• H.M.S. LONDON wurde im Jahr 1759 in den Chatham Dockyards in Auftrag gegeben und im Jahr 1766 als achtes Schiff dieses Namens für die Royal Navy zu Wasser gelassen. Sie war zunächst als Schiff zweiter Klasse mit 90 Geschützen gebaut worden. Später wurde die Geschützanzahl auf 98 erhöht. Zudem erwies sich das Design von Thomas Slade als so gut, dass in den Jahren 1779-1782 drei Schwesterschiffe (H.M.S. PRINCE, H.M.S. IMPREGNABLE und H.M.S. WINDSOR CASTLE) in Auftrag gegeben wurden, die in den Jahren 1788 – 1790 vollendet wurden. Diese drei waren von Anfang an mit 98 Geschützen ausgerüstet – Veränderungen waren dafür genauso wenig erforderlich, wie bei der Umrüstung der LONDON, da lediglich die Bewaffnung auf dem Quarterdeck erhöht wurde.


    Die ersten Jahre scheint das Schiff zunächst in Reserve gehalten worden zu sein/ als unfertige Hulk verbracht zu haben. Ihren ersten Einsatz in einer Schlacht scheint H.M.S. London im Jahr 1781 zu haben. Unter dem Kommando von Captain David Graves diente sie Thomas Graves als Flaggschiff in der Schlacht in der Chesapeake. Wie allgemein bekannt sein dürfte, war hier für die Royal Navy nur bedingt Ruhm zu ernten – daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass sich (auch auf englischsprachigen Websites) nur wenige Informationen zur Beteiligung des Schiffes finden lassen.
    Ab September 1781 stand die LONDON unter dem Kommando von James Kempthorne (in der Karibik?). Gut ein Jahr später, im Oktober 1782 war sie in ein Gefecht mit den französischen Schiffen LE SCIPION (74) und LA SIBYLLE (40) verwickelt. Zwei Tage später wurde die LONDON am 19.10.1782 zum Flaggschiff von Konteradmiral Joshua Rowley in der Samana Bay vor der Ostküste St. Domingos (Fr.), wo die LE SCIPION von der LONDON zerstört wurde. Im April 1783 wurde sie von Jamaica zurück nach England beordert und dort im Juli abgemustert.
    Zwischen Januar 1785 und März 1787 erfolgten Reparaturen im Chatham Dockyard.


    Die LONDON wurde im Juni 1790 unter William Dommett wieder in Dienst gestellt. Ab Oktober 1790 diente sie als Flaggschiff für Konteradmiral Samuel Goodall unter dem Kommando von George Westcott und wurde bereits im August 1791 erneut abgemustert.
    Danach lassen sich erst 1793 wieder Hinweise auf das Schiff finden. Von Mai bis Juni dieses Jahres war sie, unter dem Kommando von Captain Richard Keats, Flaggschiff des Duke of Clarence (des späteren Königs William IV.). Am 22 Juli schloss sie sich als Ersatz für die beschädigte BELLEROPHONE der Kanalflotte vor den Scilly Inseln an. Sie war dabei, als man am 31. Juli die französische Flotte sichtete, ohne zu dieser aufschließen zu können. Im August war sie als Eskortschiff für den Neufundlandhandel abgestellt und im Oktober und November wieder mit der Kanalflotte auf Patrouille nach französischen Verbänden, bis die Flotte Mitte Dezember nach Spithead zurückkehrte. Im Jahr 1793 stand sie unter dem Kommando von Captain L. W. Halstead (vermutlich wieder als Teil der Kanalflotte?) und war im August des Jahres Flaggschiff von Admiral Montagu.


    Auch im Jahr 1795 war sie Teil der Kanalflotte unter dem Kommando von Konteradmiral Alexander Hood, damals noch (irischer) Baron Bridport und segelte mit dieser in die Biskay. Dort traf man auf die französische Flotte (unter dem Kommando von Konteradmiral Villaret) und konnte die ALEXANDRE, FORMIDABLE und TIGRE erobern (im Englischen als „Battle of Groix“ bezeichnet). Auch wenn man in der Navy der Meinung war, dass man bei dieser Schlacht hätte mehr gewinnen können, war die Reaktion der Öffentlichkeit positiv und Alexander Hood brachte es (zusätzlich zur irischen) auch die englische Peerswürde und die Beförderung zum Vizeadmiral ein. Als solcher nutze er in den Jahren 1796 und 1797 die LONDON auch gelegentlich als Flaggschiff.


