Jack London - Meuterei auf der Elsinore

  • Inspiriert durch den neuesten Beitrag auf unserer Hauptseite zum Thema Literatur (danke, Speedy ) griff ich spontan in mein Bücherregal und zog mir aus meiner reichhaltigen Jack-London-Sammlung diesen eher unbekannten Band.

    Ein gut betuchter und erfolgreicher amerikanischer Künstler, des alltäglichen Lebens überdrüssig, beschließt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auf einem Handelssegler eine Fahrt ums Kap mitzumachen. Als er in der Chesapeake Bay an Bord kommt, muss er schnell feststellen, dass der Großteil der Mannschaft aus wenig vertrauenserweckenden Gestalten besteht, die zudem nichts bis gar nichts von der Seefahrt verstehen. Aber auch die kleine Gruppe an Offizieren und Deckoffizieren ist nicht unbedingt das, was man sich unter einer soliden und gefestigten Schiffsführung vorstellt. Und selbst die überaus freundliche Art des Kapitäns sowie seiner mitreisenden Tochter hinterlassen einen seltsamen Nachhall.

    Der Buchtitel lässt vermuten, was passieren wird - aber beim Lesen der ersten 60 Seiten würde mich dieses gruselige Gefühl auch beschleichen, wenn der Roman einfach nur "Fahrt mit einem Segelschiff" oder so ähnlich lauten würde. Die bildhafte Sprache Jack Londons lässt die einzelnen Charaktere direkt vor meinem geistigen Auge erscheinen - und ich glaube, nur den wenigsten möchte man im Dunkeln begegnen...


    Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles entwickelt.

  • Das Buch lässt mich etwas unzufrieden zurück. So gut es anfängt und so ca. bis zur Mitte auch auf diesem Niveau bleibt, um so deutlich fällt es im zweiten Teil ab. Geschrieben in der Ich-Form erleben wir, wie der Erzähler sich plötzlich in die Tochter des Kapitäns verliebt und da sehr schnell eitel Sonnenschein herrscht. Spannend ist noch die etliche Wochen dauernde Umrundung von Kap Horn zu lesen. Als dann der Kapitän stirbt und der Steuermann das Kommando übernimmt, dauert es nicht lange, und die Meuterei beginnt, was vor allem damit zusammenhängt, dass der Steuermann in seinem Stellvertreter einen von ihm lang gesuchten Verbrecher erkennt, welcher seinen früheren Kapitän ermordet hat und über den der Steuermann nur wusste, dass er eine bestimmte Narbe hat - die er durch Zufall entdeckt.

    Die Meuterer beherrschen das Vorschiff, die Braven und Tapferen das Kampagnedeck und vor allem die Vorräte. Und nun wird es immer mehr wie in einem B-Movie, und dazu kommt dann noch das, was Jack London zumindest für einen Teil seiner Schaffenszeit aus heutiger Sicht Kritik aussetzt: Er betont immer wieder die Überlegenheit der weißen Rasse und insbesondere der Herrenmenschen und stellt seine Romanfigur auch genau so dar. Vor einigen Wochen noch als unbedarfter Fahrgast an Bord gekommen, ist er plötzlich der Kommandant, und natürlich geht am Ende alles gut aus. Die Tatsache, das meine Ausgabe von 1932 ist, machte das Lesen auch nicht leichter - neuere Übersetzungen haben vermutlich einen etwas anderen Sprachstil.

    Und ich war dann froh, das Buch endlich zuklappen zu können.

  • Solche menschenverachtenden Theorien waren in den 1920er und -30er Jahren leider weit verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert.

    Es heißt immer, das Werk prägt den Autor; aber andersherum war und ist es sicherlich auch oft der Fall.

    Vielleicht findest Du ja mal eine neuere Ausgabe, dann könnte man gut vergleichen.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich auch alte Übersetzungen von Jack London in der Regel sehr gut lesen lassen, weil die Vorlage einfach gut ist. Die Meuterei auf der Elsinore fällt jedoch in die Zeit kurz vor seinem Tod. Er hatte finanzielle Probleme, musste schreiben, schreiben, schreiben. Zugleich ging es mit seiner Gesundheit rapide bergab. Beide Faktoren dürften sich auf den Roman ausgewirkt haben.

    Jack Londons Einstellungen waren stark vom survival of the fittest geprägt. Das war damals fast schon eine Mainstreamansicht, ganz besonders in den USA.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Ich habe die Meuterei, im Gegensatz zu den Alaskageschichten, erst als Erwachsener mit einigen Jahren auf großer Fahrt gelesen und fand sie völlig daneben, was mich von weiterer Lektüre der Bücher Londons lange Zeit abhielt. Ein Versuch vor einigen Jahren verlief mit dem selben Ergebnis.

    To the optimist, the glass is half full.
    To the pessimist the glas is half empty.
    To the engineer, the glass is twice. As big as it needs to be.