Die Elbzollfregatte im Einsatz gegen die Rebellen

  • Unsere "Helden", Turner, Bolitho und andere, haben in verschiedenen Einsätzen gegen die rebellierenden amerikanischen Kolonisten gekämpft. Das ist, bei aller Spannung der jeweiligen Geschichten, für die meisten von uns doch ganz schön weit weg. Nicht nur wegen der mehr als 240 vergangenen Jahre, sondern auch der vielen Tausend Seemeilen, die uns von den jeweiligen Schauplätzen trennen.


    Wer hätte da gedacht, dass in einem kleinen, in Norddeutschland gelegenen Kuhrfürstentum, auf Veranlassung des St. James Palastes, Jagd auf Schiffe der "rebellischen Kolonisten" gemacht wurde.


    Unser Kapitän heisst Heinrich Hüge. Er ist im Jahre 1776, dem Jahr der nachstehend geschilderten Ereignisse, Kommandant der erst vor 2 Jahren in Dienst gestellten "Elbzollfregatte" unbekannten Namens. Das Schiff ist 1773 von Zimmermann J. Behrend, Stade, auf Kiel gelegt worden. Es mass 78 Fuss im Kiel (23,40 Meter), war bestückt mit 14 Kanonen, davon 8 französische 4-Pfünder, und 4 2-Pfünder auf dem kleinen Deck? Ferner besass es an Bewaffnung für die Mannschaft 40 italienische Hand-Buschel-Lunten und 12 Artillerie-Gewehre und Säbel.


    Hügel hatte als Angehöriger des hannoverschen Militärs, dem der Kommandant und die Besatzung der "Elbzollfregatte" zumindest gleichgestellt wären, wenn nicht zugehörig zählten, sicherlich mit den geheimen Räten in Hannover einig, die die politische Situation 1776 wie folgt bewerteten:


    "Auch wir befinden uns im Kriege mit den rebellischen Colonisten in Amerika, weil sie sich gegen ihren rechtmäßigen Herren Georg III, der auch unser Herr, König und Churfürst ist, empöret haben."


    Die norddeutschen Küstenstädte standen schon vor dem Unabhängigkeitskrieg in geschäftlichen Verbindengen mit den Kolonien. Was lag also näher, dass seitens der "Rebellen" versucht wurde, auch über diese Häfen Nachschub an Versorgungsgütern und Ausrüstung zu bekommen.


    Daher erhielt die Stader Regierung, mit Schreiben vom 4. September 1776, die Information, dass in Hamburg 2 Schiffe eingetroffen wären. Man hatte schon verschiedene Informationen zu den Schiffen und konnte sie auch anhand ihrer Bug- und Heckzierden identifizieren. Es handele es sich um die Fregatte "Clementia", unter dem Komando eines Kapitän John Brown, welche "eine wohlgebildete Jungfer am Stern und einen Frauenkopf vorn" trage, sowie um die Brigantine "The Jamaika Packet", mit dem "Grossbritannischen Wappen am Stern und einem Seepferde vorn", unter Kapitän Lambert alias Weickes.
    Ob hier auch wieder die einschlägig bekannte Firma Hermes Worldwide Enterprises ihre Finger im Spiel hatte, lässt sich nach so langer Zeit nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, die weiteren Mitteilungen sprechen zumindest für eine stattgefundene längere Beobachtung.


    So heisst es weiter, die Schiffe hätten seit 12 Tagen Fässer und Kisten von ungeheurer Schwere geladen, die also nichts anderes, als Musqueten, Kugeln und Pulver enthalten können, auch Packe mit Leinen zu Soldaten- und Matrosenhemden, nebst einer grossen Quantität Segeltücher.


