Die kurfürstlich-sächsische Armee um 1730

  • Noch ein kleiner Nachtrag zu den Soldaten. Das Dragonerregiment Anspach-Bayreuth gehört zu den wenigen Regimentern, die ich bei dem Geschäft ausdrücklich ausschließen würde, denn es hatte nicht unter der Reduktion von 1717 zu leiden. Im Gegenteil, es wurde durch die Reste des aufgelösten Dragonerregiment Königin noch aufgestockt.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Nein mit dem Stummen Sejm hat es leider auch nicht wirklich etwas zu tun. Flemming und August hatten bereits 1716 die Notwendigkeit erkannt, dass die Armee drastisch reduziert werden musste, da die Kriegskasse leer war. Es war durchaus nicht so, dass August der Starke die Armee per se als unpraktibal einstufte, aber er musste Truppen entlassen. Das war nach dem Ende der Großen Kriege durchaus üblich, Frankreich, England und in besonders starkem Maße Bayern rüsteten ebenfalls ab. Die prozentual starke sächsische Kavallerie traf es als erstes, später erfolgte eine allgemeine Heeresneuorganisation.

  • Natürlich war es üblich nach einem Krieg Truppen abzubauen, das ging allen so, wobei man das beim sächsischen Militär normalerweise über Beurlaubungen regelte. Aber bei dem Abbau von 1717 hatte August seinen Teil der Übereinkunft mit dem Sejm zu erfüllen. Und es ist nun einmal so, dass man die Porzellandragoner aus dieser konkreten Quelle nahm.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Nein, das ist totaler Unsinn. Der Sejm zwang August nur sächsische Truppen aus Polen abzuziehen, nicht sie aufzulösen. Die Diskussionen um die Reduktion des Heeres ist, wie ich bereits schrieb, zudem älter und stammen aus Zeiten, als die Bestimmungen des Warschauer Friedens noch gar nicht absehbar waren.

  • Es nervt!
    Wie immer bei geschichtlichen Erwignissen haben unterschiedliche Historiker unterschiedliche Ansichten zu dem Thema.
    Und ich bin mir sicher, das es nicht nur mir so geht.
    Dieses Pingpong hier nervt.
    Wie @Richard Howe schon sagte off topic.
    Also ausscheiden hier, sonst setz ich euch auf den Stillen Niedergang, bis Ruhe im Schiff ist.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Quellen dazu liegen im Hauptstaatsarchv Dresden.
    Literatur zum Thema:


    Kroll, Stefan: Soldaten im 18. Jahrhundert zwischen Friedensalltag und Kriegserfahrung. Lebenswelten und Kultur in der kursächsischen Armee 1728 – 1796 (= Krieg in der Geschichte 26), Paderborn u.a. 2006
    Schuster, Oskar/ Francke, Friedrich August: Geschichte der Sächsischen Armee von der Errichtung bis in die neueste Zeit. Band. 1, Leipzig 1885
    Querengässer, Alexander: Die Armee Augusts des Starken im Nordischen Krieg 1700-1721 (=Heere und Waffen 21), Berlin 2013 [zit.: Querengässer: Die Armee Augusts des Starken].
    Querengässer, Alexander: The Saxon Army in the Great Northern War, in: Kling, Steve (Hrsg.): Great Northern War Compendium. A collection of articles on the Great Northern War. Vol. I, St. Louis 2015, S. 245-254


    Lange, Gerhard: Die Reduktion und Reorganisation des sächsischen Heeres unter August dem Starken. Inaugural–Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen philosophischen Fakultät der Universität Leipzig, Leipzig 1922


    Lachmann, Manfred: Gliederung und Garnisonen der sächsischen Armee vom Aufkommen des stehenden Heeres bis zum Ende der Monarchie (=Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen, Beiheft zur Karte D III 3), Leipzig – Dresden 2008




    Die Arbeit von Lange nimmt sich der Frag sehr detailliert an.

  • *meine Meinung aus dem off*
    Ich finde, Postcaptain geht hier eher pragmatisch auf der Inhaltsebene vor und weniger auf der persönlichen Ebene. Aus der Perspektive lese ich das zumindest. Natürlich entbehrt es nicht einer gewissen Unterhalten, wie Speedy und Postcaptain sich pingpongartig die Daten zuspielen. Doch gut, dass jetzt nach Quellen gefragt wurde. Die Meinungen müssen ja auch irgendwo herkommen. Aber nun zurück zum Thema
    *ich bin wieder still und genieße*

  • Ich möchte mich Thomas Burton anschließen. Ich fand die Diskussion auch durchaus interessant und in diesem Forum nicht mal wirklich als OT. Der Ton wurde zwar etwas rau, aber blieb doch noch im Rahmen.


