Besanschot an! - Splice the main brace!

  • In wohl jeder historischen Flotte war es üblich den Männern ihr schweres Leben mit diversen Alkoholika etwas etragbarer zu machen. Aus heutiger Sicht ist diese Methode natürlich äußerst zweifelhaft, aber darum geht es mir mit diesem Post auch garnicht (können wir aber im weiteren Verlauf gerne diskutieren).


    Ich lese gerade >His Majesty's Ship< von Alaric J. Bond und dabei bin ich auf eine Erklärung zur täglichen Rumausgabe gestoßen, die ich so noch nicht kannte bzw. die mir so nicht mehr bewusst war.


    Der Rum wurde zu "unserer Zeit" ja verdünnt ausgegeben - das ist bekannt! ;)
    Mein gefährliches Halbwissen hatte in etwa den Stand, wie ihn auch Wikipedia wiedergibt:

    Zitat

    Grog: Seit dem 17. Jahrhundert bis 1970 wurde auf den Schiffen der Royal Navy Rum (seltener Arrak) als Proviant an die Mannschaft ausgegeben. Disziplinlosigkeit und Trunkenheit waren nicht selten die Folge. 1740 ließ daher – und auch wegen steigender Knappheit auf den oftmals langen Kriegsfahrten – der englische Vize-Admiral Edward Vernon (1684–1757) seine Matrosen den Rum nur noch mit Wasser verdünnt trinken. Später wurde das Getränk auch mit Zucker und Limettensaft versetzt (wirkte gegen den auf langen Törns weitverbreiteten Skorbut, und ohne Rum hätten viele den Zitronen- bzw Limettensaft nicht getrunken).


    Nun lässt Alaric J. Bond während der Rumausgabe einen erfahrenen Seemann ein Gespräch mit einem neuen Landlubber an Bord führen. In etwa so:
    Seemann: "Weißt du warum der Rum nur verdünnt ausgegeben wird?"
    Landlubber: "Damit er den Männer nicht so zu Kopf steigt!".
    Seemann: "Das glauben viele, ist aber falsch, denn..."


    Alaric J. Bond beschreibt so, dass die Menge an reinem Alkohol durch die Verdünnung nicht weniger geworden ist (im Vergleich zu früheren Rumausgaben ohne Wasser). Die Männer also weiterhin in gleichem Maße "angetrunken" sind.
    Er beschreibt stattdessen, dass die Verdünnung hauptsächlich eine Maßnahme ist, um zu verhindern, dass die Leute den Rum horten. Denn "Reinen Rum kann man lange aufbewahren, bei Rum mit Wasser kannst du deine Tasse am Abend wegschütten."


    Frage in die Runde: War euch das so bekannt? Wie seht ihr diese "Theorie"?


    Bei meinen kleinen Recherchen hab ich noch 2 Dinge gelernt:
    1. nach einer Interpretation steht das Wort Grog für „Grand Rum of Grenada“ (wiki)
    2. Unter Norwegern heißt es übrigens zur Rumausgabe "Släpp nu lärkan ut ur buren!" - "Lasst die Lärche aus dem Käfig"


    Beenden möchte ich meinen kleinen Beitrag mit


    „Gott schütze uns vor Sturm und Wind
    und Gläsern, die voll Tinte sind!“

  • Mit stellt sich dabei erstmal die Frage, warum man den verdünnten Rum nicht horten kann? An der Menge wird es wohl weniger liegen. Es heißt ja wohl auch, daß man den mit Wasser verdünnten Rum abends wegschütten kann. Wieso denn? Was passiert da? Mich würde da der chemische Hintergrund interessieren.

  • Ja, ich verstehe auch (noch) nicht, warum das so sein sollte.
    Allerdings sollte man in die Betrachtung mit einfließen lassen, dass das "Wasser" um das es hier geht, mit dem "Wasser" welches wir heute kennen, nicht viel gemein hat. Die grüne, teils stinkende Brühe von damals ist eben schon was anderes.