    Da es sich bei den Schiffen um die schnellsten Segler handeln sollte, die man bis dahin in Hamburg gesehen hatte, wurde der Kommandant der "Elbzollfregatte" angewiesen, die Schiffe zunächst aufzubringen. In der Zwischenzeit würden weitere Befehle des Staatssekretärs in England, des Lord Suffolk, erwartet.
    Gleichzeitig sollte auf der Elbinsel "Behrmannsand" eine Batterie Artillerie stationiert werden um einen Durchbruch der schnellen Rebellenschiffe (auch etwas, das immer mal wieder in "unseren" Romanen Erwähnung findet) zu verhindern.


    Hierfür erhielt der Obristleutnant der Artillerie Brückmann entsprechende Befehle.
    Worauf der Otl Brückmann jedoch melden muss:


    "Ich kann mit keinem einzigen Stück für die aufzuwerfende Batterie dienen. Im Zeughaus sind keine anderen, als 6 vierundzwanzigpfündige Kanonen. Ihnen fehlen die Protzen und sind nicht transportierfähig. Und unter sämtlichen Kanonen, womit die hiesige Wall besetzet ist, ist keine vorhanden, die ohne zusammenzufallen, von der Stelle bewegt werden dürfte, und könnte nur mit genauer Not zu dem gewöhnlichen Signalschiessen bei bestehenden Fluten gebraucht werden."
    (so etwas haben unsere "Helden" ja auch häufig bei gegnerischen Befestigungen vermutet und oft bestätigt gefunden)


    Glücklicherweise ist es dem englischen Minister Emanuel Matthias zwischenzeitig gelungen, die Rebellenschiffe arrestieren und an die Kette legen zu lassen. Erneuter Einsatz und Hintergrundarbeit von "Hermes Worldwide Enterprises"?


    Quelle: Richard Graeve, Die zweihundertjährige Geschichte der Elb-Zollfregatte zu Brunshausen und ihrer yKommandanten 1650 -- 1850, Selbstverlag des Stader Geschichts- und Heimatvereins, Stade 1963


    Wird fortgesetzt.

    "Certainement qui est en droit de vous rendre absurde, est en droit de vous rendre injuste."
    Voltaire in "Ouveres komplettes de Voltaire" 1784, S. 447

    Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, kann dich auch veranlassen, Unrecht zu begehen.

  • Spannend was die Kolonisten für Auswirkungen in Deutschland hatten.
    Danke dafür.


    Aga

    Gentlemen, when the enemy is committed to a mistake, we must not interrupt him too soon.

    Adm. Horatio Nelson

  • Ich habe noch etwas zu den beiden Rebellenschiffen im London Chronicle (10.-12.09.1776) zum 11. September 1776 gefunden:


    Zitat

    London [September 11].


    A Letter from a Merchant in Hamburgh to his father in Edinburgh, dated Aug. 27, says, "There are now two American vessels here, which are the first that have come this year. They are loading with Osnaburghs [~true born Osnaburghs = Osnabrücker Leinen] and other necessaries for the Americans. I have had a good deal of conversation with the owner of one of them, who says, it is clearly his opinion that an accomodation would take place if Lord Howe had powers to treat with the congress. He adds, that the Americans have been all along well supplied with every necessary, but does not mention through what channel.1)

    Über die weitere Geschichte der beiden Schiffe habe ich spontan nichts gefunden. - Aber die Geschichte ging weiter. So findet sich eine Rechnung vom 25. November 1776 aus Hamburg an den Continental Congress über 247 Fässer Schießpulver (132 Fässer Musketenschießpulver, 115 Fässer Geschützschießpulver) "by Order & on Account & risk of the American united Colonies & in part of a Contract, ...". Der Transport Richtung Philadelphia erfolgte mit der Brigg Hoffnung. In den Anmerkungen findet sich dann auch ein Hinweis auf die erste Aktion in Hamburg:

