Richard Bolitho - Band 22 - Das letzte Riff


  • Einer musste es ja tun, also warf ich mich todesmutig in die Bresche und las auch diesen Band zu Ende.
    Der Titel sagt ja schon einiges über den Inhalt aus und der Untertitel Admiral Bolitho verschollen vor Westafrika wird noch deutlicher.
    Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn tatsächlich handelt es sich dabei nur um eine von drei Geschichten, die dieses Buch erzählt.


    Die Handlung beginnt damit, dass sich Admiral Bolitho mit Lady Catherine und seinem Flaggkapitän Valentin Keen auf der Paketbrigg Golden Plover einschiffen, um zum Kap der Guten Hoffnung zu segeln, wo Bolitho die Marinekräfte organisieren und befehligen soll. Die Golden Plover hat außerdem eine Goldladung an Bord, die Begehrlichkeiten in der Mannschaft weckt, was letztendlich zu einer Meuterei führt. In der Folge der Meuterei kommt es zu einem Schiffbruch, wobei sich Bolitho und Gefolge in ein Boot retten können. Was folgt ist eine neuer Aufguss der alten Geschichte aus Fieber an Bord (Band 10). Und während man in England um den toten Seehelden trauert, sowie Adam Bolitho endlich freie Bahn bei der Frau von Valentin Keen vermutet, wird Bolitho von einem Kameraden aus der Vergangenheit gerettet. Er kehrt nach England zurück, wo sich Thomas Herrick einem Kriegsgerichtsverfahren stellen muss, weil er angeblich einen Befehl nicht befolgt hat. Thomas Herrick übersteht den Prozess, als sich herausstellt, dass die ihn belastende Aussage gekauft wurde, bleibt aber verbittert.
    Dann geht es in die Karibik, wo Bolitho wieder einmal gegen eine erdrückende Übermacht zu kämpfen hat. Herrick versagt ihm die Unterstützung, weil dies seinen Befehlen zuwider läuft und er nie wieder in eine Situation wie bei seinem Prozess kommen will. Am Ende siegt Bolitho als ihm einer von Herricks Kapitänen auf eigene Faust zu Hilfe eilt und alles scheint gut. Nur das Zerwürfnis zwischen Bolitho und Herrick bleibt.


    Kommen wir zum Fazit. Nach einem etwas trögen Start nimmt die Handlung durchaus Fahrt auf. Ohne die ewigen selbstgerechten Selbstreflexionen und die hormonellen Probleme seines Neffen läse sich das Buch auch gut weg. So muss man jedoch immer wieder innehalten, um sich nicht zu übergeben. Der Konflikt zwischen Herrick und Bolitho wirkt schon sehr konstruiert und lässt den guten Thomas Herrick als ziemlichen Trottel da stehen. Sorry, Mr. Kent, aber so geht man nicht mit seinen Helden um, vor allem nicht mit einem so treuen Freund wie Thomas Herrick. Ansonsten hat der Autor auch hier wieder reichlich Weltkriegserfahrung einfließen lassen. Das einsam im Meer treibende Rettungsboot mit seinen verdurstenden Insassen ist ein Sujet, das er auch in seinen moderneren Romanen immer wieder gern verwendete. Was mich persönlich zunehemnd nervt, ist die grundsätzlich erdrückende Übermacht, der sich der tapfere Bolitho, unser Nelson, in jedem Band entgegen zu stellen hat. Ja, es gab einige Situationen, in denen unterlegene englische Schiffe einen stärkeren Feind besiegten. Aber das war doch nicht die Regel. Normalerweise achtete man schon darauf, dass das Stärkeverhältnis halbwegs ausgeglichen, bzw. der Gegner nur leicht überlegen war. Sei es drum, mit den notwendigen Pausen zwischen den Romanen kämpf man sich da schon irgendwie durch und das hier ist im Spätwerk nicht das schlechteste Buch. :3*:

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)

  • Danke für die Rezension. Wenn ich das Buch mal günstig second hand bekomme, aber nachdem ich O'Brian gelesen habe, ist mir der Spaß an Bolitho abhanden gekommen - obwohl es neben den Hornblower Romanen meine erste Serie gewesen ist.

    Gruß Christian


    Auf dem Zeichenbrett und in der Werft: Naval Cutter Alert, 1777
    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Das ist halt die Schwierigkeit mit Alexander Kent. Er war kein großer Schriftsteller, was man auch immer wieder merkt. Trotzdem hatte er eine Geschichte zu erzählen. Am besten war er deshalb bei seinen Weltkriegsromanen, denn hier kannte er aus persönlichem Erleben, wovon er schrieb. Und es ist halt auch typisch Kent, dass er aus der Vergangenheit nur die Pressgangs übernahm, ansonsten aber Bolithos Navy aus seinem persönlichen Blickwinkel beschrieb. Viele der Bücher entstanden halt auch zu einer Zeit, in der es viel schwieriger als heute war, eine seriöse Recherche zu betreiben und er war nunmal kein Historiker wie Pope, O'Brian oder Woodman.

    Glück hat meistens der Mann, der weiß, wieviel er dem Zufall überlassen darf. (C.S. Forester)