    Nur:
    Rum allein war "haltbar".
    Wasser allein ebenso (zumindest einige Wochen, wenn auch mit Nebenwirkungen).
    Warum sollte es dann also in der Kombination nicht so sein? :?:


    Achja, ganz wichtig war in dem Roman auch die Tatsache, dass der Rum immer in das Wasser gegossen werden muss, nie umgekehrt! Nun ja, das tue ich mal unter Seemannsbrauch ab. Es soll ja auch Leute geben, die ihren Kaffee oder Tee immer nur in die Milch gießen & nie umgekehrt. :lol:

  • Ich hab das auch gelesen und hielt es seinerzeit für plausibel. Es ist logisch, dass der geringere Alkoholgehalt möglicherweise nicht mehr ausreicht, um alle Keime im Wasser abzutöten und zudem damit zu rechnen ist, dass der Alkohol aus einem offenen Gefäß relativ schnell verdunstet. Ich werde es einfach mal ausprobieren, morgen früh einen Schluck Rum 1:3 oder 1:4 (?) zu verdünnen und ihn bis zum Abend stehen zu lassen. Ich kann mir aber vorstellen, dass er dann nicht mehr gut schmeckt. Lass mal ein Glas Wein einen Tag lang offen stehen, und du weißt was ich meine.


    Dass das Wort Grog von "Grand Rum Of Grenada" herrühren soll, glaube ich hingegen nicht wirklich (siehe den Wiki-Eintrag). Wenn schon die Legende um Admiral Edward "Old Grog" Vernon als widerlegt gilt, ziehe ich es vor, dass die Herkunft des Begriffs unbekannt ist als dass es von diesem bescheuerten Akronym stammt.


    Siehe hier:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Grog


    Witzigerweise widerspricht die englische Wiki der deutschen, was die Herkunft des Begriffes Grog betrifft und führt ihn sehr wohl auf Vernon zurück:


    http://en.wikipedia.org/wiki/Grog.


    Demzufolge ist das Wort Grog im Englischen erst ab 1749 nachweisbar, 9 Jahre nachdem Vernon die Ausgabe verdünnten Rums eingeführt hat. In der englischen Wiki ist auch erwähnt, dass verdünnter Rum schneller verdirbt als unverdünnter.

  • Im Grunde erscheint mir das mit der haltbarkeit plausibel. Verdünnt verliert der Alkohol doch seine desinfizierende Wirkung, zumal der Alkohol ja vielleicht noch im Laufe der Zeit an die Oberfläche steigt (leichter als Wasser) und verdunstet. Das Resultat ist eine süsse Nährlösung für die Keime und Bakterien.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Zitat von "Mr. Oxbelly"

    Ich hab das auch gelesen und hielt es seinerzeit für plausibel. Es ist logisch, dass der geringere Alkoholgehalt möglicherweise nicht mehr ausreicht, um alle Keime im Wasser abzutöten und zudem damit zu rechnen ist, dass der Alkohol aus einem offenen Gefäß relativ schnell verdunstet. Ich werde es einfach mal ausprobieren, morgen früh einen Schluck Rum 1:3 oder 1:4 (?) zu verdünnen und ihn bis zum Abend stehen zu lassen. Ich kann mir aber vorstellen, dass er dann nicht mehr gut schmeckt. Lass mal ein Glas Wein einen Tag lang offen stehen, und du weißt was ich meine.
    [...]


    Was ist denn aus dem Experiment geworden? Den Rum doch vorher ausgetrunken? :lol:

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Ich muss zugeben, dass ich es am Dienstag Vormittag vergessen und erst gestern Abend einen Schluck Rum 1:3 mit Wasser verdünnt habe. Nicht 1:4, weil der moderne Rum ohnehin nur 40% Alkohol hat. Zitrone habe ich auch keine rein. Heute Abend hat es im wesentlichen noch genauso bescheiden geschmeckt wie gestern. Ich konnte nicht feststellen, dass es irgendwie verdorben wäre (abgesehen von der frevelhaften Zugabe von Wasser).