    Zitat

    ... he proceeded from thence to Hamburg in ballast at this place he made his purchases & prepared the Brigt and a Ship which followed him from Lisbon to receive the Goods. before they were put on board Informations were lodged with the British Minister that these were American vessels loading with Ammunition. That Minister required the Magistrates of Hamburg to make Seizure of them which they shamefully complyed with, but this happening before the Goods were onboard, and Mr Ross having had some previous intimation, he got the property of the Vessells Covered by Newspapers so that they were acquitted.
    This transaction however put it out of Mr Ross's Power to ship the Goods he had bought, from that Port [Hamburg] to America. He was therefore obliged to have them sent by Neutral Bottoms to other places in order finally to get them to this Country.2)

    Weitere Lieferungen (mit Rechnungen aus Hamburg (z.B. 21.12.1776)) erfolgten über Amsterdam und (dementsprechend) St. Eustatius nach den Vereinigten Staaten. 3)


    Quellen:
    1.) Naval Documents of the American Revolution, Vol. 6, S. 599.
    2.) Naval Documents of the American Revolution, Vol. 7, S. 762, Anmerkungen aus den Papers of Robert Morris.
    3.) Naval Documents of the American Revolution, Vol. 7, S. 799.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Danke @Richard Howe schön, dass Du diese weiteren Quellen beigesteuert hast.


    Bei der von Dir erwähnten Brigg "Hoffnung" könnte es sich um das dritte Schiff handeln, das sich der von mir zitierten Quelle zur Folge, im weiteren Verlauf der Ereignisse bei den oben genannten ersten beiden Schiffen einfand, da die Rechnung vom 25.11.1776 und die von mir geschilderten Vorkommnisse von September/Oktober 1776 gar nicht so weit auseinanderliegen.


    Wie auch die von Dir zitierten "Naval Dokuments of the American Revolution" bereits erkennen lassen, war die Aktion von September/Oktober 1776 keinesfalls die einzige. Vielmehr wurden seinerzeit auch in anderen Gegenden militärisch erforderliche Güter zu teils völlig überteuerten Preisen aufgekauft und auch verschifft.

    "Certainement qui est en droit de vous rendre absurde, est en droit de vous rendre injuste."
    Voltaire in "Ouveres komplettes de Voltaire" 1784, S. 447

    Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, kann dich auch veranlassen, Unrecht zu begehen.

  • Ich hoffe wir entfernen uns jetzt nicht zu sehr vom eigentlichen Thema der Elbzollfregatte; aber ich habe noch etwas zu einem der amerikanischen Schiffe, der Jamaica Packet, gefunden. So schrieb Robert Morris (einer der amerikanischen Financiers und verantwortlich für die Beschaffung von Waffen, etc...) über jene oben genannten Aktionen in Hamburg an John Hancock:


    Zitat

    [Extract] Philada Jany 17th 1777.
    We have the pleasure to inform you that a Brigt Jamaica Packet Cap [Benjamin] Wickes after running the most imminent risque of being taken by the Roebuck in several attempts to get into our Capes, & passing through a smart fire from her lower Tier, by the Bravery & good Conduct of the Captain has escaped & is got into Chester River in Maryland, this is one of the Vessells that was Stopped in Hamburg by Mr Mathias the British Minister there, we dont yet know what her Cargo Consists of but expect it is Valuable she was intended to bring 1000 bbls powder some Brass Canon & Muskets, but are apprehensive it has been the Condition of her releasement that those Articles Shou'd be taken out of her, & if so she will have Considerable quantities of Ravens & Russia Duck Oznabrigs [sic!], Drillings & other German Goods. The Captain writes that he wou'd take Horse & come up here soon as he had got the Vessel & Cargo safe to Chester & you shall be informed all particula(rs) soon as we know them... 1)

    Also scheint sich zumindest eines der Schiffe samt Ladung irgendwie dem hamburgischen und britischen Zugriff entzogen zu haben.


    Quelle:
    1) The Naval Documents of the American Revolution, Vol. 7, S. 986.

    ~*~ "Und nun meine Herren, genug der Bücher und Signale." ~*~ Richard Earl Howe, 1. Juni 1794.

