Beiboote im Gefecht

  • Das ist doch mal eine Quelle. Demnach wurden also nur die Beiboote ins Schlepp genommen, die sich leicht zu Wasser lassen ließen oder die im Gefecht an Deck gestört hätten.

    Das hört sich logisch an.

    Wenn Boote eh hinterher geschleppt wurden, um die Plankenstösse zu wässern, wird man sie auch nicht

    wieder eingeholt haben, weil es Vorschrift war.

    Bei der Victory kann ich mir auch vorstellen, das die Boote in den Davids die Achterdecksgeschütze behindert hätten.

    Das NMM schrieb automatisiert zurück, das Anfragenbis zu 10 Tagen brauchen, um beim richtigen Kurator zu landen.

    Mal schauen.


    aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Ich bin gespannt, was vom NMM kommt.


    Bei irgendeinem Autor war es ja sogar so, dass die ausgesetzten Boote treiben gelassen wurden und man sie nach dem Gefecht wieder einsammelte. Das stelle ich mir in der Praxis ziemlich schwierig vor.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Treiben lassen hört sich für mich aber logischer an, als in Schlepp zu nehmen.

    Ich nehme meinen Ruderkahn auch sehr ungern in Schlepp, da es bei einer engen Wende ziemlich unangenehm "rumpelt" - ein leichtes Schlauchboot ist da weniger schlimm.

    Wenn ich mir jetzt vorstelle nicht nur einen Kahn, sondern viele Boote im Schlepp zu haben und dann noch im Gefecht mit vielen anderen Schiffe zu sein, die ähnlich verfahren dann gibt es ein ziemliches Knäul an Tauen und Boote, die vielleicht sogar voll Wasser sind, da sie überfahren wurden. Die bei Boote auf solchen Schiffen waren ja auch keine "Böötchen" sondern würden wohl jedem Kleinkreuzer bei uns am See alle Ehre machen - wirken also wenn sie voll Wasser sind auch wie ein Treibanker.

    Lasse ich sie treiben, habe ich das Risiko sie nicht mehr zu finden aber keine Gefahr bei Manövern und an Bord

  • Nur wie sammelst Du sie wieder ein? Das kann ziemlich aufwändig sein, wenn Du keine Boote mehr an Bord hast, mit denen du dich auf die Suche begeben kannst.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Ich kenne die Windrichtung und -Geschwindigkeit. Somit kenne ich in etwa die Position. Abdrift dürfte überschaubar sein, da die Boote ja keine Segel gesetzt haben. Zusätzlich würde ich noch einen Treibanker an den Booten ausbringen.

    Aufnehmen kann man die Boote von Bord aus mit einem Bootshaken.


    Vielleicht war es so situationsabhängig, dass es dafür keine Regeln gab.


    In Linienformation waren Beiboote im Schlepp weniger problematisch als bei freier Jagd. Beiboote könnten bei Beschuss durch leichte Infanteriewaffen sogar als Deckung benutzt werden - bei Geschützen bedeuten sie eher eine Gefahr. Soll der Gegner als Prise genommen werden brauche ich schnellen Zugriff auf die Beiboote - soll ein ebenbürtiger Gegner zerstört werden wird eventuell versucht das Risiko zu minimieren. Wie ist das Wetter? Strömung? Leeküste könnte bedeuten, dass die Boote zerstört werden. Usw....


    Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich mir vorstellen, dass es feste Regeln gab

  • Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger kann ich mir vorstellen, dass es feste Regeln gab

    Das sehe ich auch so. Möglicherweise gab es ja stehende Befehle des Kommandanten für den Alarmfall, doch wenn dieser Fall überraschend eintrat, stand eine rasche Gefechtsbereitschaft sicher über allem anderen.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Irgendwo müssen der Kaplan und vor allem die Chronisten und Marinemaler ja während der Schlacht auch gesessen haben... ;)


    Einsammeln nach der Schlacht geht auch nur dann, wenn das Gefecht glücklich bzw. glimpflich ablief und das Wetter auch mitspielte. Alles was im Weg ist, lasse ich also bei genügend Vorwarnzeit zu Wasser mit einer entsprechenden Schleppleine, mindestens 1-2 Boote lasse ich aber sicherheitshalber an Bord (splittern tut es sowieso und lässt sich an Bord besser und schneller reparieren als wenn es abgesoffen an der Leine hängt). Irgendwie so... ;)

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Einsammeln nach der Schlacht geht auch nur dann, wenn das Gefecht glücklich bzw. glimpflich ablief und das Wetter auch mitspielte. Alles was im Weg ist, lasse ich also bei genügend Vorwarnzeit zu Wasser mit einer entsprechenden Schleppleine, mindestens 1-2 Boote lasse ich aber sicherheitshalber an Bord (splittern tut es sowieso und lässt sich an Bord besser und schneller reparieren als wenn es abgesoffen an der Leine hängt). Irgendwie so... ;)

    Eine weitere Überlegung ist, daß ich mit den auf den Schragen gesicherten Booten einen nicht unerheblichen Schutz der Kuhl vor feindlichem Gewehrfeuer schaffe.

