu hell. Auch mein helles Takelgarn für das laufende Gut habe ich etwas eingefärbt; so gefällt's mir viel besser. Und nun kann ich, so glaube ich, wirklich anfangen mit dem Wantensetzen. :)