  • Elbzollfregatte im Einsatz gegen die Rebellen 2


    Was bisher geschah:


    Wir schreiben das Jahr 1776. Der Aufstand der amerikanischen Kolonisten gegen ihren König, Georg III, ist nun schon im 2. Jahr. Die Rebellen benötigen dringend Nachschub an aller erdenklicher militärischer Ausrüstung, wollen sie gegen die Soldaten des Königs bestehen. In den amerikanischen Kolonien ist die Wirtschaft jedoch noch nicht in der Lage, die für einen Krieg erforderlichen Mengen zu produzieren. So in der Enge, schicken die Rebellen Schiffe nach Europa um überall wo möglich, Nachschubgüter für ihre Armee zu erwerben. Das wieder rum versucht die britische und damit, aufgrund der Personalunion, auch die Kurfürstlich Braunschweig-Lüneburgische Administrstion, zu verhindern.


    Zwei Schiffe aus Boston konnten durch entsprechende Einflussnahme an die Kette gelegt werden. Doch das wird nicht auf Dauer so weitergehen. Daher ist ein Plan entwickelt worden, die Überfahrt der Schiffe in die Kolonien unter Einsatz der Elbzollfregatte sowie artilleristischer Unterstützung von der schwinger Schanze aus, zu verhindern. Die Besatzung der Elbzollfregatte bereitet sich schon mal auf das bevorstehende entern vor.


    Artilleristischer Unterstützung von Land aus war der Schlüssel im Plan zum Aufbringen der Rebellenschiffe. Waren die Schiffe doch als ungewöhnlich schnelle Segler (die schnellsten Segler, die jemals gesehen wurden) bekannt, während die seinerzeitige Elbzollfregatte, noch nicht die Brig Piercer sondern ein wesentlich langsameres und schlechter bewaffnetes Schiff (lediglich 4- und 2-Pfünder) war. Ein artilleristischer Sperrgürtel über die Elbe war also notwendig, um die Schiffe zunächst zum Anhalten zu zwingen und sie dann durch die von der Elbzollfregatte herangebrachten Mannschaften entern zu lassen.


    Wie @Richard Howe schon angedeutet hat, ist zwischenzeitig noch ein drittes Schiff zu den beiden Schiffen aus Philadelphia gestossen.


    Die Regierung in Stade hat beschlossen, auf der Insel Behrmannssand, "an deren Ufer das Fahrwasser der Elbe nahe vorbey gehet" eine Batterie aufwerfen zu lassen, von der aus die Rebellen-Schiffe gegebenenfalls beschossen werden können. Alles ist geplant und unter den verantwortlichen Stellen in Stade und Hannover abgestimmt, die Umsetzung befohlen. Da trifft aus Stade die Meldung des zuständigen Obristleutnants Cuno Josua Brückmann ein, er könne "mit keinem einzigen Stücke für die aufzuwerfende Batterie dienen." Er verfüge im Zeughaus nur über sechs 24-Pfünder, diesen fehlten die Protzen so dass sie nicht "transportirfähig" seien. Protze=einachsige Konstruktion, hinter die ein Geschütz zum Transport gehängt wird. Häufig mit Sitzen für Kutscher und Bedienpersonal sowie Einrichtungen zum Mitführen eines geringen Munitionsvorrates versehen.


    Wie OTL Beckmann weiter einräumen muss, sind auch "unter sämtlichen Kanonen womit der hiesige Wall besetzt ist, keine vorhanden, die ohne zusammenzufallen, von der Stelle bewegt werden dürfte, und können nur mit genauer Not zu dem gewöhnlichen Signalschiessen bei bestehenden Fluten gebraucht werden". (Carl Spitzwegs strickender Wachtposten, 1855 steht einem da doch sofort vor Augen) Möglicherweise könnte jemand aus dem Bereich Erwachsenenbildung hier bitte einen Link einfügen.


