HMS Mercury - Fregatte der Enterprize-Klasse; Shipyard-Kartonmodell, 1:72

  • 18. September 2015


    Ahoi allerseits,


    nachdem ich ein paar Tage in Italien Sonne tanken war, geht es hier wieder ein wenig weiter. Bevor es nun wirklich in die Höhe geht, ist noch jede Menge Kleinkram zu werkeln und vorzubereiten, und ich finde immer wieder Teile, die irgendwie zum Rumpf gehören und noch nicht gebaut sind.


    Die Schiffslaternen zum Beispiel. Die Bögen zeigen mir, dass alle dafür erforderlichen Teile dreifach vorhanden sind, was auch auf drei Laternen schließen lässt. Nun sind ja alte Segelschiffe im Allgemeinen und die englischen Kriegsschiffe der Nelson-Ära im Besonderen ein großes Hobby von mir, aber wenn ich mich mal dumm stelle und die Bauanleitung frage: Wo kommen die drei Laternen denn hin? antwortet mir Shipyard nur in Bezug auf die zwei am Heck. Dass die dritte an der Mars des Großmastes angebracht wird, wird heftigst verheimlicht. Überhaupt komme ich so langsam in Bereiche, in denen man ohne Fachbücher und andere Quellen nur sehr schwer und bestenfalls mit Raten und Learning bei Falschmaching weiterkommt. Das heißt, jetzt macht es so richtig Spaß! :D


    Ich habe erst mal eine Laterne gebaut, um zu schauen, wie das so klappt.
    Die Einzelteile sind schnell gefunden dank meiner Excel-Tabelle. Die sechs Scheibenelemente sollen mit Folie hinterklebt werden. Im Gegensatz zu den Fensterscheiben in den Schotts und in der Heckgalerie sind hier keine vorgestanzten Stücke, sondern ein größeres Stück fester Folie im Bausatz. Ihr seht ja, wie recht filigran die Rähmchen sind. Kurz nachgedacht, dann hatte ich eine vermeintlich tolle Idee: Mittels kleinster Tupfer Ponal Turbokleber kamen die Rähmchen auf die Folie und wurden dann nach kurzer Trockenzeit fein sauber ausgeschnitten. Meine Scheiben waren "verglast", und die Teile hatten mehr Stabilität für den Zusammenbau.
    Dann aber schlug die Chemie zu. Offenbar ist im Ponal Turbokleber ein Stoff, der sich mit der Folie nicht so gut verträgt. Aus meinen durchsichtigen Glasscheiben wurden plötzlich trübe, fleckige Glasscheiben. Der Witz war, dass der Effekt erst nach ein paar Minuten eintrat - da war das Laternchen schon fast komplett zusammengebaut.
    Erst habe ich mich geärgert, aber so im Nachherein denke ich, dass das so schlecht gar nicht ist: Die Qualität des Alltagsglases zur damaligen Zeit war lange nicht so hoch wie heute. In der Laterne blakte eine rußende Kerze. Also erscheint es gar nicht so abwegig, dass die Scheiben alles andere als klar waren - wichtig war nur, dass genug Licht durchkam, um anderen Schiffen des eigenen Geschwaders nachts die Position anzuzeigen.
    Dennoch werde ich bei den nächsten beiden Laternen einen anderen Kleber probieren und das ganze erst mal testen, bevor es an die Echt-Teile geht.


    Hier nun die Bilder, und dann geht es weiter...

  • 18. September 2015


    Ein anderer Baubericht in einem anderen Forum erinnerte mich daran, dass meine Mercury ja auch auf jeder Seite eine Fallreepstreppe braucht (Danke, petcarli! ;) ). Die Stufen dafür sind wahrlich keine Herausforderung, aber sie müssen eben auch gebaut und bemalt werden. Beim Bemalen gilt es zu beachten, dass sie immer die gleiche Farbe wie der jeweilige Untergrund bekommen.


