Band 9 - Gefahr im Roten Meer

  • Und noch so ein Speedy-Rezi-loser Band! :whistling:


    Wir sind noch immer im Mittelmeer und haben keine Mittel mehr. Jack verzweifelt wie üblich an den Werftheinis, die ihm nicht sein Schiff reparieren, und Stephen wühlt mal wieder im geheimdienstlichen Sumpf herum. Das alles wird aber von POB wieder in höchst unterhaltsamer Art und Weise erzählt.


    Ach ja, auch hier gilt: Spoilerwarnung!



    Kaum hat man das Buch angefangen, gibt es Grund zur Freude: Thomas Pullings hat seinen ersten Schwabber, und der wird gebührend gefeiert.
    »Admiralsflip zu dieser Tageszeit?« Forschend blickte Jack in Kapitän Pullings’ rundes, seliges Gesicht, auf dem die frische Wunde jetzt purpurrot glühte – das Gesicht eines Mannes, der schon mindestens einen halben Liter Marsala intus hatte, das Gesicht eines normalerweise enthaltsamen Mannes, jetzt jedoch aufgekratzt genug, um Champagner und Cognac im Verhältnis eins zu eins zu kippen. »Würde es ein Glas helles Bier nicht genauso tun?« fragte er. »Exzellentes Gesöff, dieses Bier aus Ostindien.«
    »Ach, kommen Sie, Sir«, mahnte Pullings vorwurfsvoll. »Schließlich habe ich nicht jeden Tag neue Schwabber zu begießen.«
    »Stimmt auch wieder.« Jack erinnerte sich an sein grenzenloses Entzücken, als er sich zum erstenmal mit der Epaulette eines Kapitänleutnants schmücken konnte – damals nur eine, auf der linken Schulter getragen. »Also gut: Auf das besondere Wohl des Zweiten Sekretärs. Möge er ein langes Leben genießen!«
    Der Admiralsflip erledigte den armen Pullings noch schneller als erwartet. Sie wurden durch einen Ansturm durstiger Offiziere getrennt, von denen viele Pullings zu seiner Ernennung gratulierten, und Jack hatte sich noch keine fünf Minuten mit seinem alten Freund Dundas unterhalten, da bemerkte er, wie zwei Kameraden Pullings hinausführten oder besser -trugen. Jack folgte ihnen und sah, daß sie Pullings in einer stillen Gartenecke auf einen Stuhl gesetzt hatten, wo er blaß, aber immer noch grinsend, fast schon eingeschlafen war.
    »Du bist doch in Ordnung, Tom, oder?« fragte er.
    »O ja, Sir«, sagte Pullings wie aus weiter Ferne. »Da drin war’s nur ein bißchen stickig. Wie im Laderaum eines Sklavenschiffs.« Er fügte noch hinzu, daß er an Frau Pullings gedacht hätte, an Frau Kapitän Pullings, und daran, was sie zu sechzehn Guineen pro Monat sagen würde. »Zu sechzehn wunderschönen Guineen pro Mondmonat!«
    Frag dich lieber, was sie zu deiner armen Visage sagen wird, dachte Jack und betrachtete den jetzt verstummten, besinnungslosen Kapitänleutnant. Es war wirklich eine gräßliche Wunde, wie er sie schlimmer kaum je gesehen hatte. Doch Stephen Maturin hatte ihm versichert, daß der klaffende Schnitt verheilen würde und das Auge nicht gefährdet war; und daß Stephen in medizinischen Fragen irrte, hatte Jack noch nie erlebt.

    ...
    »Bonden«, sagte Jack, »Mr. – Kapitän Pullings ist etwas unpäßlich.«
    »Bewußtlos, Sir?« fragte Bonden sachlich und ohne jeden moralisch oder ästhetisch wertenden Beiklang.
    »Nicht direkt«, antwortete Jack, aber das wurde lediglich als höfliche Untertreibung aufgefaßt, weshalb Bonden ankündigte, daß er nur schnell eine Trage von dem Stapel holen wolle, der bei den Partys des Gouverneurs immer in der Wachstube bereitlag, und dazu zwei starke, zuverlässige Träger fürs vordere Ende, und daß er mit ihnen nach hinten zum Gartentor kommen würde, um einem Skandal vorzubeugen und dem Spott der Rotröcke.
    »Mach das, Bonden, mach das: beim Gartentor in fünf Minuten.« Zehn Minuten später stieg Jack die steil wie eine Hühnerleiter abfallende Straße zu seinem Hotel hinunter, neben sich die Trage, die vorn von zwei Rudergasten auf Schulterhöhe gehalten wurde und hinten auf Kniehöhe von dem bulligen Bootssteurer, damit sie halbwegs waagrecht lag. Der Kapitänleutnant selbst war darauf mit den traditionellen sieben Törns eines Hängemattenbündels festgelascht.

