Alexander Kent – Galeeren in der Ostsee 02/17

Literatur-Vorstellung Januar 2017:

Alexander Kent – Galeeren in der Ostsee

– Zum Tode von Douglas Reeman/Alexander Kent (23.01.2017) –

Fast alle Schreiber marinehistorischer Romane werden früher oder später vom Erfolg ihrer Helden eingeholt und mit einem Problem konfrontiert, das ich die Admirals-Klippe nenne. Da sitzen sie nun mit ihren Helden und wissen nicht so recht, was sie tun sollen, denn ein Admiral kann sich doch unmöglich wie ein junger Fregattenkapitän benehmen. Meist endet es aber genau damit. Der Held wird in eine Situation gebracht, in der er sich wieder als jugendlicher Draufgänger bewähren kann. Das ist vollkommen unglaubwürdig und schadet dem Ansehen der ganzen Reihe.

Wie man es richtig macht, zeigt uns Alexander Kent im 16. Band der Bolitho-Reihe: Konteradmiral Richard Bolitho erhält das Kommando über ein kleines Geschwader, mit dem er vor der Küste Dänemarks kreuzen soll und er verhält sich wie ein richtiger Flaggoffizier – er erteilt Befehle und lässt die anderen machen. Zumindest tut er das fast immer.

Zeitlich ist der Roman zwischen September 1800 und April 1801 angesiedelt. Das neutrale Dänemark hat große Probleme, nicht zum Spielball der Großmächte zu werden. Da sind natürlich die Briten, die den Handel des kleinen Landes mit seinen Feinden unterbinden will. Da sind die Franzosen, für die Dänemark den Schlüssel des britischen Ostseehandels in den Händen hält. Und da ist der russische Zar, der eine Allianz der Bewaffneten Neutralität schmieden will, die in Wahrheit alles andere als neutral ist.

Wir alle kennen die Vorgeschichte und die Geschichte der Schlacht von Kopenhagen, die Nelsons schwerster Sieg war. Alexander Kent gelingt es sehr gut, hier eine Nische zu finden, in der sein Held als Admiral an der Weltgeschichte teilhaben kann. Zunächst schlägt er ein französisches Geschwader zurück, dass in die Ostsee einlaufen will, um so das Gleichgewicht zugunsten Frankreichs zu verändern. Später hält Bolitho mit seinem Geschwader Nelsons Flotte den Rücken frei und macht so den Sieg von Kopenhagen überhaupt erst möglich.

Dazu kommen die Intrigen einer alten Familienfehde, die Richard Bolitho und seinen Neffen Adam Pascoe bedrohen. Und natürlich darf bei Alexander Kent auch die Liebe nicht fehlen. Das ist, wie so oft, der schwächste Teil des Romans, denn so stark der Schock auch sein mag, eine vermeintliche Doppelgängerin seiner toten Frau zu treffen, spätestens als er sieht, wie vollkommen anders diese Bellinda ist, hätte der Verstand doch wieder einsetzen sollen.

Aber trotz dieser Einschränkung ist dieser Roman einer der Höhepunkte der gesamten Reihe, auch weil sich Richard Bolitho davon abgesehen wie ein richtiger Admiral benimmt. Und dabei fließt das Blut nicht einmal durch die Speigatten, als würde das Schiff selbst bluten. Und nur einmal scheint das Schiff selbst zu weinen…


Speedy

 

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