    Spaß gab es dann mit den Marsplattformen. Weiter vorn hatte ich ja den damaligen Arbeitsstand gezeigt und angekündigt, da farblich nachzubessern. Zuerst einmal mussten aber die Rippen angebracht werden. Und da gab es wieder einen kleinen Intelligenztest von Shipyard. Zum einen muss man das einfach wissen, dass auf die Plattformen diese Rippen draufmüssen und man muss auch wissen, welche Teile das sind - sowas muss ja nicht in der Bauanleitung stehen. Zählt man dann auf dem betreffenden Bogen nach, stellt man fest, dass je Plattform 22 Rippen vorhanden sind, aber es gibt nur jeweils 20 vorgegebene Stellen dafür - man sieht das auf dem dritten Bild recht gut. Kurz nachgedacht und geschaut, und dann hat man's - jeweils die längsschiff mittig sitzenden Rippen sind doppelt vorhanden, obwohl sie nur einmal gebraucht werden. unschuldig Also, liebe Nachbauer: Wenn ihr da Mist baut, dann am besten mit genau diesen zwei Teilen - dann habt ihr einen weiteren Versuch. :D


    Der Rest war nur noch Fleißarbeit, und dann kam Kamerad Pinsel zum Einsatz. Am Ende des Tages war das dann die Ausbeute - die Plattformen lege ich für später beiseite, die Fallreepstreppen werden eventuell schon morgen angebracht.


    So, jetzt habe ich die Fallreeptreppen dran, wie man sehen kann.


    .

  • 18. September 2015


    Ach nee, so bloß mit diesen zwei Treppen wollte ich dann den Werfttag doch nicht beenden. Und wieder war es petcarli-Fritz, der mich mit seiner Revenge an etwas erinnerte. Weil auch bei meiner Mercury waren ja noch die Kranbalken anzubringen. Das hatte ich mir noch aufgespart, da so vorstehende Teile ja immer gern mal abgerissen werden beim Bauen - aber irgendwann müssen sie ja mal ran. Außerdem hatte Shipyard hier auch wieder ein kleines Unterhaltungselement eingebaut.
    Bild 1 zeigt den kranbalkenlosen Zustand.


    In Bild 2 und 3 halte ich die Stütze und den Kranbalken an die Stelle, wo sie hinsollen.


    Man sieht schon den Systemfehler: Der Kranbalken wird hauptsächlich zum Katten des Ankers benötigt; da hängt also schon ein ganz gewaltiges Gewicht dran. So etwas pappt man mal nicht eben nur an zwei dünnen Zierleisten, nein, das wird fest und eng am Rumpf befestigt!
    Also mussten die Zierleisten vorsichtig und passgenau aufgeschnitten werden:


    Dann jeweils Kranbalken mit Stütze verbinden, die Stütze am unteren Ende noch etwas einkürzen, da sie sonst zu lang gewesen wäre, und dann anbringen.
    Bilder 5 und 6: Voilá! Fertsch, wie der Sachse sagt! :wink2:


    Nun dürfen die Werftarbeiter auch ins Wochenende. :sun:


    .

  • Sehr schön, dass wir die ganze Geschichte Deiner Hübschen jetzt auch hier lesen können.
    Ich bin immer wieder sprachlos, was Du mit Karton und Papier zustande bringst. :th:

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Hallo Bonden,


    das nenne ich eine tolle Idee -auch wenn sie aus einem nicht so tollen Grund entstanden ist.
    Vielen Dank für Deine Mühe

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Und es sieht immer nach mehr aus als "nur" Karton... das ist schon sehr beeindruckend. Es ist eben nicht das einfache Ausschneiden und schnelle Zusammenkleben von Papier. Wahre Leiden-schaft. ;-)

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Schöne Arbeit und ein schönes Schiff!


    Die Frage als Zimmermann womit klebst Du Deine Modelle?


    Cheerio Angarvater

    To the optimist, the glass is half full.
    To the pessimist the glas is half empty.
    To the engineer, the glass is twice. As big as it needs to be.