    Allerdings hält der Test natürlich keinerlei wissenschaftliche Standards ein. Beispielsweise habe ich einwandfreies Leitungswasser verwendet. Um den Test unter realistischen Bedingungen zu wiederholen, benötige ich einen Freiwilligen, der bereit ist, den Rum mit Wasser zu mischen, das sich mindestens 8 Wochen bei Zimmertemperatur in einem nicht ganz sauberen Holzfass befunden hat. Ich mache das jedenfalls nicht. :mrgreen:


    Fazit: "Never mix your rum me boys but always take it neat."

  • Ich glaube , die Erklärung für den "Grog" ist von der falschen Seite her aufgezäumt.
    Ich halte es für falsch, anzunehmen, Grog bedeute , daß der starke Alkohol mit Wasser verdünnt werden musste. Vielmehr ging es um das Wasser.
    Wie war es um das Wasser denn bestellt, das die niedrigen Stände , auch die Seeleute , zur Verfügung hatten.
    Es war ungereinigt, ungefiltert, ungechlort - kurz gesagt dreckig, voller Keime und Bakterien. Auch wenn man noch nicht wusste , was Bakterien waren, man wusste , daß man von dem schmutzigen Gesöff krank werden konnte.Zum Übergang von 18. ins 19. Jahrhundert, zu unserer Zeit, kannte man schon das Abkochen, um Wasser keimfrei zu machen.
    Nur : Auf einem Holzschiff schwierig durchzuführen. Allein die Mengen an Brennmaterial, die man hätte mitführen müssen. Da man die desinfizierende Wirkung von Alkohol aber schon kannte , versuchte man es damit. Vor allem in der Seefahrt konnte das schale , oft schon faulige , mit Algen durchsetzte Wasser damit wenigstens geschmacklich soweit verbessert werden , daß man es hinunter bekam.
    Terry Pratchett beschreibt in seinem Buch "Dunkle Halunken" das Leben von armen Londonern zur Zeit des Regierungsantritts von Queen Victoria. Er schreibt, ja, sie hätten Unmengen Bier und Gin gesoffen, aber warum ? Das Wasser war schmutzig und hätte abgekocht werden müssen, Holz und Kohle aber waren teurer als wenn man gleich Bier und Schnaps konsumierte.
    Wir müssen die Ess-und Trinkgewohnheiten unserer Romanfiguren nicht aus heutiger , durch Hygiene verwöhnter Sicht betrachten , sondern aus ihrer Situation. Wobei wir heute , man sieht es an der Vermehrung von Allergien , vermutlich schon wieder eher in eine Über-Hygiene abgedriftet sind, die unsere natürlichen körperlichen Abwehrkräfte schädigt.

    " Suche die Wahrheit hinter den Dingen, wähle deine Feinde mit Bedacht und lege dich nie offen mit einem Drachen an" (Chinesisches Sprichwort)

  • Klar war das einer der Gründe Guy, aber woher der Name kommt klärt sich immer noch nicht.
    Wegen der geünderen Art zu trinken wurde ja auch vielfach verdünnter Wein, Bier etch von der Landbevölkerung getrunken.
    Auch die Armee hatte Grog, wie man bei Sharpe lernt. Aber die Menge an Rum pro Tag und Nase war in der Navy so hoch wie nirgends sonst. Das verwundert.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Was den Namen betrifft, halte ich mich bis zum Beweis des Gegenteil an Admiral Vernon.


    Was das Getränk betrifft: Ich werde niemals nicht mehr Rum 1:3 mit Wasser verdünnen. Ich schwör's! Außer Guy Nelson meldet sich freiwillig für mein Experiment (siehe oben)! ;)

  • Die Gründe dürften doch relativ klar sein - Rum (Alkohol) koserviert sich quasi selbst und hebt die Stimmung, was bei Wasser nun leider nicht der Fall ist. Rum verdünnen ist doch Kindergeburtstag...