    Im Jahr 1796 wurde die Kanalflotte in drei Geschwader aufgeteilt. Die LONDON wurde dabei das Flaggschiff von Konteradmiral Thompson, der vor Brest stationiert war. Ab Oktober oder November dieses Jahres wurde Thompson zeitweise von Vizeadmiral Colpoys vertreten, der die LONDON ebenfalls als Flaggschiff nutzte. Als die französische Flotte am 16. Dezember Brest verließ, war der Großteil der britischen Flotte aufgrund des schlechten Wetters nicht mehr vor dem Hafen stationiert, sondern vor Ushant. Captain Pellew, der mit ein paar Fregatten die Stellung vor Brest gehalten hatte, zog sich daraufhin auch nach Ushant zurück, da Colpoys keine Anweisungen hinterlassen hatte, wie beim Ausbruch der Franzosen zu verfahren wäre. An der Spithead Meuterei im Jahr 1797 war die LONDON als Teil der Kanalflotte auch beteiligt. Dabei kam an Bord zu einem Zwischenfall, bei dem ein Seemann getötet wurde. Admiral Colpoys übernahm dafür die Verantwortung und wäre fast von den Matrosen zum Tode verurteilt worden, als bekannt wurde, dass deren Forderungen vom Parlament angenommen worden waren und die reguläre Hierarchie in der Flotte wieder hergestellt wurde. Da es nicht zuletzt das frei herumkreuzende französische Geschwader war, das zur schnellen Annahme der Forderungen der Seeleute geführt hatte, kann man sagen, dass Colpoys quasi durch sein eigenes Versäumen sein Leben gerettet hat.


    Die nächsten Jahre verbrachte das Schiff dann ein wenig südlicher. Im Jahr 1798 war sie unter dem Kommando von Captain J. C. Purvis vor Lisabon, 1798 mit einem Geschwader vor Cadiz und im Jahr 1799 war sie kurzzeitig im Mittelmeer stationiert. 1800 kehrte sie aber schließlich zur Kanalflotte zurück – besonders sticht hier der 29. August hervor, an dem unter anderem auch Bootsbesatzungen der LONDON an der Invasion Ferrols teilnahmen. Dabei wurde der französische Freibeuter GUÊPE erobert und die daran beteiligten Seeleute erhielten im Jahr 1848 nachträglich noch die Naval General Service Medal.


    Im Jahr 1801 nahm die LONDON unter dem Kommando von Captain Robert Waller Otway an der Schlacht um Kopenhagen teil, allerdings nicht in Nelsons Geschwader, sondern Hyde Parkers Reserveflotte. Captain Otway selber war im Laufe der Schlacht allerdings als Kurier von Hyde Parker zur ELEPHANT (Nelsons Flaggschiff) unterwegs. Nach dem Sieg war die LONDON zumindest zeitweise in der Ostsee stationiert. Das folgende Jahr verbrachte das Schiff unter dem Kommando von Captain Morray zunächst wieder bei der Kanalflotte, um später in Plymouth vorläufig außer Dienst gestellt zu werden. In den Jahren 1803-05 wurde die LONDON dort grundlegend repariert und erst wieder im Oktober 1805 (unter dem Kommando von Captain Sir Robert Barlow) für eine neue Reise ausgerüstet.


    Im Jahr 1806 war sie als Flaggschiff Teil von Sir J.B. Warrens Squadron, das die Aktivitäten des Geschwaders des französischen Vizeadmirals Leissegues im Atlantik überwachen sollte. Im weiteren Verlauf konnten dabei von einigen Schiffen des Geschwaders die nach Frankreich zurückkehrende MARENGO und BELLE-POULE aufgebracht werden.


    Den letzten größeren Einsatz (der die Grundlage für meine Geschichte „A New Hope“ war) hatte die LONDON quasi direkt daran im Anschluss. Nachdem der eigentlich als Kommandant vorgesehene Captain E.O. Osborne ein anderes Kommando erhielt, wurde Thomas Western als neuer Kapitän ernannt. Zeitweise sah es so aus, als ob sich daran noch einmal etwas ändern würde, als die LONDON das Flaggschiff von Sir Sidney Smith werden sollte. Dieser (und damit auch sein Flaggkapitän Charles M. Schomberg) gingen aber schließlich an Bord der HIBERNIA in See. Am 17. November kam das Geschwader von Smith an der Mündung des Tajo an, um diesen zu blockieren. Als sich um den 29. November die portugiesische Königsfamilie dafür entschied, dem in Portugal tobenden Krieg dadurch zu entgehen, dass man nach Brasilien ging, stellte Sidney Smith die LONDON zusammen mit der MARLBOROUGH und BEDFORD ab, um die königliche Familie zu eskortieren. Die anschließende Überfahrt war wohl relativ unspektakulär (anders als in meiner Geschichte).


    Im Jahr 1811 befand sich das Schiff in Chatham, wo vermutlich auch der Abbruch im gleichen Jahr stattfand.


    Quellen:
    http://en.wikipedia.org/wiki/HMS_London_(1766)
    http://en.wikipedia.org/wiki/London_class_ship_of_the_line
    http://www.pbenyon.plus.com/18-1900/L/02763.html
    http://www.ageofnelson.org/MichaelPhillips/info.php?ref=1352
    Winfield, Rif: British Warships in the Age of Sail 1714-1792

    George N. W. Cavendish-Bentinck (M.O.R.N.)

  • Der Segelmeister der "London" während der ersten Schlacht von Kopenhagen war übrigens ein gewisser John Fryer, der im Jahr 1789 diesen Dienstposten an Bord von H.M.A.V. "Bounty" versah. Sein ehemaliger Schiffschef, William Bligh, führte in dem selben Geschwader H.M.S. "Glatton". Die Marine war auch damals schon klein...

    Man wants but little here below, nor wants that little long.