    Inzwischen trifft am 01. Oktober 1776 der Befehl aus dem St. James-Palast ein:
    "unseren General-Lietnant von Bock und Schiffskapitaine Hüge ersuche ich, sich doch der amerikanischen Schiffe in der Gegend der Schwinger Schanze zu bemächtigen. Der Magistrat (der Stadt Hamburg) hat zwar besagte Schiffe anhalten lassen. Uns ist aber zu Ohren gekommen, sie sollen wieder frei gelassen werden. Deshalb soll das Nötige in Bereitschaft gehalten werden, um zu verhindern, dass die Schiffe die See wieder erreichen."


    Die Geheimen Räte zu Hannover sind blamiert. Die Rebellen-Schiffe entkommen die Elbe hinunter in die Nordsee.


    Gegenüber London mussten sie den Fehlschlag mit Meldung vom 19.Oktober 1776 einräumen.


    Damals wie heute galt es nun, einen Schuldigen zu finden. Man fand ihn im OTL der Artillerie Brückmann. Hatte der doch bei der letzten Bestandsaufnahme (Paragraf 78 BHO ganz alter Fassung) des Zeughauses angegeben: "dass zwar einige Stücke hinfällig und schadhaft seien, aber sonst vollkommen brauchbar und mobil. Sowie der Artilleriepark auf den Wällen, wenn auch durch die Witterung sehr exponiret."


    Leider wissen wir nicht, was aus dem armen Brückmann und seiner "unwahren dienstlichen Meldung" geworden ist. Da der Vorfall aber nun schon in London bekannt geworden war, dürfte er nicht mit allzu grossem Verständnis zu rechnen gehabt haben.


    Aber dies war nur eine kleine Etappe im Unabhängigkeitskrieg und so dauerte es nicht lange, bis Kapitän Hüge das nächste Mal gefordert wurde.



    1777, geheimnisvolle Aufkäufer treten nicht nur in Hamburg und dem seinerzeit dänischen Altona, sondern auch in den Bergstädten des Harzes auf, wo sie "ansehnliche Quantitäten Bley zum Kugelgiessen" aufkauften. In den kursächsischen, braunschweigischen und sogar hannoverschen Landen tauchen sie auf, um " Sättel, Patronentaschen, Striegel, Pferdegeschirre und dergleichen in grossen Mengen zu jedem Preis zu erwerben." So ein Geheimbericht vom 20. Juli 1777 an die Geheimen Räte in Hannover.


    Schnell sind auch die Schlüsselfiguren dieses Treibens ausgemacht. Zwei Brüder, Lederfabrikannten, einer in Glückstadt, der andere in Altona. Obwohl "sonst sehr unbedeutende Leute, itzo strotzen sie immer mit barem Geld und müssen höheren Ortes her einen Fond haben. In allen kleinen Orten in Holstein, wie Elmshorn und Itzehoe (damals dänisch) seien die Handwerker in voller Arbeit".


    Feldmarschall August Friedrich von Spörken in Hannover (kommandierender General sämtlicher deutschen Truppen seiner königlichen Majestät von Grossbritanien und kurfürstlichen Durchlaucht zu Braunschweig und Lüneburg) ist besorgt. Er erteilt dem englischen Minister in Hamburg Emanuel Matthias (in anderen Quellen wohl richtiger als Ministerresident beschrieben, wie hätte von Spörken diesen sonst anweisen können) und dem Legationsrat und Minister in Haag, Wilhelm Bütemeister, Weisung, darauf zu achten, dass die auslaufenden Schiffe keine Conterbande führen. Gleiches ergeht an die Ständer Regierung, die ihrerseits den Kapitän der Elbzollfregatte entsprechend anweist, alle auslaufenden Schiffe auf das strengste zu visitieren.


