Band 3 - Im Auftrag der Krone

  • 'Die ganze Welt steht auf dem Kopf'


    Nicht die ganze Welt steht auf dem Kopf in Wilder Perkins letztem Roman um seinen Marine-Schnüffler und Spürhund Bartholomew Hoare. Dieser dritte Band 'Im Auftrag der Krone', 276 Seiten lang, schließt die Kriminalstory, die die Leser seit dem 1.Band verfolgen konnten final ab, so dass eigentlich die britische Marinewelt von Unbill gereinigt wieder auf den Füßen stehen sollte. Aber der Roman endet damit, dass unser mittlerweile verheiratete Held mit der einzigartigen Jane Austen auf der Hochzeit seines 1.Offiziers zu dem Gassenhauer 'Die ganze Welt steht auf dem Kopf' tanzt. Historisch verbürgt ist es, dass es die beiden Brüder von J. Austen es in der britischen Marine bis zum Admiralsrang gebracht haben.
    Statt mit Eleanor auf Hochzeitsreise zu gehen, wird Hoare nach London beordert. Wichtige Dokumente mit europäischer Bedeutung sind verschwunden und sollen wiederbeschafft oder vernichtet werden. Wieder sterben Menschen (u.a. ein Admiral), ein Haus brennt ab, es gibt Spione in der eigenen Mann-Frauschaft, ein klitzekleines Seegefecht wird nicht beendet, mit Schmugglern freundschaftlich verkehrt, seltsame Portraits weisen verschlungene Pfade und es gibt eine James-Bond-Verfolgungsjagd durch Abwasserkanäle als Showdown – das ist eine sehr spannende und klug ausgedachte und erzählte Geschichte. Was ist das Motiv, warum böse Franzosen den Engländern so viel Schaden zufügen wollen? Es ist Krieg zwischen Frankreich und England und daher ist das französische Ziel den britischen König und die Regierung zu stürzen und eine frankophile einzusetzen. 007 Hoare – im Auftrag seiner (geistesgestörten) Majestät, mit der Erlaubnis zu töten.
    Du willst das Buch nicht aus der Hand legen.
    Um den Fall / die Fälle abschließend zu lösen, lässt Hoare wieder seine besondere Crew, Taschenspieler, Messerwerfer, Gaukler und Schlossknacker von Bord. Obwohl die 'Marine, ein Bund von Brüdern' (S.62) ist, bedarf es des Herkules-Helden, der mit dem schlimmsten Bösewicht ein Kartenspiel-Duell bestehen soll, entgegen seines Schwures, niemals sich wieder im Glücksspiel zu versuchen. Das ist ein Casino Royale in 1805! Und auch vergleichbar mit dem Finale des dreifach verfilmten Stoffes (1954/1967/2007) wird das Kartenspielen abrupt unterbrochen, einige Geiseln befreit, aber eine der wichtigsten eben nicht, so dass die Spannung weiter ausgehalten werden muss.
    Ein weiteres Stilmittel zur Spannungserhöhung ist es bei einigen Kapitelanfängen, dem Leser noch unbekannte Textszenen anzubieten, in denen unbekannte Figuren überraschende Dinge tun, die sich erst im weiteren Handlungsverlauf aufklären. In dem Versuch, die Londoner Unterwelt und das Gaunermilieu authentisch zu erfassen, legt der Autor einigen Figuren ein Rotwelsch in den Mund, das gelungen ist und die Lesefreude erhöht.
    Für belesene Liebhaber marinehistorischer Literatur ist es dann ein vergnügliches Erleben, dass der Autor Perkins die berühmte Figur des Horatio Hornblower des Autors Forester wiederholt auftreten lässt. Der Perkins-Held Horare trifft seinen Kumpel Hornblower, den Forester-Held. Hornblower verkauft Hoare sein Pinasse, um Spielschulden zu tilgen. Eingefleischte Forester/Hornblower-Fans wissen natürlich um die genialen Strategieleistungen Hornblowers beim Whist-Zocken. Offensichtlich fand er am Spieltisch in Hoare seinen Meister! Sie treffen aufeinander und halten Small-Talk. Hornblower hat immerhin schon seine Atropos (S.139).
    Neben solchen belustigenden, inhaltlichen Spielereien ist es aber auch der feinsinnige, oft ironische Stil, der alle drei Bände von Wilder Perkins auszeichnet und das Lesen zu einer Feier macht. „Die Polstersessel beiderseits des rot glühenden Kaminfeuers waren mit bestem Juchtenleder bezogen, ebenso viele der Bücher, die ordentlich aufgereiht in den hoch hinaufreichenden Regalen standen. Hier und dort, wo die Wände frei waren, hingen Bilder und Zeichnungen mit leicht pornografischen Sujets. Davon abgesehen fehlte jeder Hinweis darauf, dass die Menschheit aus mehr als nur einem Geschlecht bestand.“ (S.110).
    Auf eine Szene ist in jedem Fall noch hinzuweisen, die so in diesem Genre noch nicht konstruiert wurde: Ein verurteilter Baron verliert die Würde, dem Bath-Orden zuzugehören. Mit einem rituellen Akt wird dieser Verlust zelebriert und der Baron nach Australien verschifft. Am anderen Ende der Welt steht diese von hier aus besehen auf dem Kopf. Wie für viele Verbrecher und andere Personen, für die es alltäglich zu sein scheint, ihre Macht anderen Menschen aufzuzwingen, vieles, wenn nicht alles ist eine Frage der Perspektive.


    Für Noch-Nicht-Leser der Romane von Wilder Perkins kann eigentlich nur ein Kurs abgesteckt werden, der sich im Zielfernrohr eindeutig scharf und schärfer fokussiert, und das ist der Kurs, diesen Autor mit diesen drei tollkühnen Romanen zu entdecken. Was für eine fantastische Perspektive!


    (Leider nur antiquarisch zu erstehen.)


    "Wie die Luft gehört die See als Geburtsrecht allen Menschen.“
    (Thomas Jefferson 1743 - 1826)

  • Jetzt habe ich so richtig Lust auf die drei Romane von Wilder Perkins. Schade, dass es sie noch nicht als eBook gibt.


    Eine kleine Anmerkung habe ich aber. Jane Austen hatte nicht nur zwei Brüder, aber zwei von ihnen brachten es zum Admiral. ;)

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Die Bücher! Die Bücher!
    Da ich keine keine Brüder habe.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Jessica Read

    Hat den Titel des Themas von „Wilder Perkins - Im Auftrag der Krone“ zu „Band 3 - Im Auftrag der Krone“ geändert.