  • Ja , genau , Bonden. Auch mir juckt es in den Fingern, einen Shipyard-Bausatz ( Kutter "Alert" ) anzufangen und ich bin immer noch auf der Suche , nach dem passenden Kleber. Uhu erscheint mir zu auftragend, und leider hat das letzte Bastelgeschäft in der nächsten Stadt inzwischen geschlossen. Wäre dir dankbar für gute Tips. :idea:

    " Suche die Wahrheit hinter den Dingen, wähle deine Feinde mit Bedacht und lege dich nie offen mit einem Drachen an" (Chinesisches Sprichwort)

  • Hier ging es heute weiter. Viel Aufwand, wenig zeigenswertes Ergebnis. Aber wat mutt dat mutt...


    Heute wurde das zweite Rüstbrett für den Großmast bestückt. Dazu habe ich zuerst mal Draht brüniert. Das war leichter gesagt als getan. Ich nahm Brünierbeize von Fohrmann, für Eisen, denn ich hatte im Fachgeschäft Eisendraht verlangt und gekauft. Zuerst dachte ich, mein Brüniermittel ist kaputt, da sich nix verfärbte. Dann hatte ich die schlaue Idee, mal einen Magneten an den Draht zu halten, und die beiden wollten partout nicht miteinander kuscheln. Ok, also nahm ich die Brünierbeize für Messing und Kupfer, und schon hat sich der angebliche Eisendraht schwarz geärgert, dass ich seine Trickserei erkannt hatte. :D


    Nun, das Einfassen der Rüstjungfern mit dem Draht ist auch keine vergnügungssteuerpflichtige Angelegenheit, und mir tun jetzt die Finger weh. Aber egal, es ist geschafft. :huzzah:


    Nun warten "nur" noch die Rüsten für Fock und Besan...


    .

  • Statt Eisen gab es Kupfer oder Messing? Ein schlechtes Geschäft für den Händler, aber in der Größenordnung noch nicht existenzbedrohend.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Lieber Bonden,


    dein Modell zeigt mal wieder eine alte These von mir: Will man ein anständiges Modell in kleinem Maßstab bauen - nimm kein Holz sondern Plastik oder Pappe ;-)


    Handwerklich wunderherrlich ausgeführtes Modell, das schon bausatzseitig mit stimmigen Proportionen und tollen Details daherkommt, einfach toll.


    Gruß, Daniel

  • So, jetzt erst einmal vielen Dank für die netten Kommentare! :thumb2:


    Für heute ein kleines Udate:


    Zum einen habe ich mich heute mit dem Penterbalken befasst. Auf diversen Darstellungen sieht man immer nur, dass beiderseits ein Tau durch Augbolzen geführt wird, aber nirgends findet man, wo diese Taue beginnen und enden und wozu sie da sind. Da musste erst Herr dafi umme Ecke kommen und mich mit der Nase erst in "sein" Forum und dann dort in einen eigens dem Penterbalken gewidmeten Thread stupsen. Das sind nichts weiter als Trageseile, um das schwere Teil je nach Bedarf über die eine oder andere Seite des Vordecks zu wuchten, je nachdem wo ein Anker zu pentern ist. (Das dafür notwendige Takelzeugs kommt später ran.)
    Also habe ich heute meine kleinsten Augbolzen bemüht. Aber so richtig glücklich bin ich nicht mit dem Ergebnis - ich finde die Augbolzen ein wenig zu überdimensioniert, oder was meint ihr?


    Zufriedener bin ich mit der Marsplattform des Großmastes. Hier wurden 4mm-Jungfern mit brünierten Draht eingefasst und angebracht; im Anschluss baute ich das Geländer. Für die Höhe habe ich extra einen meiner Kanoniere herbeigerufen. Ja, passt so, Arbeitsschutzvorschrift eingehalten, Geländer über Hüfthöhe, alles schick! :D