    Gleichzeitig häufen sich die Nachrichten über seltsame Aufläufe, auch Der Behandlungs-Commissarius Johan Joachim Richard meldet dass "viele grobe westfälische Leinwand für Soldatenhemden durch die Handelsleute van der Smissen und Söhne in Altona nach Kopenhagen verfrachtet seyen". Durch weitere Hinweise wird bekannt, "dass viele Fässer, Kisten und Packen mit dem Absender darauf: Johann Gottfried Kettner, königlich dänischer privilegierter Lederfabricant in Glückstadt, und dem geheimnisvollen Zeichen AC auf jedem Stück, bei dem Factor Georg Ludwig Schmidt in Lüneburg lagere. Ein Schiffer namens Rehbeck solle diese Güter demnächst nach Altona, also ins Ausland, bringen.


    Auf entsprechenden Befehl lässt der Stadtkommandant von Lüneburg die schon verladenen Güter zurück in die Faktorei bringen, wo auch gleich eine Kiste geöffnet wird. Man fand darin "20 ganz neue Cavalleri-Sättel auf englische Art" angefertigt nach einer von Kettner an einen Sattler Wollbring in der Leinestrasse in Hannover übersandten Zeichnung. Das war genug belastendes Material.
    Alle 29 Kisten wurden beschlagnahmt und mit Arrest belegt.


    Angriff ist die beste Verteidigung dachte sich wohl Fabrikant Kettner, der Eigentümehr der Kisten. Er eilte, natürlich zusammen mit einem "Advocaten" nach Lüneburg, um gegen den Arrest zu protestieren. Er sei kein "Schmuggler". Das "AC" auf den Gütern bedeute "Asiatische Compagnie". Diese habe durch den Präsidenten der Dänisch-Ostindischen Kompagnie, Herrn Conferenzrat Fabritius in Copenhagen, 1000 Sättel, das Stück zu 13 Reichstalern, geordert.
    Daraufhin hob die hannoversche Regierung den Arrest wieder auf.


    Kettner seinerseits präsentiert dem Lüneburger Bürgermeister jetzt eine Rechnung über 1.400 Talern Schadenersatz für den verhängten Arrest. Die besonders feine Aufschlüsselung der einzelnen Positionen erspare ich mir. Jedenfalls schließt Kettner seine Forderung mit der Drohung sich, im Falle nicht fristgerechter Zahlung, bei den Dänischen König zu beschweren. Was er nach Ablauf der Zahlungsfrist auch prompt tut.


    Die Stader Regierung, über den Misserfolg der Aktion verärgert, überreicht "In Sachen Kettner" der Königlich Dänischen Regierung in Glückstadt eine Note, in der es heisst:
    "Es bleibt der Verdacht bestehen, dass es offenkundig ist, dass die gemeldete Asiatische Compagnie, in deren Namen die Bestellung geschehen, keine Cavallerie Regimenter auf den Beinen hätte, zu deren Montierung auf englische Art gemachte Sattel hätten gebraucht werden können. Es mag also das Faktum der Bestellung entweder auf dem Fuss eines Handelns mit Conterbande, oder auf dem Fuss eines Handelns auf Spekulation betrachtet werden. So ergibt sich, dass der Fabrikant Kettner allein gegen seine Mandantes eine Entschädigung wegen des Durch den Arrest entstandenen Lieferverzüber haben könne. Er hat Ursach zufrieden zu sein, dass der Arrest von keiner längeren Dauer gewesen ist. Und wir machen uns die angenehme Hoffnung, die Königlich Dänische Regierung in Glückstadt werde nach ihrer Erleuchtung und Gemütsbilligkeit den Vorfall ebenso betrachten".


    Insgesamt ein irgendwie vertraut wirkendes Vorgehen aller Beteiligten. Die Verhaltensregeln bei solche Transaktionen scheinen sich in den letzten 241 Jahren nicht geändert zu haben.

    "Certainement qui est en droit de vous rendre absurde, est en droit de vous rendre injuste."
    Voltaire in "Ouveres komplettes de Voltaire" 1784, S. 447

    Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, kann dich auch veranlassen, Unrecht zu begehen.