    Ach kommt, wir freuen uns doch alle über die längst überfällige Beförderung von den symphatischsten Nike-Werbeträger der Navy! :D


    Und das hier können und kennen wir auch:
    Über den allgemeinen Lärm erhob sich Mr. Allens lautstarke Seemannsstimme, noch gekräftigt durch mehrere Karaffen Wein und jetzt aller höflichen Zurückhaltung ledig: Auch wenn die Dromedary nicht mit gleicher Münze herausgeben könne, rief er, weil sie keine dichtenden Offiziere besitze, so wolle sie sich doch zumindest mit einem Lied revanchieren, wobei der gute Wille wettmachen müsse, was vielleicht an Musikalität fehle.
    »Die Ladies of Spain, William«, befahl er seinem Ersten, schlug ein paarmal den Takt, und gemeinsam begannen sie zu singen:
    »Farewell and adieu to you fine Spanish ladies,
    Farewell and adieu all you ladies of Spain,
    For we’ve received orders to sail for old England
    And perhaps we shall never more see you again.«

    Dieses Lied kannten fast alle am Tisch, und so stimmten sie im Brustton der Überzeugung in den Refrain ein:
    »We’ll rant and we’ll roar like true British sailors,
    We’ll range and we’ll roam over all the salt seas,
    Until we strike soundings in the Channel of old England –
    From Ushant to Scilly ’tis thirty-five leagues.«

    Und dann wieder der Kapitän und sein Erster:
    »We hove our ship to when the wind was sou’west, boys,
    We hove our ship to for to strike soundings clear,
    Then we filled our maintopsail and bore right away, boys,
    And right up the Channel our course we did steer.«

    Tief unten im Rumpf nahmen die vom Mahl ausgeschlossenen Kadetten die Melodie auf und sangen die nächste Strophe:


    »The first land we made is known as the Dodman,
    Next Rame Head near Plymouth, Start, Portland and Wight …«

    ^^


    Wie ein illegaler Landgang vor einem militärischen Landgang endet:
    Und mit eingezogenen Köpfen zwischen ihre Beine geduckt, um nicht gesehen zu werden, kam mit ihnen unter der Führung von Wardle und Pomfret eine schandbare Anzahl Matrosen auf den Hof, die sich nachts hinausgeschlichen hatten und nun bleich, hohläugig und erschöpft zurückkehrten. Immerhin fehlte keiner, und Mowett konnte nach kurzer Inspektion melden: »Alle vollzählig und nüchtern, Sir«, ohne mehr als vertretbar zu lügen, denn die wenigsten nach Marinestandard Betrunkenen kippten erst nach der Musterung um; unauffällig wurden sie zwischen den Zelten und Seesäcken auf die Kamelrücken gebunden.


    :D



    Och ja, das bekommt von mir fünf von fünf spanischen Ladys. :5*:



    So, damit bin ich wieder aktuell, denn derzeit bin ich im Hafen des Unglücks unterwegs. Band 11. Gibt es hier auch noch keine Rezi. Ich denke ja manchmal, unser Rezi-Speedy hängt in der Hörbuchschleife fest, und da die ja nicht über die ersten 5 Bände hinausgeht... :/

  • Ich denke ja manchmal, unser Rezi-Speedy hängt in der Hörbuchschleife fest, und da die ja nicht über die ersten 5 Bände hinausgeht...

    Sehr gut erkannt. Was die Hörbücher betrifft, habe ich inzwischen ein gewisses Suchtverhalten entwickelt, wobei ich mich da nicht nur auf POB beschränke.
    Selbst lesen schaffe ich fast nur noch dann, wenn ich mir ein Buch für unsere Literaturseite vornehme.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)


  • Ich muss gestehen, ohne @Bondens dezenten Hinweis würde ich immer noch in der Hörbuchschleife hängen. Nun habe ich nach den Inseln der Paschas gleich mit diesem Band weiter gemacht. Wenn man erstmal wieder im Flow ist...
    Wieder einmal empfinde ich den englischen Originaltitel Treasons Harbour --> Hafen des Verrats sehr viel passender als Gefahr im Roten Meer, denn diese "Geheimmission" bzw. der damit verbundene Abstecher ins Rote Meer ist doch im Grunde nur eine Art Alibiveranstaltung, um den Freunden gepflegter Action auch ein wenig zu bieten, ohne dass dieses Unternehmen wirklich wichtig für den Fortgang der Handlung wäre. Aber davon abgesehen ist es schon vergnüglich beschrieben, wie englische Teerjacken auf Wüstenschiffen (Dromedaren) die Wüste durchqurenen.
    Hauptsächlich findet die Handlung des Romans jedoch auf Malta statt. Jack Aubrey ist in der dortigen Werft mit seinen beiden Schiffen, Worcester und Surprise, gestrandet. Und so ist es kein Wunder, dass sich in diesem Buch überwiegend um Spionage und Gegenspionage dreht. Das ist aber wieder so unterhaltsam beschrieben, mit so viel Liebe fürs Details, dass man sich auch an Land jederzeit bestens unterhalten fühlt.
    Und wer nun partout Wert auf spannende Action auf See legt, dem sei an dieser Stelle ohne zu spoilern verraten, dass der Roman mit einer veritablen Seeschlacht endet.
    Auch von mir gibt es für diesen Roman die volle Punktzahl. :5*:

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Nur eine Kleinigkeit noch, die ich beim Durchmarsch von Band 8 zu Band 9 irgendwie falsch zugeordnet und deshalb hier nicht erwähnt habe. Neben den Ausflug ins Rote Meer gibt es auch noch eine kurze Rückkehr in die Adria, genauer nach Kutali, inklusive einer Bärenjagd, die es in sich hat.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)