HMS Diamond Rock - ein unsinkbares "Schiff" der RN

  • Hier noch einer meiner geretteten Artikel aus alten Zeiten.


    1804: Im Vorfeld der Schlacht von Trafalgar bekämpften sich Franzosen und Engländer in ihren karibischen Besitzungen. Um erfolgreich den Schiffsverkehr des Gegners zu stören, brauchte man Schiffe, damit die Häfen blockiert werden konnten, zu erkunden und natürlich auch um Schiffe des Gegners zu erobern oder zu versenken.
    Beide Seiten hatten nicht genug davon.
    Zwar beherrschte die Royal Navy den Großteil der Karibik, aber gerade Martinique als eine der wichtigsten französischen Inseln war nicht wirkungsvoll zu überwachen.
    Lagen doch die beiden Häfen (St. Pierre im Norden und Fort de France im Süden), für eine Überwachung durch nur ein Schiff, zu weit auseinander.
    Commodore Sir Samuel Hood und sein Geschwader mussten so häufig zusehen, wie französische Schiffe Martinique mit Kurs Frankreich verließen. An Board Zucker, Rum, Tropenhölzer und andere Produkte der Inseln.
    Was tun?
    Beide Häfen waren gut geschützt durch mehrere Bastionen und schwierige Fahrwasser. Kam ein Schiff zu nah, wurde es von der starken französischen Artillerie vertrieben.
    Hood hatte seinen Wimpel auf der HMS Centaur einem 74er unter Captain Maxwell gesetzt. Das Schiff kreuzte vor Martinique um beide Häfen zu blockieren, kam aber nicht nah genug unter Land, um kleinere Briggs aufzubringen, die nicht so viel Tiefgang hatten wie sie selbst. Auch war der 74er zu schwerfällig für die kleineren und schnelleren Frachtschiffe.
    Zwar hatte man zwischenzeitlich ein gekapertes französisches Schiff in Dienst genommen (welches??) aber die fortwährenden Kämpfe zehrten am Material des Geschwaders und das zu überwachende Gebiet war riesig.
    So kamen die Offiziere der Centaur auf die Idee einen unbewohnten Felsen in der Bucht von Fort de France zu besetzen, um dort eine Bastion zu erstellen.
    Die Franzosen hielten den sogenannten Rocher du Diamant (Diamond Rock) für unbesteigbar und schlangenverseucht, so dass sie dort keine eigene Garnison einrichteten. Dieser Basalt Kegel vulkanischen Ursprungs ragt 173 m (567 feet) aus dem Wasser und ist von Höhlen durchzogen.
    Leutnant Maurice (1.Offizier der HMS Centaur) und 20 Mann wagten es und errichteten auf Diamond Rock eine Bastion.
    Es wurden nachts, in aller Heimlichkeit, mit einem Kutter Verpflegung und Waffen auf den Berg geschafft. Zwei lange 18 Pounder und drei 24 Pounder Kanonen wurden ebenso auf den Felsen geschafft, wie die Ausrüstung für ein Hospital.
    Sir Samuel Hood stellte den Berg nun als Sloop HMS Diamond Rock in Dienst.
    Den Franzosen blieb die Besetzung nicht verborgen, hörten sie doch täglich wie die englischen Seeleute die Befestigungen ausbauten und sahen das stolz auswehende Red Ensign auf der Bergspitze!
    Alle Angriffe der Franzosen konnten ohne eigene Verluste abgewehrt werden.
    Die englische Besatzung richtete sich in den Höhlen ein, Wasser wurde in Zisternen gesammelt, Schiffe die versuchten auszulaufen beschossen und zur Umkehr gezwungen.
    HMS Centaur konnte damit wirkungsvoll den Hafen von St. Pierre blockieren. Der Handel der Insel Martinique kam damit fast zum Erliegen.
    Napoleon und besonders Kaiserin Josephine (sie war auf Martinique geboren) waren sehr ungehalten über HMS Diamond Rock. Von Josephine und Napoleon ist folgendes Zitat hierzu überliefert: “It’s ze noise Napoleon, I can’t sleep, mon dieu!”
    „Sacre bleu—not tonight Josephine!”
    Dieser Klotz im Wasser sollte Einfluss auf die weiteren Ereignisse bis Trafalgar haben.
    Napoleon befahl Admiral Villeneuve sich mit seiner Flotte von Toulon in Marsch zu setzen, die Spanische Flotte bei Cadiz aufsammeln, um dann in die Karibik zu ziehen, um dort den Felsen zu befreien und der Kaiserin ihren Schlaf wieder zu geben. Nachdem die Karibik befreit wurde, sollte Villeneuve die Invasion Englands unterstützen. Dieser zusätzliche Auftrag, die Karibik zu verwüsten und Diamond Rock zu „befreien“, gaben Nelson die Möglichkeit die verlorene Zeit aufzuholen und Villeneuve schließlich zur Schlacht zu zwingen.
    Nach 15 Monaten (andere Quellen sprechen von 17) im Einsatz ergab Leutnant Maurice der überlegenden Übermacht Admiral Villeneuves und seiner Flotte. Die Besatzung litt nach einem kleineren Erdbeben unter Wassermangel. Das Erdbeben hatte die Zisternen zerstört. Leutnant Maurice stellte bei der Kapitulation nur eine Bedingung: Er und seine Männer würden die Insel nur im Tausch gegen ein Fass Rum herausgeben. Villeneuve akzeptierte. Die Besatzung wurde in Fort de France inhaftiert und zwei Monate später ausgetauscht.
    Das Ende kennen wir: Villeneuve wurde von Nelson weiter gejagt und schließlich bei Trafalgar besiegt.
    Die Romane „The Diamond Rock“ von Geoffrey Bennett und „Ramage's Diamond“ von Dudley Pope basieren auf den Ereignissen von 1804 und 1805.