    Und ob die Boote bei Enterangriffen eine Rolle spielten kam wohl sehr auf die Art des Gefechtes an. Nelson enterte z.B. von Bord zu Bord oder über die Back. Ganz plausibel in Master und Commander dargestellt. Wenn ich das richtig verstanden habe waren, außer bei Kommandounternehmen a la "Hornblower" die Entergruppen bei den Dickschiffen viel zu groß um sie schnell mittels der Boote an den Feind zu bringen.

    To the optimist, the glass is half full.
    To the pessimist the glas is half empty.
    To the engineer, the glass is twice. As big as it needs to be.

  • Ich habe Post vom NMM bekommen.

    Sie haben in den überlieferten Befehlen Admiral Vernon's von 1749 nachgesehen und auch in anderen Quellen.

    Demnach geht man im NMM davon aus, das es KEINE standing Orders dazu gab und es jeder Captain nach seiner Facon machte.


    aga

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    Adm. Horatio Nelson

  • Danke für die Info und schön zu hören, dass sich das NMM gemeldet hat.


    Also doch eine Regel 37-Analogie... Tu, was du willst, aber tu das Richtige.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Wer weiß, vielleicht gab es auch im WK2 andere Befehle oder Reemans Kapitäne hielten es anders?


    spannend fand ich auch, das Shane vom NMM mir schrieb, das der Befehl Beat to Quarters eigentlich ein allgemeiner Schiffalarm war, der bedeutete alle Stationen besetzen. Dieser konnte also auch aus anderem Grunde geschlagen werden. Nicht nur wenn ein Feind naht...


    aga

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    Adm. Horatio Nelson

  • Danke für die Info. Schon seltsam, dass es dann bei Bolitho so oft wiederholt wird. Sind aber auch Romane und keine Geschichtsbücher

    Im Grunde ist es ja auch logisch. Erst sind es die Kommandanten, von denen Bolitho lernte, die es so hielten und später ist es er selbst und seine "Schüler".

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Einige Hinweise:


    Die Livesay-Zeichnung des Hecks der Victory nach Trafalgar besagt: "Victory Dez 1806 [Anm: Datum der Zeichnung], had two boats lowerd down astern during the whole action"


    Meinem Recherchestand nach gehe ich mittlerweile fest davon aus, dass bei Trafalgar sowohl Heck wie auch die beiden Seitendavits nicht an der Vic waren. Das relativiert natürlich auch Goodwins weiter vorne stehende Bemerkung.


    Das Aussetze der Boote war tatsächlich etwas kompliziert und arbeitsaufwändig, da die Boote über die Rahen ausgesetzt werden mussten. Das bedeutete Stillstand oder maximal Schleichfahrt.


    Auch wurde sehr oft erwähnt, dass nach der Schlacht etwas Probleme mit Bootsverfügbarkeit auftraten, dass z. B. zum besiegten Schiff geschwommen werden musste, da alle Boote in Trümmern lagen.


    Wenn ich mich dunkel erinnere, hat auch Collingwood während Trafalgar seinen Hausrat im Beiboot hinterher geschleppt. Müsste in Voices of Trafalgar gewesen sein.


    XXXDAn

  • ich habe keine speziellen Kontakte ins NMM.

    Wenn ich was wissen will schreibe ich einfach eine Email hin.

    Dauert zwar etwas, aber man bekommt eine Antwort.


    aga

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    Adm. Horatio Nelson

  • die Museen sind meist sehr hilfreich.

    Wollen ja ihr Wissen verbreiten.


    aga

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    Adm. Horatio Nelson

  • Jessica und ich haben gestern Abend dieses Thema auch diskutiert, speziell vor dem Hintergrund einer großen Flottenschlacht. Wie hier bereits dargelegt, gibt es ja widerstreitende Interessen: Boote runter vom Schiff, weil im Weg und zusätzliche Splittergefahr auf der einen Seite, das Bedürfnis, zum Beispiel eine Prisenmannschaft auf ein gegnerisches Schiff, welches die Flagge gestrichen hat, zu entsenden, auf der anderen Seite.

    Und dann die Frage, was mit den Booten geschieht, wenn man sie aussetzt und mit Treibanker zurück lässt. Dazu hatten wir dann noch diese Überlegung: Eine Flotte wie die von Nelson besteht ja nicht ausschließlich aus den Dickschiffen. Da summt ja ein ganzer Schwarm von kleineren Begleitfahrzeugen um die Flotte, Fregatten, Kutter und noch mehr. Und nach dem Grundsatz "Wenn die großen Hunde spielen, haben sich die kleinen zu verkrümeln" könnten wir uns vorstellen, dass man ein kleines Schiff zusammen mit den ausgesetzten Booten zurücklässt. Denn wenn 33 Dickschiffe ihre meisten Boote hinter sich herschleppen, ist das bei einer großen Flottenschlacht vermutlich auch nicht die beste Idee.