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • klar. heute.
    Weiss eigentlich jemand wieviel Umdrehungen "standard" Rum früher hatte?
    Heute wird er ja auf um und bei 40-50% abgeregelt.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Interessant ist, dass der Begriff offenbar von dem mit Cook zusammen segelnden Georg Forster nach Deutschland gebracht wurde. "Grog" taucht wohl (erstmals) in einem Dictionary von 1770 als Begriff für ein aus Westindien stammendes Matrosengetränk aus Rum, Wasser und Zucker auf - klar, da kommt das Zuckerrohr ja her. Wenn man vom Whisky her eine Analogie schlagen kann, dann dürfte die Fasstärke beim Rum sicherlich auch zwischen 50-60% Alkohol betragen haben. Und damt die Kerls nicht gleich unterm Tisch liegen, also verdünnen.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Vernon scheint die richtige bzw. am weitesten zurückreichende belegte Quelle/Anhaltspunkt zu sein. Demnach stammt 'grog' von 'grogram', was so viel bedeutet wie grob gekörnter/geäderter Mantelstoff (aus Seide, Mohair oder Wolle); einen derartigen Mantel soll Vernon getragen haben, so dass daraus der Spitzname 'Old Grog(ram)' wurde (belegt 1781/1796).
    Der Befehl, Branntwein zu verdünnen, stammt von 1740.


    Quelle: A New English Dictionary on historical Principles, Vol. IV., Oxford 1901, S. 439f.



    EDIT:
    Der Befehl stammt vom 21. August 1740 und sollte das Problem der Trunkenheit redzuzieren, daher wurde das halbe Pint Rum (0,28 Liter) mit einem Quart Wasser (1,14 Liter) verdünnt, welches "to be mixed in a scuttle butt kept for that purpose, and to be done upon the deck, and in the presence of the Lieutenant of the Watch, who ist to take particular care to see the men are not defrauded in having their full allowance of rum, and when so mixed it is to be served to them in two servings in the day, the one between the hours 10 and 12 in the morning, and the other between 4 and 6 in the afternoon."


    Quelle: Goodwin, Peter: Nelson's Victory. 101 Questions & Answers about HMS Victory, London 2006, S. 66.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Zitat von "Aga"

    Weiss eigentlich jemand wieviel Umdrehungen "standard" Rum früher hatte?


    Schwer zu sagen. Direkt aus der Distille kommt er mit 65 bis 75 Volumenprozent. Das dürfte früher nicht anders gewesen sein. Durch das Lagern im Holzfass verliert er aber Alkohol. Je länger die Lagerung, desto mehr. Darüber hinaus kann er auch vor der Fassabfüllung bereits mit Wasser verdünnt worden sein.


    Ich gehe daher davon aus, dass der Alkoholgehalt des damals verwendeten Rums stark geschwankt haben dürfte.


    Bei Whisky ist mit Cask Strength, also "Fass-Stärke" sofern ich mich richtig erinnere um die 56% gemeint.

  • Bei Whiskey ist das bekannt.
    Die Frage ist auch, wie lange der Rum gelagert wurde, bevor er an die Navy veräussert wurde.
    Daher war es sicher notwendig das der Rum verdünnt wurde. Eine Mannschaft die total "breit" den Dienst antrat.
    Nehmen wir mal an, die Navy kauft nur "neuen" Rum, direkt von der Distille aufs Fass gezogen.
    Auf der Westindien Station kam er dann mit sagen wir wal 70% in die Rumlast. NAch Transport nach Europa, vielleicht nur noch 65%, das muss man verdünnen muss. Pur ging garnicht. Was auch bedeuten würde, das man durch das Verdünnen den Alkoholgehalt mit einer geringeren Varianz bekam.
    Ich schau mal ob ich was finde.
    Die französische Marine hatte nicht soviel Schnaps an Board, hier gab es verdünnten Wein und oft verdünnten Brandwein.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Auf der Seite eyesofspirit gibt es 2 tolle Artikel zum Rum.
    Demnach ist Admiral Vernon wirklich der "erfinder des Grogs. Er hat 1740 mit der Captain's Order 349 (21.8.1740) befohlen, das Rum nur noch verdünnt ausgegeben werden darf, da es zu viel Disziplinarverstöße wegen Alkoholmissbrauch gab.
    Vernon hiess auch "Old Grog" da er auf See einen Mantel aus Grogaon Stoff (Mischung aus Wolle, Seide und Angora) trug.


    Aga

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    Adm. Horatio Nelson