    Teilweise war ich eher durch die Reaktion auf die Diskussion an alte Zeiten erinnert. ;(

  • Hallo Postcaptain, schön das Du wieder da bist.
    Betr.Thema muss ich aber widersprechen, "Augusts Kunstspleen" hat ursächlich etwas mit dem Dragonervasentausch zu tun.
    Mit dem Ende des Nordischen Krieges waren auch Augusts militärische Möglichkeiten zu Ende und zwar total am Ende.
    Da er in seiner Jugend von einer glänzenden Karriere als Militär geträumt hat (und mit dem Sieg über die Türken in Galizien) Jugenderfolge gehabt hat, muss dies für ihn eine große persönliche Enttäuschung gewesen sein.
    Insofern zeigt dieses Geschäft eine strategische Neuausrichtung dar, die für das gesamte augustaeische Zeitalter richtungsweisend war.
    Aufgrund der Erfahrung, dass man zwar den (Nordischen) Krieg verlieren kann, mittels Diplomatie trotzdem gewinnen kann, wurde die Politik umgestellt. Wenn keine Glorie zu haben ist, so hat man eben Glanz: Porzellanvasen, Kaisertochter (erbberechtigt!) als Schwiegertochter, Grünes Gewölbe etc., nur hat die Geschichte gezeigt, dass all diese Investitionen erst sehr viel später Zinsen bringen sollten.


    Die Verkleinerung der sächsischen Armee, folgend das Dogma der Diplomatie in der sächs.Politik führten dann 20 Jahre später unter v.Brühl leider zur Verpreußung von Deutschland (2.+3.Schlesischer Krieg) und damit, indirekt, zu den Weltkriegen im 20,Jhdt.


    Parallelen zur Gegenwart liegen hier recht offen auf der Hand, will ich aber nicht näher ausführen, a) weil wirklich OT und b) (schlimmer) der aga hat schon gemeckert!

    'Man muss das Unmögliche veruchen, um das Mögliche zu erreichen' Herrmann Hesse

    Einmal editiert, zuletzt von Griffiths ()

  • Das kann man alles so nicht sagen. Von den Schlesischen Kriegen zum Zweiten Weltkrieg eine Linie zu ziehen, darüber ist die seriöse Geschichtsorschung seit Jahren drüber hinweg.
    Und nochmal: Sachsen hat den Großen Nordischen Krieg auch politisch nicht gewonnen! Worin sollte dieser Sieg den bitte bestehen? Die sächische Armee hat sich ander Eroberung Pommerns beteiligt, das man mit den Preußen gegen den Krossener Kreis tauschen wollte. Hat nicht geklappt. August plante eine Mdernisierung des polnischen Verwaltungsystems und eine Besetzung leitender Positionen mit sächsischen Beamten, um aus der Personal- eine Realunion zu machen. Das Ergebnis war der Aufstand von Tarnogrod, der erst aufgrund einer russischen Intervention beendet wurde, wobei der Zar - eigentlich Augusts Verbündeter (!!!) - die Forderung der Rebellen unterstützte und somit die Machtstellung des Wettiners schwächte.
    Auch waren die militärischen Möglichkeiten Sachsens mit dem Ende des Krieges mitnichten am Ende. Sicherlich musste das Heer reduziert werden, es wurde aber zehn Jahre später auch wieder verdoppelt. Bayern hat viel stärker reduzieren müssen und viel länger gebraucht, um seine Armee wieder auf den ursprünglichen Stand zu bringn. Die 1719 erfolgte Habsburgerheirat ist sicherlich ein Ergebnis der vorher gescheiterten Pläne, zumindest da gebe ich dir recht.
    Dem Dragonervasentausch nun sogar noch einen "strategischen "Richtungswechsel zu unterstellen ist weit an der Sache vorbei, ebenso wie die Darstellung, dass die "Kunstpolitik" erst später Zinsen brachte. Von seinen damaligen Erwerbungen eine Linie zum heutigen Tourismus zu ziehen hat doch mit ernsthafter Geschichtsbetrachtung nicht zu tun.
    Ich empfehle tatsächlich die oben aufgelisteten Bücher. Groß Geschichte Sachsens ist sehr gut, aer es gibt zu diesem Zeitraum auch Detailstudien, die die Lage präziser schildern. Der Lange ist z.B. schon über hundert Jahre alt, schildert die Vorgänge aber sehr genau. Auch der Kroll ist sehr gut und bald erscheint auch eine erste umfassende wissenschaftliche Darstellung zur sächsischen Armee in dieser Zeit.

  • Dein letzter Satz macht mich neugierig. Kannst Du etwas mehr dazu schreiben, wie wer, wann, wo, denn da gibt es tatsächlich eine Menge Fragen mit nur wenigen, teilweise widersprüchlichen Antworten.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)