    Quellen www.allatsea.net, Wikipedia u. a.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Ich sehe die Rückeroberung von Diamond Rock eher als einen Nebeneffekt an. In erster Linie bestand der Plan ja darin, die englische Hauptmacht nach Westindien zu locken, dann schnell nach Europa zurückzukehren um dort die Invasion mit einer nun deutlich überlegenen Flotte realisieren zu können. Nur leider, für Napoleon, erwies es sich in der Praxis, dass dieser nach klassischen Mustern der Landtaktik entworfene Plan nicht für eine Umsetzung auf See taugte, da sich Flotten auf See halt nicht so einfach auf dem Schachbrett verschieben lassen wie halt Truppen an Land.
    Davon abgesehen ist es aber eine hübsche Annekdote.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Kriegsentscheidend war Diamond Rock garantiert nicht. Aber es hat den Hafen wirksam blockiert. Da Schiffe in den Westindies Mangelware für die RN waren konnte man effektiv ein Schoff sparen und anders wo einsetzen.


    Aga

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    Adm. Horatio Nelson

  • Aga, Du solltest mal ein ernstes Wort mit Deiner Autokorrektur reden. ;)


    Natürlich nicht kriegsentscheidend, aber es lag natürlich auf der Hand, dass Villeneuve sich um das Problem kümmern musste, als er Martinique anlief. Übrigens gestaltete sich die Rückeroberung schwieriger als gedacht. Nur halt die Geschichte mit Josephine und ihrem Schlaf sehe ich halt mehr als nette Geschichte für Touristen.
    Weniger nett, aber für mich nachvollziehbarer erscheint mir allerdings der Zusammenhang zwischen der Wiedereinführung der Sklaverei durch Napoleon und der Herkunft seiner Frau.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Der Zusammenhang mit Josefines Herkunft und Napoleons Entscheidung zur Sklaverei war für mich immer klar.


    Diese Rechtschreibhilfe vom iPad ist echt nervig ...


    Aga

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    Adm. Horatio Nelson